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Warum die Immobilienbranche in einer existentiellen Krise steckt

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Thomas Winkler, CEO UBM Development AG

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Die Immobilienbranche steckt in einer schweren Finanzkrise. Die Großinsolvenzen von Signa, Imfarr und weiteren Immobilienentwicklern könnten erst die Spitze des Eisbergs sein. Thomas G. Winkler, CEO der UBM Development AG, über die Ursachen und Folgen der schwierigen Lage der Branche.

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Vorweg: Das Geschäftsmodell eines Immobilien-Entwicklers beruht im Kern darauf, dass in möglichst kurzer Zeit, mit möglichst viel Fremdkapital möglichst viele große Projekte gedreht werden.

Objektiv: Niemand hat damit gerechnet, dass die Zinsen in weniger als 15 Monaten von 0 % auf 4,5 % steigen können - steigen ja, in so kurzer Zeit und so massiv nein. Der Grund dafür liegt in den ebenso wenig von irgendjemanden vorhergesehenen Inflationsraten, die in manchen Ländern der EU in den zweistelligen Bereich schnellten – mit den entsprechenden Auswirkungen auf Bau- und Personalkosten sowie auf die Rendite-Erwartung der Immobilien-Investoren. Der Einwand, dass Zinsen in der Vergangenheit schon oft viel höher waren, stimmt - aber die Zeit war auch viel länger, um sich darauf einzustellen, sein Geschäftsmodell darauf anzupassen. Der Unterschied ist vergleichbar mit einem Meteoriteneinschlag gegenüber der Evolution.

Subjektiv: Jedem allzu leicht erreichten Erfolg liegt bereits das Scheitern in der Zukunft inne. Jeder kennt das Phänomen aus seiner sportlichen Betätigung oder der Geschichte. Kaum jemand schenkt ihm im Moment des Erfolges aber Beachtung – je leichter der Aufstieg, desto brutaler der Fall. Und ein System, in dem Geld (vorübergehend) nichts kostet und Risiko beinahe zwangsläufig aufgrund der Erfolgsquote in einem über ein Jahrzehnt anhaltenden Aufschwung falsch bewertet wird, beschleunigt und verstärkt die Effekte nach unten.

Zurück zum Geschäftsmodell: Viel Fremdkapital für wenig Zinskosten, möglichst viele Investments (auch in Märkten oder gar Branchen, die man nicht gut genug kennt) und eine Vollbremsung bei der Drehgeschwindigkeit, weil sich die Rendite Erwartung von unter 3 % auf über 5 % fast verdoppelt, sind die perfekten Zutaten für ein Desaster. Nicht alles Leben auf der Erde wurde durch einen Meteoriteneinschlag zerstört, aber die Dinosaurier sind untergegangen.

Fazit: (und um in der Tierwelt zu bleiben) – Immobilien-Entwicklern kommt beim Bauen eine ähnliche Bedeutung zu wie den Bienen. Sterben die Bienen bricht das gesamte Öko-System zusammen. Die Immobilienentwickler sind einer der wichtigsten Auftraggeber im Hochbau, die „Bestäuber“. Sich daran zu ergötzen, dass sie jetzt reihenweise sterben, weil sie kurzfristig viel zu leicht viel zu viel Geld verdient, quasi „gestochen“, haben, ist nicht nur kurzsichtig, sondern bedroht auch Millionen Jobs in der Baubranche und der Baustoffindustrie.

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