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Dorli Muhr: Zwischen Terroir & Transformationskraft

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Winzerin Dorli Muhr

Winzerin Dorli Muhr

©Elke Mayr
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Die Winzerin Dorli Muhr kreiert ausgezeichnete Weine, leitet eine PR-Agentur und steckt voller Tatendrang. Sie scheint angekommen in der stetigen Veränderung.

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Es ist ein sonniger Vormittag in den Weinbergen des Spitzerbergs – der weder spitz noch ein wirklicher Berg ist – als Dorli Muhr uns auf ihrer Terrasse mit einem breiten Lächeln empfängt. Ihr wacher Blick strahlt Entschlossenheit und Offenheit aus – Qualitäten, die sie auf ihrem Weg als Winzerin stets begleitet haben.
Was wie eine Idylle anmutet, ist das Ergebnis harter Arbeit und unermüdlicher Leidenschaft. Dorli Muhr ist keine typische Winzerin – sie ist Visionärin und Mutmacherin für eine ganze Branche.

Der Weg zum Wein

Dorli Muhrs Lebenslauf ist vielseitig und geprägt von stetiger Veränderung.

Geboren als Bauerntochter in einer traditionell-katholischen Familie im niederösterreichischen Rohrau, sollte sie ursprünglich den elterlichen Hof übernehmen. Doch Muhr entschied sich für einen anderen Weg. "Ich hasse Gelsen", sagt sie mit einem leichten Lächeln. Die Mücken im Sommer hätten ihr den Aufenthalt auf dem Hof zur Qual gemacht. Stattdessen studierte sie Französisch und Spanisch und wurde Dolmetscherin.

Eine Radtour durch Frankreich und Spanien mit einem Freund entfachte dann ihre Leidenschaft für Wein. "Der Wein hat mich begeistert und ich bin nie wieder davon losgekommen", erklärt sie.
Wein, das war und ist für Muhr mehr als nur ein Getränk. Es ist vielmehr eine Verbindung zwischen Mensch und Natur, eine Ausdrucksform für Terroir und Tradition. "Ich bin fasziniert von der Tatsache, dass man durch ein Glas Wein den Boden und das Klima, auf dem die Rebe gewachsen ist, schmecken kann."

Warum schmeckt etwas wie der Ort, wo es herkommt? Im Englischen spricht man vom "sense of place". Die Suche nach einer Antwort auf diese Frage treibt Muhr an – bis heute.
Schon während des Studiums gründete Muhr eine PR-Agentur mit Schwerpunkt Wein – "Die österreichischen Weine sind gut, aber keiner weiß das. Das wollte ich ändern."
Mit Erfolg – nicht nur genießen heimische Weine heute weltweit einen hervorragenden Ruf, auch die Agentur "Wine+Partners" ist konstant gewachsen.

"Ich habe ein unbändiges Bedürfnis, Dinge zu entwickeln. Wenn ich sehe, dass etwas gut ist, dann muss ich daraus etwas machen." So beschreibt Dorli Muhr ihren Tatendrang. Einen Businessplan gäbe es nie – "das ist schon ein Wahnsinn", fügt die Unternehmerin schmunzelnd hinzu.

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Ein unbändiger Tatendrang zeichnet die Winzerin aus.

 © Elke Mayr

Der Spitzerberg und die Blaufränkisch-Vision

Heute steht Dorli Muhr auf einem ihrer zwölf Hektar am Spitzerberg und spricht mit leuchtenden Augen über ihre Blaufränkisch-Weine. Es sei das Terroir, das sie in den Bann gezogen habe: "Dieser Berg ist etwas Besonderes. Der Kalkboden und die Position inmitten von Zentraleuropa machen ihn zu einem Juwel." Hier konzentriert sie sich ausschließlich auf Blaufränkisch. "Die Rebsorte ist ein Werkzeug, um den Charakter des Bodens zu vermitteln. Blaufränkisch kann das perfekt."

Meine Weine sind wie Baskisch – verstehen nicht viele.

Dorli MuhrWinzerin

Wenn man die Dolmetscherin in der Winzerin fragt, wie sie ihren Wein übersetzen würde, muss Dorli Muhr ausholen. Von der geologischen, der menschlichen Geschichte über die klimatischen Veränderungen der Region – dem Korridor zwischen Alpen und den Karpaten. Der Wein sei als "eine Art Zeuge zu verstehen oder vielmehr als eine Zusammenfassung von all dem, was in Jahrmillionen geschehen ist". All diese Eindrücke, Erinnerungen, Einschreibungen gleichzeitig in einem Glas Wein.
Würde Dorli Muhr eine Sprache dafür finden wollen, wäre es wohl Baskisch. "Die baskische Sprache ist ganz anders als alles, was da links und rechts davon lebt. Sie hat überhaupt nichts mit Französisch oder Spanisch zu tun. Basken versteht kaum einer. Die Sprache ist Jahrtausende alt, eng mit der Region und der Geschichte verbunden. Wie meine Weine", führt Muhr aus und ergänzt, mit dieser fast schon für sie typischen Nonchalance: "Meine Weine sind wie Baskisch – verstehen nicht viele."

Und dann gibt es doch ein paar Menschen (oder ein paar viele), die diesen spezifischen Herkunftswein aus dem Carnuntum verstehen. Schließlich sind sie preisgekrönt, die Dorli-Muhr-Weine. Zuletzt wurde sie zur Ausnahmewinzerin des Jahres von "Gault & Millau" gekürt.

