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IMMOunited CEO Schmid: "Wir brauchen jetzt Häuser für die Bewohner"

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Roland Schmid, CEO von IMMOunited GmbH

©IMMOunited GmbH/Monika Fellner
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IMMOunited-CEO ROLAND SCHMID sieht 2024 als einen Wendepunkt in der Immobilienbranche: Weil das Marktumfeld auch im kommenden Jahr nicht einfacher wird, braucht es Umdenken, neue Strategien - und einen Fokus auf echte Innovationen.

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IMMOunited sitzt bei Daten, Zahlen und Fakten zum Immobilienmarkt quasi "an der Quelle". Welche Entwicklungen sehen Sie aktuell? Wird 2024 nach 2023 erneut als ein "Annus horribilis" in die Geschichtsbücher der österreichischen Immobilienbranche eingehen?

Roland Schmid

In der Tat lässt sich aus den Entwicklungen am Markt ablesen, dass das dicke Ende noch kommt, und ich befürchte, dass wir auch bei Insolvenzen noch nicht alles gesehen haben. Denn selbst jene Player, die ihre Objekte mit viel Eigenkapital gekauft haben, leiden unter den Abwertungen - im schlimmsten Fall sind nicht nur Anlegergelder verloren, sondern auch das eigene Geld. Doch ich glaube fest daran, dass jede Krise auch Chancen birgt, und das ist im aktuellen Umfeld nicht anders: Es gibt nach wie vor Finanzierungen für gute Immobilienprojekte, und auch die Nachfrage wird das Angebot schon bald als Folge der vielen Projektstopps massiv übertreffen. Damit sind auch für Neueinsteiger auf dem Markt sehr viele Chancen vorhanden.

Auch ich glaube nach wie vor an Immobilien - allein schon die demografische Entwicklung zeigt, dass wir mehr Wohnungen, Büros, Hotels usw. brauchen werden, und auch die nächste Generation der Erben drängt als Käufer auf den Immobilienmarkt.

Beim Neubau würde ich mir ein Umdenken wünschen: In den vergangenen Jahren wurden vor allem Häuser für Investoren gebaut, jetzt brauchen wir Häuser für Bewohner. Das würde auch die Quadratmeterpreise senken und Wohnen wieder leistbarer machen: Wenn im Haus statt 40 Kleinwohnungen für Investoren 20 für Familien errichtet werden, braucht es nur halb so viele Bäder und Küchen, damit sinken automatisch die Preise.

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Laut dem jüngsten IMMOunited-Marktbarometer ist die Erwartungshaltung in der Branche gedrückt. Wo drückt der Schuh am meisten?

Roland Schmid

Die Grundeinstellung in der Branche ist sehr negativ, das ist unbestritten. Der Lichtblick beim IMMOunited-Marktbarometer ist für mich, dass 90 Prozent der Befragten davon überzeugt waren, auch in drei Jahren in der Immobilienbranche tätig zu sein - von einer mehrjährigen Durststrecke geht also niemand aus. Dazu kommt, dass die Wirtschaft nun mal zyklisch ist und die Immobilienbranche nach einer Blütezeit von mehr als zehn Jahren sehr erfolgsverwöhnt war. Niemand ist unvorbereitet in die Krise gerutscht - jetzt müssen alle mit den neuen Rahmenbedingungen umzugehen lernen. Natürlich fragen sich viele, warum die Unternehmen nicht in den goldenen Jahren bis 2022 vorgesorgt haben, das war aber meistens aus Kostengründen nicht möglich.

Gestiegene Gestehungskosten aufgrund von steigenden Preisen für Materialien und Personal sowie hohen regulatorischen Vorgaben haben in der Niedrigzinsphase dafür gesorgt, dass sämtliche Immobilienentwickler sehr knapp kalkulieren mussten. Und wenn jemand ein Projekt statt variabel fix finanziert, macht der Unterschied bei einem Prozent Kosten für den Fixzins bei einem 100-Millionen-Euro-Projekt eine Million Euro pro Jahr aus - das war oft der Gewinn der gesamten Unternehmung. Dazu kommt, dass die Banken zu variablen Zinsen geraten haben, wie ja auch viele private Häuslbauer schmerzlich zu berichten wissen.

