Der KSV1870 hat die Stimmungslage erhoben. 1300 Unternehmen sind mehrheitlich zufrieden, allerdings säumig bei Zukunftsthemen.
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Seit einem Jahr stagniert die Wirtschaft. Aber dennoch scheint die Stimmung der heimischen Unternehmen allles ander als getrübt zu sein. Selbst die Auswirkungen der Covid-Krise sowie der bereits seit über einem Jahr andauernde Ukraine-Krieg drücken bis heut nicht auf die Stimmung der Unternehmer.
Im Rahmen des "Austrian Business Check" hat der Gläubigernschutzverband KSV1870 die Stimmungslage unter den heimischen Unternehmen abgefragt. An der Befragung nahmen 1300 Unternehmen aus verschiedenen Branchen teil. Die Stimmung zur derzeitigen Geschäftslage ist mehrheitlich positiv trotz kräftigem Inflationsanstieg, vor allem steigender Energiekosten und einer gewissen Post-Covid-Lethargie, wie KSV-CEO Ricardo-José Vybiral zu berichten weiß.
Die Geschäftslage wird demnach von 54 Prozent der befragten Unternehmer mit „sehr gut“ bzw. „gut“ bewertet, was der Stimmung im März des Vorjahres entspricht. Die Geschäfte laufen also rund, so dass auch eine Mehrheit von steigenden Umsätzen im Jahr 2022 berichtet. Und mehr als ein Drittel rechnet auch für das Jahr 2023 mit weiteren Zuwächsen beim Umsatz, wie der KSV-Chef Vybrial betont. Bau, Gastro und Industrie sind mit der Geschäftslage zufrieden. Ein Aufschwung ist demgegenüber in der noch vor kurzem von der Corona-Pandemie geplagten Gastronomie zu erkennen, dort stieg der Wert im "Austrian Business Check" des KSV von zuletzt 38 auf 65 Prozent. So sind in der Industrie 55 Prozent der Unternehmen zufrieden, trotz der gestiegenen Energiepreise. "Es dürft nicht so schlimm gkommen sein, wie zu befürchten war. Die Hilfen der Regierung dürften zudem auch gewirkt haben", meinte KSV-Chef Vybiral. "Allerdings herrscht weiterhin Vorsicht."
Einzig der Handel hat mit schwierigen Bedingungen zu kämpfen. Nur 37 Prozent der befragten Händler berichten über eine "gute" oder "sehr gute" Lage.
Für das heurige Jahr sehen die Unternehmen mehrheitlich weiterhin eine positive Tendenz. 42 Prozent der Unternehmern rechnet mit gleichbleibenden Umsätzen, 33 sogar mit einem Anstieg. Ein Viertel der Unternehmer rechnet mit einer Verschlechterung.
Knallhartes Finanzmanagement
Trotz der mehrheitlich positiv eingeschätzten Geschäftslage stehen 2023 die Finanzen im Fokus der Unternehmen. Die Austrian Business Check-Umfrage hat ergeben, dass 68 Prozent der Unternehmen zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen installiert oder bestehende adaptiert haben, um die eigenen Finanzen besser kontrollieren zu können.
Zögerlich scheinen die Unternehmen heuer bei der Kreditaufnahme zu sein. Nur 12 Prozent der Unternehmen streben demnach eine Kreditaufnahme an, im Vorjahr waren es mit rund 26 Prozent noch doppelt so viele Unternehmen, die dann tatsächlich einen Kredit aufgenommen haben. Das dürfte wohl auch daran liegen, dass die Hälfte der Befragten in den vergangenen Jahren ihre Eigenkapitalbasis verstärkt haben. Die staatlichen Fördergelder dürften somit nicht nur zur wirtschaftlichen Bewältigung der Krisen genutzt worden sein, sondern auch ins Eigenkapital geflossen sein
„Die Unternehmen agieren heuer vorsichtiger und haben einen maximalen Kostenfokus“, erklärt Gerhard Wagner, Geschäftsführer der KSV1870 Information GmbH. Insbesondere eine engere Kosten- bzw. Budgetkontrolle, die Einführung von Energiesparmaßnahmen und ein vorsichtiger getakteter Investmentplan zählen ebenso zu den gängigsten Maßnahmen, wie vermehrte Bonitätsprüfungen oder der Ausbau des Mahnwesens.