Oder zumindest gibt es Menschen, die den Wein verstehen wollen. Das steckt für die Winzerin nämlich hinter dem Weintrinken – "ein intellektuelles Vergnügen".

Ihre Weine seien keine "easy drinking"-Weine, sondern eine sensorische und geistige Auseinandersetzung mit dem Produkt. Was schmecke ich? Kann ich das beschreiben? Kommen Erinnerungen hoch? Kann ich mich darüber austauschen?
"Eine detaillierte Auseinandersetzung mit Nuancen", das könne sie anbieten, so Muhr.
Und fügt hinzu: "Meine Weine sind nach rund zehn Jahren so richtig gut."

Ich wusste, dass wir hier etwas Einzigartiges haben.

Dorli MuhrWinzerin

Ihre ersten Weine kamen jedoch nicht gut an. "Die Leute dachten, das ist ein Fehler, dass sie so schmecken. Niemand glaubte, dass das Absicht war." Doch Dorli Muhr ließ sich nicht beirren. "Ich wusste, dass wir hier etwas Einzigartiges haben. Und wenn es nicht sofort verstanden wird, dann braucht es eben Zeit."

Heute ist Muhrs Spitzerberg international anerkannt und ihre Blaufränkisch-Weine genießen weltweit hohe Reputation. Sie war die erste Winzerin, die die Besonderheit des Bergs erkannte und kommunizierte. "Es hat sich geändert", sagt sie. "Wir haben jetzt einen gewissen Common Sense entwickelt, wie Wein aus dem Carnuntum schmecken soll, wofür er steht."

Das sei ein Aushandlungsprozess gewesen. Ein intensiver, teils mühsamer Austausch mit den Winzern und Winzerinnen der Region. Der sich gelohnt hat.
"Wir müssen immer zusammenarbeiten und das ist ein teilweise schwieriger Prozess, denn wir haben unterschiedliche Blickwinkel, unterschiedliche Herkünfte und einen unterschiedlichen Wissensstand; von den unterschiedlichen Geschmäckern ganz zu schweigen. Aber das ist halt auch Demokratie. Demokratie heißt: Eine Auseinandersetzung auf allen Ebenen – mit allen."

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"Ich möchte respektiert werden für das, was ich tu, nicht für das, was ich bin."

 © Elke Mayr

Von Gemeinschaft und Verantwortung

Dorli Muhr spricht leidenschaftlich über Gemeinschaft. Für sie ist der Austausch mit anderen Winzern essenziell. "Wir arbeiten hier alle zusammen, teilen unsere Erfahrungen und entwickeln gemeinsam die Stilistik." Es gehe ihr nicht darum, die Einzige in der Region zu sein, die guten Wein produziert. "Ich glaube daran, dass wir nur nachhaltig etwas aufbauen können, wenn alle zusammenarbeiten und dieselbe Überzeugung teilen."

Diese Gemeinschaft sei auch der Schlüssel zur gesellschaftlichen Verantwortung, die Unternehmer übernehmen müssen. "Unternehmer haben den längsten Aktivitätsbogen. Wir sind diejenigen, die die großen Entscheidungen für die Gesellschaft treffen müssen", betont sie. Ihr Appell an ihre Kolleginnen und Kollegen: "Wir müssen erkennen, dass wir nicht nur für unser Unternehmen und unsere Mitarbeiter verantwortlich sind, sondern auch für die Gemeinde, für die Kinder der Mitarbeiter und für die Konsumenten."
Eine Verantwortung für die anderen, das Gegenüber, für das Zusammenleben.

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"Ein Unternehmer ist kein Controller. Ein Unternehmer hat eine umfängliche Verantwortung", sagt Dorli Muhr.

 © Elke Mayr

Frauen und die Weinwelt

Die Weinwelt ist nach wie vor männerdominiert, und auch Dorli Muhr hat ihre Erfahrungen damit gemacht. Als sie anfing, wurde sie oft auf ihr Aussehen reduziert. "Ich wollte für das ernst genommen werden, was ich tue. Ich habe mir die Haare kurz geschoren und mich bewusst unauffällig gekleidet." Feminismus war für sie zunächst mehr eine Verteidigungsstrategie. Doch heute sagt sie: "Frauen müssen sich Gehör verschaffen und Respekt einfordern. Es geht nicht darum, lieb gehabt zu werden, sondern respektiert zu werden."

"Haben Sie das Gefühl, dass Sie jetzt respektiert werden?"
"Gute Frage. Ich glaube, ja."

Dorli Muhr produziert nicht nur Wein, sondern lebt eine Vision.
Wenn sie über die Zukunft des Weinbaus spricht, dann geht es um mehr als nur Geschmack. Es geht um Verantwortung, Gemeinschaft und den Mut, sich den Veränderungen der Zeit zu stellen.

"Die einzige Konstante ist die Veränderung", sagt sie. Und Dorli Muhr zeigt mit jedem Glas Wein, dass Veränderung nichts Bedrohliches ist, sondern eine Einladung, die Welt mit anderen Augen zu sehen.

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Ein Ort zum Weinverkosten und des Austauschs - das möchte Dorli Muhr in Prellenkirchen anbieten.

 © Elke Mayr

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