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Galeria-Übernahme besiegelt, 70 von 92 Filialen sollen weitergeführt werden

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Mehr als 70 von 92 Filialen sollen erhalten bleiben
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Die Investoren Baker und Beetz erhielten den Zuschlag für die zuvor zur Signa Gruppe gehörenden Kaufhäuser der Deutschen Galeria Karstadt Kaufhof Gruppe. Mehr als 70 von 92 Warenhäusern sollen erhalten bleiben. Der Betriebsrat befürchtet jedoch weitere harte Einschnitte.

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Die insolvente Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof geht an ein Konsortium um die Investoren Richard Baker und Bernd Beetz. Die Investoren haben den Zuschlag für die Signa-Tochter erhalten, teilte Galeria-Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus am Mittwoch in Essen mit.

Galeria betreibt noch 92 Filialen mit 12.800 Beschäftigten. Die neuen Eigentümer von wollen nach eigenem Bekunden möglichst viele der 92 Filialen der letzten großen Warenhauskette in Deutschland erhalten. Die Rede ist von 70 Geschäften. Bernd Beetz, der zusammen mit dem kanadischen Handelsunternehmer Richard Baker den Zuschlag für die Signa-Tochter erhalten hatte, bereitete die Belegschaft aber auf weitere Einschnitte vor.

"Der Anzug ist einfach zu groß geworden - wir müssen schneidern", sagte der 73-jährige Ex-Vorstandschef des Kosmetikkonzerns Coty am Mittwoch am Firmensitz in Essen. Damit habe Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus aber schon begonnen. Nach der Vereinbarung mit Denkhaus sollen "voraussichtlich mehr als 70 Filialen" fortgeführt werden. Das Unternehmen hat noch rund 12.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

"Es ist klar, dass es erneut zu harten Einschnitten kommen wird, aber es werden auch tausende von Arbeitsplätzen erhalten bleiben", sagte Gesamtbetriebsratschef Jürgen Ettl. Galeria-Chef Olivier Van den Bossche sagte, es gehe darum, den Konzern als Ganzes in einer wettbewerbsfähigen Größe zu erhalten. "Heute sind wir diesem Ziel entscheidend nähergekommen." Beetz zufolge sind für den Fortbestand der Kaufhaus-Standorte "vernünftige, marktgerechte Mieten entscheidend". Die im Branchenvergleich laut Galeria ungewöhnlich hohen Mieten für die Kaufhäuser - die zum Teil an den bisherigen Eigentümer, der insolventen österreichischen Signa, gingen - galten als ein Sargnagel von Galeria.

In den nächsten Wochen müssten die Voraussetzungen für ein solides Geschäftsmodell geschaffen werden - in Verhandlungen mit den Mietern. Wie viele Filialen tatsächlich zu retten sind, soll Ende April feststehen. "Alle Schiffe müssen profitabel sein", sagte Beetz. Er werde nicht zulassen, "dass ein Boot mit Leck die ganze Flotte versenkt". Auch die Zentrale in Essen, die noch für einen deutlich größeren Konzern ausgelegt war, solle an die kleinere Dimension angepasst werden, "mit dem Ziel, Galeria wie ein mittelständisches Unternehmen zu führen", hieß es in einer Mitteilung. Rund 450 Stellen sollen dort gestrichen werden.

Die großen Kaufhäuser in deutschen Innenstädten stehen in erbittertem Wettbewerb mit Online-Händlern von Amazon bis Zalando sowie internationalen Textil-Ketten. Nach der Fusion von Kaufhof und Karstadt betrieb Galeria 2020 noch 171 Warenhäuser - 92 sind nun übrig.

Für Galeria Karstadt Kaufhof war es die dritte Insolvenz in etwas mehr als drei Jahren. Zweimal flüchtete die Kette in der Corona-Krise unter den Schutzschirm und griff 680 Millionen Euro Staatshilfen ab. Im Jänner versuchte sich Galeria vor dem in die Pleite gerutschten österreichischen Mutterkonzern Signa um den Investor Rene Benko zu retten, der 2019 nach einem Teil der Immobilien auch das operative Geschäft übernommen hatte. Van den Bossche sprach nun von einem "Befreiungsschlag".

Die Gewerkschaft Verdi gab sich verhalten zuversichtlich: "Wir begrüßen, dass offensichtlich ein finanzstarker Investor gefunden wurde, der Galeria als Ganzes erhalten will und über Kompetenz im Einzelhandel verfügt, wenngleich unsere Erfahrungen in der Vergangenheit durchaus zwiespältig waren", erklärte Bundesvorstandsmitglied Silke Zimmer. Der neue Eigentümer müsse in das Unternehmen investieren, die Standorte erhalten und für die Beschäftigten langfristig die Arbeitsplätze sichern.

Insolvenzverwalter Denkhaus hatte zuletzt noch mit zwei Bietergruppen verhandelt. Er gab den designierten Eigentümern Vorschusslorbeeren: "Sie haben uns mit unternehmerischem Mut, einem tragfähigen wirtschaftlichen Konzept und nachgewiesener finanzielle Solidität überzeugt." Bis Ende Juli will Denkhaus die Schlüssel an Baker und Beetz abgeben. Im Mai muss noch die Gläubigerversammlung dem Verkauf zustimmen.

Bakers Investmentgesellschaft NRDC Equity Partners und die Vermögensverwaltung der Familie von Beetz hatten Galeria gemeinsam ins Visier genommen. Baker kennt Kaufhof aus der Zeit, als er dort Aufsichtsratschef war. Beetz will bei Galeria zusammen mit Van den Bosssche auch im operativen Geschäft mitmischen. "Wir wollen langfristig investieren, entwickeln und wachsen", sagte er. Bis 2012 stand Beetz elf Jahre lang an der Spitze von Coty, zuvor war er beim Luxus-Konzern LVMH für Dior zuständig. Über seine Beteiligungsfirma BB Kapital ist er als Unternehmer im Luxus- und Konsumgütersegment aktiv. Beetz ist auch Präsident des Fußball-Drittligisten SV Waldhof Mannheim.

Auch Baker ist bei Galeria kein Unbekannter. Vor der Fusion mit Karstadt war er über die kanadische Handelskette Hudson's Bay (HBC) für einige Jahre Miteigentümer von Galeria Kaufhof. HBC hatte seinen Anteil an den Kaufhäusern und den Immobilien 2019 für eine Milliarde Euro an Benkos Signa-Gruppe verkauft. Der Plan, Kaufhof als Sprungbrett für eine Expansion in Europa zu nutzen, war fehlgeschlagen.

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