Fünf Penthäuser zwischen vier und 13 Millionen Euro: „The Sixth Sense“ am Stubenring.
©SangrealJahrelang waren Villen im Grünen und Chalets an der Skipiste die begehrtesten Objekte am Luxus-Immobilienmarkt. Jetzt zieht es die Käufer wieder in die Wiener Innenstadt – vor allem in City-Altbauten.
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Immobilien im Grünen, bevorzugt in unmittelbarer Nähe zu Wasser, Wäldern oder Bergen. Das waren in den Pandemiejahren laut Zahlen von Premium Living im Preissegment über der Millionengrenze die gesuchtesten Kaufziele. Doch die aktuelle Analyse des Luxusimmobilien-Spezialisten zeigt: Der Wind hat sich gedreht – und zwar zurück in Richtung urbane Räume. Luxusvillen in den Wiener Weinbergen werden oft monatelang angeboten, auch die Nachfrage nach Chalets ist seit dem Ende der Pandemie deutlich zurückgegangen.
Offensichtlich haben es die Entwickler mit ihrem Fokus auf luxuriöse Villen in Regionen wie Kitzbühel oder dem Pinzgau übertrieben, urteilt Bernd Gabel-Hlawa, gemeinsam mit Benedikt Gabriel Gründer und Geschäftsführer von FindMyHome.at und der Luxussparte Premium Living. Denn die Energiewende hat auch am Immobilienmarkt begonnen, und die nachhaltigsten Objekte sind jene, die in den Stadtzentren durch Verdichtung entstehen. Die begehrtesten Wohn-Statussymbole sind heute nicht mehr die mittels Bodenversiegelung in die Natur gesetzten Paläste, sondern aufwendig und ökologisch revitalisierte City-Residenzen, meint Gabel-Hlawa: „Der Trend zum Bestand im Sinne der Nachhaltigkeit ist also auch im Luxusbereich angekommen, und auch hier wird klar symbolisiert, dass weniger mehr ist.“
Weniger bedeutet aber nur weniger verbaute Grund-, nicht weniger verfügbare Wohnfläche. Tradition wie Stuckdecken und Wohnsalons, kombiniert mit allen Annehmlichkeiten des modernen Citylebens wie Wärmepumpenheizung, automatischer Beschattung und Smart-Home-Systemen, ist auf den ersten Platz der Luxusmarkt-Hitliste vorgerückt.
Besonders beliebt sind hochwertig revitalisierte Altbauten, die sich selbst in den aktuell herausfordernden Zeiten über ein solides Wertwachstum freuen dürfen. Die Nachfrage nach historischen Wohnimmobilien in den inneren Wiener Bezirken ist auf 62 Prozent aller Anfragen bei Premium-Living.at angestiegen. „Historische Gebäude überzeugen durch den Reiz der Zeitlosigkeit“, schwärmt Gabel-Hlawa. „Das Mehr an Wertschätzung für unsere Altbauten sowohl von Seiten der Entwickler als auch der Kunden hilft immens, unser Kulturerbe zu erhalten und die Nachhaltigkeit zu fördern
Nachhaltig hochwertig
Wobei Nachhaltigkeit auch bei der energetischen Ausstattung immer wichtiger wird. Ein bleibender Trend im städtischen Luxussegment ist laut Premium Living das „Minimizing“, aber nicht beim Wohnkomfort, denn Luxuspenthäuser mit mehr als 120 Quadratmetern Wohnfläche im Preisbereich von 20.000 Euro und mehr rangieren nach der klassischen Altbauwohnung mit 70 bis 100 Quadratmetern und Preisen bis 13.000 Euro pro Quadratmeter auf Platz zwei der begehrtesten städtischen Immobilien im Preisbereich über der Millionengrenze. Vielmehr wollen auch Luxuskäufer ihren ökologischen Fußabdruck minimieren. „Sie nützen die Chance für verantwortungsvolles Wohnen im Sinne der Nachhaltigkeit, für mehr Lebensraum verschiedener Menschen auf schönen Plätzen und zur Reduktion des Luxus auf das Wesentliche“, so Gabel-Hlawa. Mehr als zwei Drittel der Luxus-Kunden wollen neben den höchsten energetischen Standards zudem laut Daten von Premium Living eine Dachwohnung mit Terrasse, was auch Kristina Giacomelli, Geschäftsführerin Sangreal Properties aus der Praxis bestätigt: „Die Terrasse sollte dabei nicht über eine Wendeltreppe erreichbar, sondern groß und auf der Wohnebene zu finden sein“, sagt sie. Das erkläre das Interesse an neuen Dachgeschoßwohnungen im Altbau – solche Objekte seien am Gebrauchtmarkt nicht zu finden.
