Wann ist ein Ehevertrag sinnvoll? Welche Regelungen können in einem Ehevertrag getroffen werden, welche nicht. Ist ein Ehevertrag anfechtbar? Wann wird ehelicher Vertrages wirksam? Lässt sich Obsorge darin regeln?
- Was versteht man unter einem Ehevertrag?
- Wann ist es sinnvoll einen Ehevertrag zu machen?
- Welche Regelungen können in einem Ehevertrag getroffen werden?
- Was lässt sich nicht über einen Ehevertrag regeln?
- Vor- und Nachteile eines Ehevertrags
- Kann ein Ehevertrag auch juristisch bekämpft werden?
- Wann wird ein ehelicher Vertrag wirksam?
- Was kostet eine Scheidung?
Die Bibel sagt: "Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht trennen. Doch wie so oft halten sich die Menschen nicht an solche goldenen göttlichen Regeln und lassen sich scheiden - und das sogar relativ häufig. Laut Statistik Austria werden gut 40 Prozent der rund 41.000 jährlich geschlossenen Ehen wieder geschieden. Im Schnitt hält eine Ehe gerade einmal an die zehn Jahre (10,6 Jahre). Scheidungen sind nicht nur ein Nervenkrieg, sondern auch kostspielig. Wer für den Falle einer Trennung auf Nummer sicher gehen will, sollte auf jeden Fall einen Ehevertrag schließen. Hier gilt es, einige wichtige Dinge zu beachten.
Was versteht man unter einem Ehevertrag?
Unter einem Ehevertrag versteht man einen privatrechtlichen Vertrag zwischen einem Ehepaar, in dem sie für die Ehe, aber vor allem für den Fall einer Scheidung, Vereinbarungen treffen, die von der gesetzlichen Regelung abweichen. Ein Ehevertrag ist nicht wie oft fälsche angenommen wird, dazu da, die Rechte des Partner zu beschneiden, sondern für Fairness gegenüber dem jeweils anderen Ehepartner zu sorgen. In einem Ehevertrag geht es meistens um die Aufteilung des Zugewinns, der sich etwa auf Immobilien, seit der Eheschließung ergeben hat.
Wann ist es sinnvoll einen Ehevertrag zu machen?
"Ein Ehevertrag sollte besonders dann abgeschlossen werden, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen den zukünftigen Ehegatten unausgeglichen sind", Brigitte Birnbaum, Familienrechtsexpertin der Rechtsanwaltskanzlei Birnbaum Toperczer Pfannhauser. Zwar gilt in Österreich auch in einer Ehe das Prinzip der Gütertrennung, und jeder Ehegatte bleibt grundsätzlich Eigentümer des Vermögens, das jeweils in die Ehe eingebracht hat, doch bei einer Scheidung kann das trotzdem kompliziert werden. "Bei einer späteren Scheidung ist oft nicht mehr feststellbar, welche ehelichen Güter und Ersparnisse erst während der Ehe erstanden oder angespart wurde", so der Wiener Rechtsanwalt Markus Tschank.
Welche Regelungen können in einem Ehevertrag getroffen werden?
In einem Ehevertrag lassen sich nur finanzielle Dinge regeln. "Es können Vereinbarungen über den Unterhalt während der Ehe und auch im Falle einer Scheidung getroffen werden", so Familienrechtsexpertin Birnbaum. "Auch die Aufteilung des Vermögens im Falle einer Trennung oder Scheidung kann über einen Ehevertrag festgeschrieben werden.
Ehegüterrecht in Österreich
Im Ehegüterrecht ist die Vermögensaufteilung des Vermögens zwischen zwei Ehepartnern geregelt. In Österreich gilt der gesetzlich Güterstand der Gütertrennung. Die Aufteilung des Vermögens oder der Güter kann durch einen Ehevertrag geändert werden.
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Was ist ein Zugewinnausgleich?
Der Zugewinnausgleich ist Vermögen, das einer der Ehegatten oder beide gemeinsam während der Ehe erworben haben. Wird die Ehe geschieden oder stirbt ein Ehepartner, erfolgt ein Zugewinnausgleich. Das Vermögen am Tag der Eheschließung wird Anfangsvermögen genannt und das Vermögen am Tag der Zustellung des Scheidungsantrages wird als Endvermögen bezeichnet. Ist das Endvermögen eines Ehepartners höher als dessen Anfangsvermögen, spricht man vom Zugewinn. Ist der Zugewinn eines Ehepartners höher als der Zugewinn des anderen, ist die Differenz hälftig auszugleichen; dies ist Zugewinnausgleich.
Ein Anspruch auf Versorgungsausgleich im Sinne einer Teilung einer beruflichen Pensionsanwartschaft ist im österreichischen Recht nicht vorgesehen.
Was lässt sich nicht über einen Ehevertrag regeln?
Durch einen Ehevertrag können zwar gesetzliche Bestimmungen angepasst werden, völlig frei ist man aber bei der Gestaltung nicht. In manchen Belangen gilt zwingendes Recht. Generell lassen sich persönliche Dinge der Eheleute nicht über einen Ehevertrag regeln. Rechtsanwalt Tschank: "Zum Beispiel können keine Vereinbarungen über die eheliche Treue oder auch Beistandspflicht getroffen werden." Zudem lassen sich keine Vereinbarungen über Themen wie den ehelichen Geschlechtsverkehr oder die Verpflichtung, einen Erben zu gebären, vertraglich regeln. "Auch nach einer Hochzeit bleibt das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung erhalten", so Familienrechtsexpertin Birnbaum.
