Im Verlauf des Jahres 2022 soll auch in Österreich das Lieferkettengesetz beschlossen werden. Noch sind nicht alle Details fix. Unternehmen können und sollten sich aber bereits darauf vorbereiten.
von
- Warum gibt es ein Lieferkettengesetz?
- Lieferkettengesetz: Welche Firmen betroffen?
- Die drei Ebenen der Sorgfaltspflichten
- Mittelbare Zulieferer: Reduzierte anlassbezogene Sorgfaltspflicht
- Die Strafen bei Verstößen gegen das Lieferkettengesetz
- Die 6 zentralen Punkte des Lieferkettengesetzes
- Drei-Phasen-Modell für den Selfcheck für Unternehmen
Groß war im Februar der erste Jubel seitens NGO und Gewerkschaften, als die EU-Kommission ihren Gesetzesentwurf zum Lieferkettengesetz präsentiert hat. Der EU-Entwurf ging weiter als alle erwartet haben. Aber dennoch nicht weit genug. Die Arbeitnehmerverbände fürchten indes ein "Bürokratiemonster", Kostensteigerungen und dass letztendlich das alles nicht umgesetzt, vor allem aber auch nicht administriert werden kann, was die EU als Vorlage gegeben hat.
Warum gibt es ein Lieferkettengesetz?
Ziel des Gesetzes: Die Einhaltung der Menschenrechte und der Klima- und Umweltschutz sollen durch ein umfassendes Gesetz geregelt werden. Die Komplexität von Lieferketten hatten auch Verstöße in bestimmten Branchen zum Teil befördert. Was bisher durch die Sorgfaltsstandards der UN-Leitprinzipien vorgegeben wurde, reicht nicht mehr aus, um der Komplexität und Verzweigung der globalen Wirtschaft gerecht zu werden. Doch damit soll nun Schluss sein. Mit Jahresbeginn 2023 soll auch Österreich ein neues Lieferkettengesetz bekommen.
Lieferkettengesetz: Welche Firmen betroffen?
Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern und einem Nettoumsatz von mehr als 150 Millionen Euro pro Jahr sind davon betroffen. Für Branchen mit einem hohen Risiko für Verstöße gegen Arbeits- und Umweltstandards, etwa der Bekleidungs-, Schuh-, Lebensmittel- und Chemieindustrie, soll die Grenze bei 250 Beschäftigten liegen.
Die drei Ebenen der Sorgfaltspflichten
Die Sorgfaltspflichten für Auftraggeber und Zulieferer entlang der Lieferkette bedeuten einen größeren Aufwand. Die Kontroll- und Dokumentationspflichten werden komplexer, aber auch konkreter und exakter. Dabei werden drei Ebenen unterschieden:
Eigener Geschäftsbereich
Unmittelbare Zulieferer
Mittelbare Zulieferer
Die Sorgfaltspflichten gelten für den eigenen Geschäftsbereich sowie für den unmittelbaren Zulieferer. Ausnahmslos alle unmittelbaren Lieferanten müssen überprüft werden.
Mittelbare Zulieferer: Reduzierte anlassbezogene Sorgfaltspflicht
Für mittelbare Zulieferer soll eine reduzierte anlassbezogene Sorgfaltspflicht bestehen. Ein Unternehmen muss also erst bei eindeutigen Hinweisen auf mögliche Rechtsverletzungen in der Lieferkette tätig werden - so will es die EU. Inwieweit das in Österreich umgesetzt wird, ist noch nicht fix.
Noch unklar ist in Österreich auch, inwieweit die Maßnahmen für Klimaschutz und Biodiversität reichen sollen, auch die zivilrechtliche Haftung ist noch offen.
Die Strafen bei Verstößen gegen das Lieferkettengesetz
Bei Verstößen sollen laut EU-Entwurf Zwangsgelder von bis zu 50.000 Euro verhängt werden. Ebenso Bußgelder bis zu 800.000 Euro oder 2 Prozent des Jahresumsatzes bei Unternehmen mit mehr als 400 Mio. Euro Umsatz. Ebenso soll der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen für bis zu drei Jahre im Sanktionskatalog verankert werden.
Die 6 zentralen Punkte des Lieferkettengesetzes
Die Einhaltung der Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Wahrung der Menschenrechte und Umweltstandards
Die Verabschiedung einer Grundsatzerklärung zur Wahrung der Menschenrechte
Die Etablierung eines Risikomanagements
Die Schaffung von Präventionsmaßnahmen im geschäftlichen Handeln sowie Kontrolle der Einhaltung
Das Einrichten und Unterhalten eines Beschwerdesystems
Die Dokumentation und Berichterstattung der Sorgfaltspflichtenerfüllung
Unternehmen, die schon bisher ein Compliance- und Risikomanagementsystem etabliert haben, werden sich einfacher tun. UN-Leitprinzipien und OECD-Leitsätze von 2011 für multinationale Unternehmen galten bisher als Vorgaben.
Drei-Phasen-Modell für den Selfcheck für Unternehmen
Ein Selfcheck hilft aber bereits jetzt, sich auf das Lieferkettengesetz vorzubereiten, gegebenenfalls auch jetzt schon die Zulieferer und die gesamte Struktur einem Monitoring zu unterziehen. KPMG hat dazu ein Drei-Phasen-Modell entwickelt, das Risikoanalyse, Konzeption der Sorgfaltspflichten und Implementierung im Unternehmen umfasst.
1. Analyse Status quo & Identifizierung notwendiger Maßnahmen zur Pflichterfüllung des Gesetzes
Durchführung einer Lückenanalyse zu den Sorgfaltspflichten
Assessment mit Einkaufsabteilung und Compliance-Beauftragten
Identifizierung, Kategorisierung und Dokumentation bereits bestehender Maßnahmen
Aufzeigen identifizierter Lücken zu den Mindestanforderungen des Sorgfaltspflichtengesetz und des EU-Richtlinienvorschlags
Erstellung einer Roadmap für die Konzeption der Sorgfaltspflichten
Identifizierung und Priorisierung notwendiger Maßnahmen sowie Handlungsoptionen für die Konzeptionsphase
Erstellen einer Roadmap zur zeitlichen Bewertung und Einordnung der notwendigen Maßnahme
Management Alignment - Einheitliches Verständnis zwischen Erfolgsvision und Umsetzungsstrategie
Präsentation der Ergebnisse für das Management
Aufzeigen von Handlungsoptionen für gemeinsame Visionen und Zielen
2. Konzeption der Sorgfaltspflichten
Umsetzung der Anforderungen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten
Erstellung und Veröffentlichung einer Grundsatzerklärung
Implementierung eines wirkungsvollen Risikomanagements
Konzeption sämtlicher Verfahrensbeschreibungen
3. Implementierung in die Aufbau- und Ablauforganisation
Unterstützung bei der nachhaltigen Ergebnissicherung
vollständige Integration und Implementierung in Aufbau- und Ablauforganisation für eine nachhaltige Ergebnissicherung zur langfristigen Erfüllung der Sorgfaltspflichten