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Was ist Ihre Erwartung für 2024? Gilt das zum inoffi ziellen Motto der Branche gewordene "Make it till 2025" oder hat sich die Stimmung schon gebessert?

Roland Schmid

"Make it till 2025" stimmt: Wer durch das nächste Jahr kommt, wird es auch danach schaffen. Denn die Erwartung ist, dass es keine weiteren Zinserhöhungen mehr geben wird und die EZB sogar noch vor dem Sommer wieder die Leitzinsen senken könnte. Die Kombination hohe Zinsen plus Inflation plus KIM-V ist für Immobilien ein Giftcocktail.

Dass die Nachfrage von privaten Käufern und großen Investoren eingebrochen ist, spüren jetzt die Bereiche Neubau und Zinshäuser am stärksten. Wer in der Vergangenheit zu teuer eingekauft hat, wird es 2024 sehr schwer haben, zumal es kaum Hoffnungen gibt, dass sich die Politik ausgerechnet im Wahljahr 2024 bewegt und beispielsweise die im Vergleich zu anderen Ländern viel zu strenge Finanzierungsvorgabe KIM-V entschärft oder - entsprechend den internationalen Vorbildern - den Immobilienmarkt mit gezielten Maßnahmen ankurbelt sowie bei den steigenden Energie- und Bewirtschaftungskosten entgegenwirkt.

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Wie läuft das Geschäft bei IMMOunited? Gibt es mehr Nachfrage nach effizienten digitalen Lösungen und relevanten Marktdaten?

Roland Schmid

Wir spüren die Krise wie alle anderen in der Branche auch stark, aber nicht, weil unsere Daten plötzlich nicht relevant wären - im Gegenteil! -, sondern weil viele Projektentwickler als Kunden ausfallen. Dass wir sehr viele Neuabschlüsse bei günstigen Produkten haben, macht das etwas wett, daher werden wir heuer voraussichtlich gegen den allgemeinen Markttrend um drei Prozent wachsen, was uns sehr freut.

Für 2024 rechnen wir jedoch mit acht bis zwölf Prozent Rückgang, weil sich die Lage auf dem Markt noch nicht bessern dürfte. Was die Zukunft des Unternehmens angeht, bin ich dennoch entspannt: Alle wollen hochwertige und zuverlässige Daten, und dass wir diese zur Verfügung stellen und auch kostengünstig anbieten können - das um die "Glaskugel-Funktion" erweiterte IMABIS ist beispielsweise ab 145 Euro monatlich zu haben -, ist gerade auf einem angespannten Markt ein sehr großer Wettbewerbsvorteil.

So ist die Nachfrage nach unserem zu Jahresbeginn gelaunchten "IMMOunited2GO" sehr groß: Die App bietet sämtliche relevante Informationen zu Immobilien in einem Standortumkreis von 150 Metern. Immobiliendaten einholen ist mit IMMOunited2GO so einfach geworden wie der morgendliche Coffee-to-go, das kommt bei den Kunden sehr gut an.

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Apropos "Glaskugel" für den Immobilienmarkt: Der neue Statistikbereich von IMABIS liefert maßgebliche Kennzahlen für den Immobilienmarkt auf der Basis der Auswertung sämtlicher Inserate und ermöglicht Rückschlüsse auf künftige Entwicklungen. Wie ist die Nachfrage? Was erwarten Sie von IMABIS künftig?

Roland Schmid

Die "Glaskugel" möchte gerade jetzt jeder haben: Alle wollen wissen, wann sich der Markt wieder positiv entwickelt. Weil IMA-BIS durch die Auswertung aller Inserate auf den österreichischen Immobilienplattformen tatsächlich relevante Prognosen erstellen kann, werden wir bereits in wenigen Monaten sehen, wohin die Reise geht. Bald soll die Lösung auch um Grundbuchdaten erweitert werden, dann werden die Preisentwicklungen noch besser prognostizierbar. Meine Vision für die Zukunft ist eine Objektdatenbank, wo wie in den USA von jeder einzelnen Immobilie die gesamte Historie auf einen Blick abrufbar ist. Das wird noch dauern, aber wir arbeiten daran.