Wer mehr Geld hat, ist auch bereit, mehr Geld auszugeben: Am breiten Wiener Wohnungsmarkt sind die Preise heuer um rund zwei bis fünf Prozent gefallen, viele Entwickler locken mit Rabatten und Aktionen. Im Luxusbereich ist davon weit und breit keine Sicht. So konnte der private Immobilienentwickler Crownd Estates neben dem Haydnhaus in Wien-Mariahilf unlängst ein knapp 200 Quadratmeter großes Penthaus mit Glasfassade und Dachpool um mehr als 20.000 Euro pro Quadratmeter verkaufen, umso beeindruckender in einer Zeit, wo es in Wien zum ersten Mal seit Jahren auch Durchschnittswohnungen unter 2.000 Euro pro Quadratmeter zu kaufen gibt.
Aber auch im mit dem Top-Öko-Gütesiegel ÖGNI Gold ausgezeichneten Revitalisierungsprojekt „The Fusion“ des Immobilienentwicklers Winegg sind mehr als die Hälfte der Wohnungen bereits wenige Monate nach der Fertigstellung verkauft – bei Preisen ab 9.000 bis 22.000 Euro pro Quadratmeter. Neben der Lage direkt am Naschmarkt und der luxuriösen Ausstattung ist auch der Fokus auf Nachhaltigkeit ein entscheidender Kaufgrund bei den betuchten Kunden, bestätigt Hannes Speiser, Prokurist und Leiter Neubauprojekte bei Winegg. Aktuell werden im Verkauf vor allem hochwertige und nachhaltig entwickelte Projekte am stärksten nachgefragt, sagt er. Das macht auch wirtschaftlich Sinn, schließlich werden im Zuge der Energiewende die nachhaltigsten Objekte die höchsten Wiederverkaufspreise erzielen.
Verkäufe ziehen an
Von einem anhaltend hohe Interesse der Luxuskäufer berichtet auch Michael Schmidt, Geschäftsführer der auf hochwertig sanierte Altbauten spezialisierten 3SI Immogroup. Die Wohnungsverkäufe bei 3SI Immogroup haben sich im zweiten Quartal 2024 im Vergleich zum ersten Quartal fast verdreifacht, und das Portfolio wurde um mehrere Zinshäuser erweitert. „Wohnungen in guten Lagen und in Topqualität verkaufen sich auch jetzt gut“, erklärt Geschäftsführer Schmidt. „In stürmischen Zeiten erkennt man, ob man die Segel richtig gesetzt hat, und wir sind auf einem guten Kurs. Denn wir haben in den letzten Jahren den Weg des nachhaltigen Bauens und des Einzelverkaufs gewählt, und jetzt zeigt sich, dass das die richtige Entscheidung war.“
Neben der Fertigstellung des Wiener Gründerzeithauses „The Core“ in Wieden wurde kürzlich bei „Vivienne“ in Wien-Margareten Dachgleiche gefeiert. Allein seit Jahresbeginn konnte das Unternehmen rund 100 Wohneinheiten verkaufen, alle im Preisbereich jenseits der 8.000 Euro pro Quadratmeter. „Der Blick in die Zukunft ist eindeutig positiv“, stellt sich Schmidt gegen die trübe Stimmung auf dem breiten Immobilienmarkt: „Bis Jahresende sind weitere bedeutende Projektstarts sowie Ankäufe geplant. Unter anderem kommt demnächst ein weiteres Premiumprojekt in Wien-Alsergrund. Unser Ziel ist klar, wir kaufen und bauen auch 2025 weiter und setzen voll auf die hochwertige Schaffung von Wohnraum für Eigennutzer in den besten City-Lagen.“
Fokus auf Service
Auch Sangreal- Properties-Geschäftsführerin Kristina Giacomelli, die aktuell in der City Projekte mit millionenteuren Residenzen wie „La Bohème“ in Wien-Neubau oder „The Sixth Sense“ am Stubenring im Angebot hat, spürt ein deutlich steigendes Interesse an Luxusimmobilien in Wien: „Denn die Entwickler gehen die Extrameile und fragen sich: Wie können wir unseren Kunden einen echten Mehrwert bieten?“ Das bedeute auch, auf Kundenwunsch Grundrisse ändern oder Wohnungen zusammenlegen zu können.
Diese Flexibilität ist für Giacomelli der Schlüssel zum Erfolg im Luxussegment in einer Zeit, in der der breite Markt leidet. Denn Verkaufserfolge gelingen nur mit Fokus auf Kundenservice. So betreut die 3SI Immogroup Kunden in einem eigenen Showroom im Wiener „Goldenen U“ im Ambiente einer Luxuslounge mit Melange und Kuchen. Giacomelli setzt als Luxusmaklerin auf Nähe und ständige Verfügbarkeit: „Ob am Wochenende oder unter der Woche, wenn andere schon Feierabend machen – wir sind immer für unsere Kunden da: Auch wir gehen die Extrameile und beantworten Anfragen rund um die Uhr“, erklärt die Sangreal-Properties-Geschäftsführerin die Verkaufserfolge im teuersten Marktsegment. Schließlich vermittelt sie nicht irgendwelche vier Wände, sondern City-Wohnträume – „and the city never sleeps“.