Die Sicherheitsprobleme von Autoherstellern sind zwar deutlich gesunken, doch viele renommierte Hersteller zählen zu jenen, die viele Modelle in die Werkstatt zurückrufen mussten. Welche Autoteile am meisten Probleme bereiten.
Das Beruhigende zuerst: Die Zahl der Autorückrufe, ist nach den Rekordhöchstständen der vergangenen Jahre 2017 erstmals wieder gesunken - und zwar fast um die Hälfte. Jedoch: Die Menge an Autos, die Hersteller aufgrund von Sicherheitsmängeln zurückrufen mussten, ist nach wie vor besorgniserregend. Alleine in den USA waren es nach Berechnungen des deutschen Center of Automotive Management (CAM) im Vorjahr über 25 Millionen Stück. Damit wurden nahezu eineinhalb mehr Fahrzeuge in die Werkstätten beordert, als im gleichen Zeitraum verkauft wurden. Die Autoexperten haben für ihre Studie den US-Markt als Referenzmarkt für alle anderen Länder herangezogen.
Insgesamt mussten im Jahr 2017 neun von 16 untersuchte Hersteller wegen sicherheitstechnischer Mängel mehr Fahrzeuge zurückrufen, als diese im gleichen Zeitraum verkauft haben. "Das zeigt ein bedenkliches Qualitätsniveau der Branche", meint CAM-Studienleiter Stefan Bratzel. Außerdem würden sicherheitsrelevante Mängel meist nur die "Spitze des Eisbergs" darstellen. Hinzu komme eine große Anzahl stiller Rückrufe oder auch Serviceaktionen, die in den offiziellen Zahlen nicht enthalten sind.
Problem Gleichteilstrategie und weltweit vernetzte Produktion
Das Risiko großer Rückrufaktionen ist der Einschätzung des CAM zufolge durch marken- und modellübergreifende Plattform- und Gleichteilestrategien sowie globale Produktionsnetzwerke erheblich gestiegen. Gleichzeitig werden aber auch sicherheitsrelevante Mängel an Fahrzeugen immer weniger akzeptiert, gerade auch weil Kunden über länderübergreifende Internet-Blogs und Newsgroups gut informiert sind.
Airbags gehören generell zu den kritischsten Bauteilen. 31 Prozent aller Rückrufe (7,9 Millionen) des Jahres 2017 entfielen auf fehlerhafte Airbags. Ein Großteil der betroffenen zurückgerufenen Modelle bezieht sich allerdings auf weiter zurückliegende Baujahre. Im Jahr 2014 aufgetretene Produktionsfehler beim japanischen Airbag-Produzenten Takata haben maßgeblich zu den höchsten Rückrufzahlen seit Beginn der Aufzeichnungen geführt.
Sicherheitsmängel können zu Todesfällen und Verletzungen führen und verursachen bei Herstellern Imageverluste und hohe Kosten. Aktuell klagt etwa die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA den Hersteller Hyundai/Kia wegen möglicher Todesfälle aufgrund versagender Airbags an. Allein die Kosten für diesen Rückruf von 425.000 Fahrzeugen beziffert Hyundai/Kia mit 575 Millionen Dollar.
Rückrufquoten der Autohersteller
BMW
Die höchste sicherheitstechnische Rückrufquote, die einen Rückruf von Autos notwendig machte, verzeichnete BMW. Die Rückrufquote - sie wird in Prozent der Anzahl der betroffenen Fahrzeuge gegenüber den neu zugelassenen Autos berechnet - stieg dabei auch markant von 320 auf 588 Prozent an. Der größte Probleme, die in einen Rückruf gipfelten, machte ein Defekt in der Kurbelgehäuse-Entlüftung (740.561 Fahrzeuge), gefolgt von einer defekten Verkabelung im Heiz- und Klimasystem.
Mazda
Bei Mazda lag die Rückrufquote bei 407 Prozent. Das Problem: Feuchtigkeit konnte in das Airbagmodul eindringen und dessen Funktion beeinträchtigen. Knapp 309.000 Fahrzeuge mussten zurückgerufen werden.
Mitsubishi
Ein ein defektes Relais sorgte für Motoraussetzer, reduzierte die Leistung und führte zur Überhitzung des Motors. 132.552 Fahrzeuge waren betroffen (Quote: 405%).
Hyundai/Kia
Die beiden Hersteller weisen den größten Anstieg bei der Rückrufquote auf, von 71 Prozent auf 324 Prozent. Grund dafür ist unter anderem der Rückruf von knapp einer Million Fahrzeugen aufgrund einer mangelhaften Verankerung für Sicherheitsgurte. In den USA mussten wegen des erwähnten Airbagversagens mehrere hunderttausend Fahrzeuge zurückgerufen werden.
VW
Bei VW bezogen sich die größten Rückrufe auf Probleme bei der Motorkühlung (324.867 Fahrzeuge) und der Benzinpumpe (521.402). Quote: 294 %.
Daimler
Quote: 287 %; knapp die Hälfte der Rückrufe war fehlerhaften Frontairbags geschuldet.
Tesla
Bei Tesla liegt die Rückrufquote bei 71 Prozent 2017 mussten knapp 40.000 Fahrzeuge nachgebessert werden. Rund 31.000 Model S und X wurden etwa wegen einer fehlerhaften elektronische Parkbremse in die Werkstatt beordert.
Fiat
Bei der Rückrufmenge belegen FCA (Fiat Chrysler Automobiles), Hyundai und Honda die ersten Plätze im Negativ-Ranking. Sie mussten jeweils zwischen 3 und 4,8 Millionen Autos in die Werkstätten zurückbeordern. Eine der Hauptursachen für die hohe Rückrufquote bei Fiat: Bei Fahrzeugen mit Automatikgetriebe ließ sich der Wahlhebel aus der Park-Position bewegen, obwohl die Bremse nicht getreten war.
Größtes Problem: Mangelnder Schutz der Insassen
Mehr als 44 Prozent der sicherheitsrelevanten Produktmängel an Fahrzeugen betrafen 2017 den Insassenschutz. Dafür verantwortlich waren jedoch nicht nur defekte Airbags des japanischen Zulieferers Takata. Dieser Skandal löste eine Art Dominoeffekt aus, denn eine grundsätzliche Überprüfung der Einrichtungen zum Insassenschutz brachte weitere Mängel zum Vorschein. Teilweise waren auch Austauschairbags fehlerhaft, weshalb Fahrzeuge erneut zurückgerufen werden mussten.
Schwierigkeiten mit dem Motor auf Platz zwei der Sicherheitsprobleme
Mit 23,3 Prozent konnten Mängel dem Bereich Antriebsstrang/Motor zugeordnet werden. Auf Qualitätsmängel der Elektrik und Elektronik entfielen 14,1 Prozent der Rückrufe. Probleme mit den Bremsen gab es bei 6,5 Prozent der zurückgerufenen Baugruppen.