Vor- und Nachteile eines Ehevertrags
Nachteilig kann ein Ehevertrag für denjenigen ausfallen, der finanziell schlechter gestellt ist als der Partner und beispielsweise auf keine Zugewinne etwa durch Wertsteigerungen auf Immobilien, Wertpapiere oder sonstige Anlagen hoffen kann. Denn solche Zugewinne müssen bei einer Scheidung, sofern im Ehevertrag nichts anderes vereinbart worden ist, aufgeteilt werden. Für denjenigen, der beispielsweise eine Wohnung in die Ehe einbringt oder während dessen erbt, in der gemeinsam gewohnt wird, oder es ein Objekt gibt, aus dem laufende Zinserträge generiert werden, für den kann eine Scheidung teuer werden, selbst wenn der Partner gut verdienend ist. Wird beispielsweise nach 20 Jahren quasi abgerechnet und aufgrund einer Scheidung wie bei einem Unternehmen eine Schlussbilanz erstellt, kann es im Extremfall passieren, dass der durch Zugewinne in der Zeit vermögendere Ehegatte Besitzungen oder anderes verkaufen muss, um sich die Trennung von Tisch und Bett überhaupt leisten zu können. Wenn es dann noch eine eheliche Wohnung gibt, die im Besitz eines Gatten ist, und es darüber keinen Ehevertrag gibt, heißt es auch hier, halbe-halbe machen, vor alllem wenn der Partner finanzschwach ist.
Kann man im Ehevertrag auf Unterhalt verzichten?
Ein Ehevertrag, der den Verzicht beider Ehegatten auf nachehelichen Unterhalt vorsieht, ist sittenwidrig und damit nichtig.
Wann sollte ein Ehevertrag abgeschlossen werden?
Eine eheliche Vereinbarung sollte auf jeden Fall vor der Trauung abgeschlossen werden. "Ist die Ehe einmal geschlossen, kann ich den Partner nicht dazu verpflichten, einen Ehevertrag abzuschließen", so Anwältin Birnbaum.
Kann man das Sorgerecht im Heiratsvertrag Regeln?
Vereinbarungen über die Obsorge und den Unterhalt gemeinsamer Kinder können als Absichtserklärungen hinein geschrieben werden, sind aber nicht rechtlich bindend. Familienrechtsexpertin Birnbaum: "Regelungen betreffend die gemeinsamen Kinder orientieren sich immer am, Kindeswohl". Im Streitfall entscheidet das Gericht immer unabhängig davon, was die Eltern vertraglich vereinbart haben.
Familienrechtsexpertin Ursula Xell-Skreiner
Ehevertrag Muster
Es gibt bereits vorgefertigte Muster für einen Ehevertrag.
Nur noch auszufüllen sind beispielsweise, je nach Wunsch, Regelungen zu ehelichem Güterrecht, Versorgungsausgleich Geschiedenenunterhalt, sonstige Ausgleichszahlungen, Erb- und Pflichtteilsverzicht.
Kann ein Ehevertrag auch juristisch bekämpft werden?
Ja, denn Vereinbarungen, die einen Teil gröblich benachteiligen, stellen vor Gericht ein Risiko dar. So kann die betreffende Klausel des Vertrages wegen Sittenwidrigkeit als nichtig eingestuft werden. Nach der oberstgerichtlichen Judikatur sind Härtefälle jedenfalls zu vermeiden", so Rechtsanwalt Tschank. Der OGH hat schon öfters Urteile zugunsten eines Ehepartners im Sinne des Schutzes der Existenz, des Kindeswohles oder des Erhalts der Ehewohnung ausgesprochen. Familienrechtsexpertin Ursula Xell-Skreiner: "In solchen Fällen sind selbst klare Regelungen in einem Ehevertrag nicht in Stein gemeißelt und können wegen grober Benachteiligung eines Teiles unwirksam werden."
Wann wird ein ehelicher Vertrag wirksam?
Der Ehevertrag erlangt mit dem Scheidungsurteil seine Wirksamkeit. Problematisch wird es aber, wenn sich ein Ehegatte nicht scheiden lassen will. "Wenn der Partner, von dem ich mich scheiden lassen will, aber Eheverfehlungen begangen hat, kann auf eine sofortige Scheidung geklagt werden", betont Brigitte Birnbaum. Eine andere Variante ist es, drei Jahre zuzuwarten. Scheidungsanwältin Ursula Xell-Skreiner: "Nach Ablauf von drei Jahren ab Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft liegt grundsätzlich ein absoluter Scheidungsgrund vor. Dann genügt eine Scheidungsklage, die sich auf diesen Umstand beruft.
Was kostet eine Scheidung?
Am billigsten ist eine einvernehmliche Scheidung. Die kostet in Österreich für beide Ehepartner gemeinsam 312 Euro. Dazu kommen weitere 312 Euro für einen notwendigen Vergleich bei der Verhandlung. Macht insgesamt 624 Euro.
Die Kosten einer strittigen Scheidung sind dagegen um einiges höher. Streitigkeiten über Unterhaltsansprüche, Obsorge und das Kontaktrecht für gemeinsame Kinder sowie die Vermögensaufteilung verzögern den Scheidungsprozess und können eine Scheidung zu einem kostspieligem Unterfangen mit unabsehbaren Ausgaben machen. Denn anders als bei einer einvernehmlichen Scheidung werden diese Folgen einer solchen Trennung nicht in einer Scheidungsfolgenvereinbarung, sondern in zusätzlichen Folgeverfahren geklärt, das wiederum weitere Kosten verursacht.