Der Fachkräftemangel
Trotz der grundsätzlich aufgehellten Stimmung sind die Unternehmen auch mit Problemen konfrontiert. Neben den inflationsbedingt hohen Energiekosten macht den Unternehmen vor allem die derzeitige Personalsituation Probelme. "Jede Branche ist da betroffen. Das führt zu Zusatzbelastungen für bestehende Mitarbeiter, steigende Kosten um Mitarbeiter zu halten und Umsatzeinbußen bzw. müssen Aufträge sogar abgelehnt werden", so Vybiral. Betroffen vom Fachkräftemangel seien laut KSV-Umfrage rund 60 Prozent der Unternehmen
Auf die Überholsur
KSV-Chef Vybiral ortet indes aber auch eine "Post-Covid-Lethargie": "Die Unternehmen scheuen finanzielle Verbindlichkeiten aktuell wie selten zuvor." Zwar wollen 70 Prozent der Unternehmen im Jahr 2023 grundsätzlich Investments tätigen, aber viele machen sie aber von den wirtschaftlichen Entwicklungen in den kommenden Monaten abhängig.
Sogenannte Zukunftsthemen wie Cyber-Security und ESG wird derzeit zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Nur jedes fünfte Unternehmen kümmert sich aktuell intensiv um die eigene Cyber-Security, obwohl schon jetzt die "Cyberangriffe ins Unermessliche steigen".
Maßnahmen in Richtung Cybersecurity stehen derzeit nur bei 21 Prozent der Unternehmen im Fokus. 40 Prozent befassen sich ein "wenig" damit, 15 Prozent würden dahingehend gar keine Überlegungen anstellen.
Und das erstaunt doch, obwohl neue, komplexe Berichtspflichten auf die Unternehmen zukommen. So müssen spätestens bis Oktober 2024 Unternehmen, die mit kritischer Infrastruktur zu tun haben, die Vorgaben des Netz- und Informationssystemsicherheitsgesetz (NISG) implementiert haben. Dazu zählen etwa neue Risikoanalyse- und Informationssicherheitskonzepten, Software-Updates, Maßnahmen zur Bewältigung von Sicherheitsvorfällen oder Aufrechterhaltung des Betriebs sowie Sensibilisierung des Personals.
"Das Zögern sei angesichts der bevorstehenden Herausforderungen ist nicht angebracht", so Vybiral. Um es mit den Worten eines ehemaligen österreichischen Finanzministers zu verstärken: "Wir sind am Pannenstreifen, müssen aber schnell auf die Überholspur."
Stiefkind Nachhaltigkeit
In puncto Nachhaltigkeit im Bereich ESG (Environmental, Social, Government, Anm.)gibt es bei vielen befragten Unternehmen zufolge noch Nachholbedarf. Aktuell verfügen nur 14 Prozent über eine vollständig umgesetzte Nachhaltigkeitsstrategie, weitere 18 Prozent befinden sich in einer entsprechenden Planungsphase. Jeder fünfte Betrieb erkenne die Notwendigkeit eines Umdenkens im Bereich ESG, bereite aber noch keine Maßnahmen vor oder habe solche schon umgesetzt. "Unabhängig davon, dass je nach Unternehmensgröße viele Betriebe ihre 'grünen Aktivitäten' offenlegen müssen, wird ESG ein Umdenken für die gesamte Wirtschaft bedeuten", strich Vybiral die Bedeutung der Thematik hervor. An der Nachhaltigkeit würde für die Unternehmen kein Weg vorbei führen. Dies wird auch ein entscheidender Faktor bei Finanzierungsfragen werden. Und da würden Banken künftig auch entsprechenden Nachweise fordern, da sie ihrerseits an entsprechend neue Vergaberichtlinien gebunden seien.