Die Steuerreform 2022 bringt zahlreiche steuerliche Erleichterungen und Vereinfachungen, der Großteil davon betrifft Unternehmen. Das Wichtigste zu Umsatzsteuerguthaben, Forschungsprämie, Netzkarte, KESt-Rückerstattung und Bewertung von Steuerrisiken.
Die Steuerreform 2022 bringt zahlreiche steuerliche Verbesserungen und Vereinfachungen, den Großteil davon betreffen Unternehmen. „Auch was Rechtsschutz und das Verfahrensrecht betrifft, gibt es begrüßenswerte Änderungen“, so das Urteil von Lukas Bernwieser, der gemeinsam mit Ute Sommer von der TPA Steuerberatung die wichtigsten Punkte des Abgabenänderungsgesetzes (AÄG) 2022 erklärt.
UMSATZSTEUER: die 6 wichtigsten Änderungen im Zuge Steuerreform
1. Verzinsung von Umsatzsteuerguthaben kommt
Bisher brauchte der Staat den Unternehmen und Selbstständigen, die ein Guthaben auf ihrem Umsatzsteuerkonto bei der Finanz hatten, keine Zinsen dafür zahlen. Nach Urteilen des VwGH und des EuGH wird sich das Ändern und erstmals eine Verzinsung von Umsatzsteuerguthaben und auch Nachforderungen eingeführt.
Zwei Prozent mehr Zinsen als beim Basiszinssatz der österreichischen Nationalbank?
Es wird auch eine eigene Regelung für die Verzinsung geschaffen. Sowohl Gutschriften als auch Nachforderungen werden künftig mit zwei Prozent über dem Basiszinssatz verzinst werden. Die Verzinsung beginnt bei Gutschriften 90 Tage nachdem die Umsatzsteuervoranmeldung oder Jahreserklärung eingereicht wurde, bei Nachforderungen beginnt die Verzinsung ab dem 91. Tag nach der Fälligkeit. Nachforderungen aus Jahreserklärungen werden ab dem 1. Oktober des Folgejahres verzinst.
2. Eisenbahnfahren ab 2023 steuerfrei
Aus ökologischen Gründen und um die Wettbewerbsfähigkeit mit internationalen Bahnverbindungen zu steigern werden grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit Eisenbahnen für den österreichischen Streckenteil von der Umsatzsteuer befreit. TPA-Experte Bernwieser: „Da es sich, vergleichbar dem Flug- und Schiffsverkehr, um eine echte Umsatzsteuerbefreiung handelt, ergibt sich keine Notwendigkeit für eine Vorsteuerberichtigung.“ Die Befreiung gilt ab 1. Jänner 2023.
3. Seit Juli 2022: Steuerbefreiung bei Geschäften für die EU-Verteidigung
Einfuhren, Lieferungen (ausgenommen die Lieferung von Fahrzeugen) von Gegenständen oder Dienstleistungen, die der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in der EU dienen, sind von der Steuer befreit. Diese gilt nur für Verteidigungsmaßnahmen eines Mitgliedsstaates, außerhalb dessen Territoriums. Diese Befreiung wirkt sich nicht negativ auf den Vorsteuerabzug aus und soll mit 1. Juli 2022 in Kraft treten.
4. Immo: Übergang der Steuerschuld für Vermietungen durch Auslandsinvestoren fällt
Bei der Vermietung eines Grundstücks in Österreich zu Geschäftszwecken durch einen Unternehmer, der dieses nicht im Inland betreibt, kommt es nicht mehr zum Übergang der Steuerschuld (Reverse Charge). Ausländische Vermieter werden wie inländische Vermieter im Veranlagungsverfahren erfasst. Somit ist keine Vorsteuerrückerstattung mehr nötig.
„Die Regelung dürfte bereits für das Jahr 2022 gelten“, glaubt TPA-Steuerberaterin Sommer. Sobald das Gesetz in Kraft tritt, wird es im Bundesgesetzblatt verlautbart. Da viele Hausverwaltungen beginnend mit der Vorschreibung Jänner 2022 die Vorschreibungen für ausländische Vermieter auf Reverse Charge rechtskonform umgestellt haben, ergibt sich nach der Verlautbarung des AÄG 2022 ein neuerlicher Änderungsbedarf.
5. Schutzmasken bleiben bis Mitte 2023 USt-frei
Aufgrund der anhaltenden COVID-19-Krise wird für die Lieferungen und Erwerbe von Schutzmasken der Steuersatz von null Prozent bis zum 30. Juni 2023 beibehalten.
6. Ausdehnung der Dreiecksgeschäfte
Die Regelung über Dreiecksgeschäfte wird ab 2023 nach der Auffassung des Mehrwertsteuerausschusses auch auf Reihengeschäfte mit mehr als drei Personen angewandt werden.
EINKOMMENSTEUER: So sinkt künftig die Bemessungsgrundlage
Start-up Forschungsprämie soll Steuerbemessungsgrundlage senken
Einzel-, Mitunternehmer und unentgeltlich tätige Gesellschafter-Geschäftsführer können künftig einen fiktiven Unternehmerlohn in Höhe von 45 Euro pro nachweislich geleisteter „Forschungsstunde und vollem Wirtschaftsjahr in der Steuer-Bemessungsgrundlage berücksichtigen, höchstens jedoch 77.400 Euro pro Person. TPA-Experte Bernwieser: „Dadurch werden insbesondere Start-Ups und kleine Unternehmen steuerbegünstigt.“
Zudem wird der Ablauf der Antragsfrist klarer geregelt und von der Frist für die Steuererklärung entkoppelt. Im Interesse einer rascheren Abwicklung wird die Möglichkeit geschaffen, per Antrag für einen Teil der Prämie schon zu einem früheren Zeitpunkt zu beantragen. Die neuen Regelungen gelten für Prämien, die das Kalenderjahr 2022 betreffen und die nach dem 30. Juni 2022 erstmalig beantragt werden.
