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Die ökosoziale Steuerreform 2022 soll bis 2025 eine steuerliche Entlastung von 18 Milliarden Euro bringen. Etliche Maßnahmen daraus beginnen allerdings erst im Juli 2022 oder noch später zu greifen. Am 20. Jänner 2022 wurde die Steuerreform im Nationalrat beschlossen.
Enthalten ist der Einstieg in die CO2-Bepreisung sowie eine Senkung von Körperschafts-und Einkommenssteuer. Die Eckpunkte der geplanten Reform.
Wie bisher bleiben Jahreseinkommen bis 11.000 Euro steuerfrei. Für Einkommen zwischen 11.000 und 18.000 Euro wurde der Steuersatz bereits im Vorjahr von 25 auf 20 Prozent gesenkt, daran ändert sich nun auch nichts. In der zweiten Stufe für Einkommen zwischen 18.000 und 31.000 Euro wird ab Juli 2022 der Steuersatz von 35 auf 30 Prozent gesenkt. Das entlastet Menschen mit einem Einkommen bis zu einer Höhe von rund 2.590 Euro im Monat und soll bei diesem Einkommen bis zu 650 Euro Entlastung pro Jahr bringen.
In der dritten Stufe für Einkommen zwischen 31.000 und 60.000 Euro wird der Steuersatz ab Juli 2023 von 42 auf 40 Prozent gesenkt. Das soll laut Regierung eine maximale Entlastung von bis zu 580 Euro jährlich bringen. Das betrifft Einkommen bis zu einer Höhe von rund 5.000 Euro im Monat. Unverändert bleiben die Steuerstufen für die höheren Einkommen. Für Einkommensteile zwischen 60.000 und 90.000 Euro zahlt man weiterhin 48 Prozent Steuer, zwischen 90.000 und einer Million 50 Prozent und darüber bleibt der Spitzensteuersatz bei 55 Prozent.
Weiter ist zur Stärkung und Entlastung des Mittelstands eine Reduktion der Krankenversicherungsbeiträge für kleine Einkommen ab Juli 2022 vorgesehen, beginnend mit 1,7 Prozent. Bis zu einem Einkommen von 2.600 Euro Brutto wird es eine langsam einschleifende Senkung der Beiträge geben. Davon profitieren laut Regierungsangaben 2,3 Millionen Arbeitnehmer und 1,6 Millionen Pensionisten.
Der Familienbonus wird ab 1. Juli 2022 von 1.500 auf 2.000 Euro pro Kind und Jahr erhöht. Jemand der 2.500 Brutto im Monat verdient und zwei Kinder hat, zahlt damit keine Steuern mehr. Außerdem sollen Alleinerzieherinnen mit niedrigem Einkommen mehr vom Kinderbonus profitieren. Alleinerzieherinnen mit einem Einkommen bis zu 12.000 Euro pro Jahr erhalten einen Kinderbonus von 450 Euro pro Kind statt bisher 250 Euro. Außerdem wird auch der Bezieherkreis erweitert. Künftig sind auch jene Familien bezugsberechtigt, in denen beide Partner arbeiten und beide jeweils mehr als 6.000 Euro aber unter 12.000 Euro verdienen.
Darüber hinaus soll auch ein Mitarbeiterbeteiligungsmodell eingeführt werden, mit dem Arbeitnehmer mit bis zu 3.000 Euro steuerfrei am Gewinn eines Unternehmens profitieren können.
Für den Klimaschutz wird für das Autofahren und Heizen eine CO2-Bepreisung eingeführt. 1. Juli 2022 kostet der CO2-Ausstoß 30 Euro pro Tonne und steigt dann ziemlich rasch Jahr für Jahr. 2023 wird der Preis bei 35 Euro pro Tonne liegen, 2024 dann bei 45 Euro und 2025 bei 55 Euro.
Derzeit fallen in Österreich jährlich 46 Millionen Tonnen CO2 an, die nicht unter den EU-Emissionshandel fallen. Bei einem CO2-Preis von 30 Euro bedeutet das Mehreinnahmen für den Staat in Höhe von knapp 1,4 Milliarden Euro.
Je nach Region werden die Einnahmen aus der CO2-Steuer als Klimabonus zurück an die Bevölkerung fließen. Je nachdem, wo man wohnt und ob man öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung hat oder auf das Auto angewiesen ist, bekommt man die CO2-Einnahmen als regionalisierten Klimabonus zurück. Die genaue Berechnung nach Region wird erst gemacht. Es wird vier Stufen geben: 100 Euro, 133 Euro, 167 Euro und 200 Euro pro Jahr und Person. Für Kinder gibt es einen Aufschlag von 50 Prozent auf den "Regionalen Klimabonus".