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IMMOunited hat mit Lösungen wie IMABIS die Transparenz auf dem Immobilienmarkt stark erhöht. Hat die Transparenz für manche Marktteilnehmer nicht auch Nachteile - zumal im Immobiliengeschäft viel "unter der Hand" passiert?

Roland Schmid

Diese Stimmen haben wir beim Start von IMMOunited vor mehr als 15 Jahren oft gehört, sie sind aber von Jahr zu Jahr leiser geworden. Denn inzwischen haben alle erkannt, dass Transparenz dem Immobilienmarkt zuträglich ist: Alle wollen auf einem sicheren Markt investieren, und nur ein transparenter Markt schafft Vertrauen und damit auch Sicherheit. Wir sind stolz darauf, dazu beigetragen zu haben, dass der österreichische Immobilienmarkt transparenter und auch im internationalen Vergleich angesehener und erwachsener geworden ist. Die Angst, dass Menschen durch Daten ersetzt werden würden, halte ich allerdings für überzogen: Die Qualität der Dienstleistung zählt.

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Die Immobilienbranche war in Sachen Digitalisierung Nachzüglerin, hat aber zuletzt stark aufgeholt. Lässt sich die Digitalisierung der Branche noch steigern? Oder bleibt das Immobiliengeschäft immer ein "People Business"?

Roland Schmid

Diese beiden Entwicklungen schließen einander nicht aus: Immobilien sind ein "People Business", bei dem die Emotionen und sämtliche Sinne zählen. So kann die beste virtuelle Besichtigung eine echte niemals ersetzen. Die Digitalisierung bietet aber enorme Effizienzgewinne und vermeidet viel "Leerlauf". Damit bleiben Innovationen auch in der Immobilienbranche enorm wichtig, und ich sehe unsere Rolle als IMMOunited auch darin, unsere Kunden genau dort zu unterstützen, wo sie in ihrem eigenen Unternehmen gar nicht die Möglichkeit haben, sich mit Transformation zu beschäftigen und die Digitalisierung zu intensivieren. Auch wir merken, dass das Tagesgeschäft sehr viel Energie benötigt und man sich bewusst die Zeit nehmen muss, seine Arbeit zu hinterfragen und Innovation aktiv zu fördern. Denn wer nicht nach vorne geht, bewegt sich nach hinten - und wird vom Wettbewerb überholt, in besseren wie in schlechteren Zeiten.

Zur Person

ROLAND SCHMID ist Gründer und Eigentümer der IMMOunited GmbH, des österreichischen Marktführers in der Bereitstellung von Grundbuch-und Immobiliendaten. Das Produktsortiment umfasst IMMObase (Bundesdatenbanken), IMMOmapping (Transaktionslandkarte), IMMOdeveloper (Bauprojektdatenbank), IMMOstats (Onlinestatistiktool über Transaktionen), IMMOfarming (Grundbucheigentumsinformationen), IMMOvaluation (Bewertungsprodukte) und IMABIS (Immobilienangebotsdatenbank).

Ein über 90-köpfiges Team arbeitet in enger Abstimmung mit den mehr als 2.000 Firmenkunden und weit über 10.000 Anwendern am kontinuierlichen Ausbau der IMMOunited-Produktwelt.

IMMOunited GmbH ist eine 100-Prozent-Tochter der Roland Schmid Group, die Beteiligungen an mehreren Unternehmen wie etwa lexunited GmbH, RS Vorsorge GmbH, immo-billie.com, RS digital/fan.at und Hidden Gems Filmproduktion GmbH hält.

Der Artikel ist aus trend. edition+ vom Dezember 2023.
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