Steuerreform vergünstigt Netzkarte: Ab 2022 gelten 50 Prozent der Kosten als Betriebsausgabe
Bei nicht übertragbaren Wochen-, Monats- und Jahresnetzkarten für den öffentlichen Verkehr, die sowohl für betrieblich als auch privat veranlasste Fahrten genutzt werden, können ab 2022 pauschal 50 Prozent der Ausgaben für eine nicht übertragbare Netzkarte für Einzelpersonen ohne weiteren Nachweis als Betriebsausgaben abgesetzt werden.
1. Klasse per Bahn senkt auch Betriebsausgaben
Auch Aufzahlungen für die Gültigkeit der Netzkarten in der 1. Klasse sollen pauschal zu 50 Prozent abzugsfähig sein. Dies dient dazu, die Nutzung des öffentlichen Verkehrs weiter anzukurbeln. „Unternehmern ersparen sich damit die Aufzeichnung über die tatsächliche betriebliche Nutzung“, erläutert Sommer von der TPA Steuerberatung. Aufpreise etwa für Familienkarten oder die Übertragbarkeit der Karten werden nicht von der Pauschalregelung erfasst. „Dienstgebern können so gemeinsam mit ihren Dienstnehmern ökologische Akzente setzen“, sagt Sommer.
KÖRPERSCHAFTSTEUER: Was sich ändert
KESt-Rückerstattung für Dividenden
Künftig wird die Kapitalertragsteuer für Portfoliodividenden auch für beschränkt steuerpflichtige Persibeb rückerstattet. In Drittstaaten ansässige Körperschaften können einen Antrag auf Rückerstattung stellen, wenn mit dem Ansässigkeitsstaat eine umfassende Amtshilfe besteht.
UMGRÜNDUNG
Keine Entnahmebesteuerung bei Depotübertragungen bei Umgründungen
Aktuell führen Depotentnahmen oder -übertragungen im Rahmen von Umgründungen trotz Anwendbarkeit des Umgründungssteuergesetzes zu einer Entnahmebesteuerung und einem KESt-Abzug. Zukünftig soll eine Übertragung im Zuge einer Umgründung keine Entnahmebesteuerung mehr bewirken. Damit die Besteuerung entfällt, muss der depotführende Stelle die Umgründung glaubhaft gemacht werden, etwa durch Vorlage des notariell beglaubigten Beschlusses, Vertrags oder Notariatsakts.
Wann Kapitalanteile bei Firmen-Veräußerung zu versteuern sind
Nach derzeitiger Rechtslage können Kapitalanteile durch natürliche Personen und beschränkt Steuerpflichtige in Körperschaften eingebracht werden, ohne dass es dadurch zu einer sofortigen Besteuerung der stillen Reserven kommt. Eine Festsetzung erfolgt in diesen Fällen etwa erst bei tatsächlicher Veräußerung, der für die Einbringung gewährten Gegenleistungsanteile. Das weitere Schicksal der eingebrachten Kapitalanteile war bisher steuerlich unbeachtlich. Künftig soll es nun auch zu einer Festsetzung der Steuerschuld kommen, wenn die eingebrachten Kapitalanteile durch die übernehmende Körperschaft veräußert werden und in einem zeitlichen Zusammenhang dazu ein steuerlicher Wegzug (Entstrickung) der Gegenleistungsanteile erfolgt.
INTERNATIONALES STEUERRECHT
Rückerstattung von Lohnststeuer bei Auslandseinkünften wird vereinfacht
Für Steuerpflichtige mit befreiten Einkünften im Rahmen des Doppelbesteuerungsabkommens ist es bisher gesetzlich nicht vorgesehen, die vom Arbeitgeber dafür einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer durch im Veranlagungsweg erstattet zu bekommen. Sie mussten bisher ein eigenes Rückerstattungsverfahren einleiten. Künftig erfolgt die Rückerstattung der zu viel einbehaltenen Lohnsteuer im Zuge der Veranlagung.
Finanz bewertet Steuerrisiken von multinationalen Unternehmen
Multinationale Unternehmen mit Umsatzerlösen über 750 Millionen Euro sollen künftig eine gemeinsame Analyse und Bewertung von grenzüberschreitenden Besteuerungsrisiken durch mehrere Steuerverwaltungen vornehmen lassen können. Im Zuge dessen gewährt das Unternehmen den Steuerverwaltungen einen detaillierten Einblick. Die teilnehmenden Finanzämter stimmen sich zu möglichen Besteuerungsrisiken ab und legen ihre Risikoeinschätzung gegenüber dem Unternehmen im Rahmen eines Risikobewertungsberichts offen.
Unternehmen können so notwendige Korrekturen frühzeitig durchführen und erreichen so eine höhere Besteuerungs- und Planungssicherheit. Rechtssicherheit im Sinne einer verbindlichen Auskunft der Steuerverwaltungen besteht allerdings keine“, analysiert TPA-Steuerberater Bernwieser.