Entlastungen soll es auch nach deutschen Vorbild auch für besonders CO2-intensive Unternehmen geben, damit es nicht zu einem "Carbon Leakage" kommt - Betriebe sollen nicht wegen der mit dem Klimamaßnahmen verbundenen Kosten ihre Produktion in andere Länder mit weniger strengen Auflagen verlagern. Für besonders energieintensive Unternehmen ist eine "Härtefallregelung" vorgesehen. Die Eigenstromsteuer für die Einspeisung von selbst erzeugtem Strom soll entfallen - diese Entlastung wird von der Regierung mit 50 Millionen Euro beziffert.
Zusätzlich sollen 500 Millionen Euro in eine Offensive für sauberes Heizen investiert werden, wobei Raus aus Öl und Gas, der Tausch von Heizkesseln und die thermische Sanierung gefördert werden.
Unternehmen werden mit einer Senkung der Körperschaftssteuer (KÖSt) um bis zu 700 Millionen Euro entlastet. Konkret wird die KÖSt 2023 von 25 auf 24 Prozent und im Jahr 2024 weiter auf 23 Prozent gesenkt.
Den Wunsch der Wirtschaft nach einem Investitionsfreibetrag (inkl. Ökologisierungskomponente) erfüllt die Steuerreform - hier soll es eine Steuerentlastung von insgesamt 350 Millionen Euro geben, wobei eine Deckelung pro Unternehmen vorgesehen ist.
Der ab der Veranlagung 2010 eingeführte Gewinnfreibetrag wird von 13 auf 15 Prozent erhöht. Diesen Freibetrag können alle natürlichen Personen mit betrieblichen Einkunftsarten in Anspruch nehmen, unabhängig davon, ob sie ihren Gewinn mittels Einnahmen-Ausgaben-Rechnung oder Bilanzierung ermittelt.
Als "geringwertige Wirtschaftsgüter", die sofort zur Gänze als Betriebsausgabe abgesetzt werden können, gelten künftig abnutzbare Anlagegüter im Wert bis zu 1.000 Euro - bisher waren es 800 Euro.
Den 2012 beseitigten Steuervorteil für Landwirte in Form des sogenannten "Agrardiesels" - der Steuervorteil für die Bauern machte damals in Summe etwa 50 Millionen Euro aus - soll es künftig wieder geben. Außerdem sollen energieautarke Bauernhöfe Förderungen von insgesamt 25 Millionen Euro erhalten.
Das Dieselprivileg, also die steuerliche Begünstigung von Diesel gegenüber Benzin, bleibt bestehen. Gegen die nicht nur von Umweltschützern seit Jahren vehement geforderte Abschaffung des Dieselprivilegs war vor allem die Transportwirtschaft Sturm gelaufen.
CO2-Bepreisung: "Ein erster Schritt"
Bis die Steuerreform spürbare Wirkung zeigt, wird es wohl noch fünf Jahre dauern, erwartet Klaus Gugler, Volkswirtschaftsprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien. Entscheidend werde sein, dass sich Verhaltensweisen der Menschen ändern und vor allem die Investitionstätigkeit angepasst wird. Die ab 2022 geltende Belastung von 30 Euro je Tonne CO2 sei "natürlich zu wenig" für eine wirksame Lenkung, aber immerhin ein Einstieg in die Bepreisung.
In Summe "würde ich schon sagen, dass endlich, nach 30 Jahren Diskussion, die Bepreisung gekommen ist. Dass man klein anfängt, ist halt ein Politikum", sagt Gugler, Vorstand des Instituts für Quantitative Volkswirtschaftslehre und Leiter des Forschungsinstituts für Regulierungsökonomie. Er verweist darauf, dass Preise von 100 bis 150 Euro je Tonne in der Wissenschaft bevorzugt würden, um einen deutliche Strukturveränderung zu erzielen. Aber auch so werde es einen Lenkungseffekt geben, weil die Ausschüttung an die Menschen, der Klimabonus, unabhängig vom Verbrauch fließt. Vielleicht wäre es noch effizienter gewesen, das Geld aus der CO2-Abgabe in die Klimaforschung zu investieren, aber das sei politisch nicht die erste Wahl gewesen.
Dass so wenige Menschen mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, liege auch an "30 oder 50 Jahren massiver Subventionierung des Individualverkehrs", etwa durch Straßenbau, durch den öffentlichen Raum, der zur Verfügung gestellt wurde. Das umzukehren werde wieder viele Jahre dauern. Den CO2-Ausstoß im Verkehr substanziell zu senken werde noch "enorme Kosten" verursachen, sagt Gugler. "Diese Transformation, die ist ja nicht gratis."
Der deutsche Ökonom und designierte IHS-Chef Lars Feld sieht beim CO2-Preis trotz der niedrigen Höhe von 30 Euro pro Tonne sehr wohl Lenkungseffekte. Im Ö1-"Morgenjournal" sagte er: "Es ändert ja das Kalkül der Konsumenten und Produzenten erheblich, wenn eine bestimmte Sache verteuert wird.". Ein Einstieg mit einem niedrigen Preis und mit dem Wissen, dass dieser weiter steigen wird, sei sinnvoll, damit sich die Menschen daran gewöhnen können.