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Im Siegerbild: Co-Gründer und CEO Eric Demuth (r.) und Deputy CEO Lukas Enzersdorfer-Konrad.
©Trend/Lukas IlgnerBitcoin boomt. Und Bitpanda befindet sich im Höhenflug – mit neuen Produkten und starken Bilanzen. Der Kryptobroker sichert sich den Spitzenplatz im trend-Ranking der 100 besten Start-ups Österreichs.
Eric Demuth und Paul Klanschek lernten einander 2013 auf der WU in Wien kennen. Beide wollten etwas auf die Beine stellen, ein Tech-Start-up. Sie sahen, dass der Handel mit der seltsamen, neuen Kryptowährung Bitcoin extrem mühsam war. Die Idee einer Börse für Kryptowährungen stand im Raum. Nun hatten Demuth und Klanschek zwar eine Geschäftsidee, aber niemanden, der die technischen Fähigkeiten hatte, sie umzusetzen. So kam Christian Trummer ins Spiel.
Am 15. Dezember 2014 wurde über Facebook bekannt gegeben: „Wir sind da, kauft Bitcoin bei uns.“ Die Online-Kryptobörse hieß Coinimal. Das Büro lag im 15. Wiener Gemeindebezirk. Es war die Wohnung von Eric Demuth. Und ein Bitcoin kostete damals 574 US-Dollar.
Zehn Jahre später.
Ein Bitcoin kostet 100.000 US-Dollar. Die Firma von Demuth, Klanschek und Trummer heißt Bitpanda. Die Zentrale liegt in einem sechsstöckigen Bürogebäude im angesagten Viertel Zwei hinter dem Prater gleich bei der neuen WU. Auf 8.000 Quadratmetern hat das Architekturbüro Windstärke 7 moderne offene Büroräume mit viel Grün an den Wänden und coolen Loungeplätzen geschaffen. Denn das Unternehmen hat mittlerweile mehr als 700 Mitarbeiter und zählt 6,2 Millionen Kunden auf der ganzen Welt.
Bitpanda ist der größte und erfolgreichste Onlinebroker in Österreich und zählt zu den führenden Handelsplattformen in Europa. „Wir wollen stets Marktführer sein“, beschreibt Demuth das Ziel. Neben Krypto-Assets wie Bitcoin, Ether, Riple, Theter oder allen anderen Coins der Kryptoszene öffneten die drei Gründer ihre Handelsplattform auch für Aktien, Gold oder Silber. Und das alles handelbar 24/7. Wall Street without Walls, lautet ihr Motto. Die geschlossenen Börsen umgehen sie einfach, indem sie außerhalb der Handelszeiten Derivate der Aktien zum Traden anbieten. Die sind aber physisch gedeckt. Für ihre hohen Sicherheitsstandards erhielt Bitpanda von der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gerade als erste europäische Kryptoplattform eine MiCAR-Lizenz (Markets in Crypto-Assets Regulation).
Finanzen
Doch es ging nicht immer alles so glatt beim aktuellen Sieger des trend-Start-up Rankings. 2022 brach der Bitcoin-Kurs um 70 Prozent ein. Die Trader blieben aus. Der extreme Wachstumskurs, den Demuth, Klanschek und Trummer eingeschlagen hatten, rächte sich bitter. Die Expansion war zu rasch erfolgt. Das Unternehmen, das noch im März 2021 zum ersten heimischen Unicorn mit einer Bewertung von einer Milliarde US-Dollar aufgestiegen war, rutschte tief in die Verlustzone. Im Sommer 2022 musste der österreichische Krypto-Broker fast 270 Mitarbeiter entlassen.
Bitpanda-Co-Gründer Eric Demuth sagt über diese Zeit: „In den Jahren 2022 und 2023 haben wir die beste Arbeit geleistet. Darauf bin ich am stolzesten in unserer ganzen Geschichte. Wenn alles gut läuft, ist es leicht. Geld ausgeben kann jeder. Die harten Entscheidungen treffen, darauf kommt es an. Aber wir haben ohne Hilfe von außen, ohne neues Kapital das Unternehmen wieder gesund aufgestellt. Wir sind nun viel effizienter als vorher, das war eine starke Leistung.“ Und das Unternehmen steht solide auf eigenen Beinen. Für 2024 wird ein dreistelliger Millionengewinn erwartet. „Und heuer wird es auch nicht schlecht“, ist Demuth optimistisch.
Dass Bitpanda gestärkt aus der Krise gekommen ist, rechnet Demuth vor allem Co-CEO Klanschek hoch an. „Er drängte auf extrem konservative Budgetrichtlinien. Die Kryptoszene ist ein unheimlich schneller und volatiler Markt. Bei den Forecasts von einem geringeren Wachstum auszugehen, wurde nun zur Leitlinie bei Bitpanda. Das ist eindeutig Pauls Verdienst“, erinnert sich Demuth zurück.
Produkte
Doch es gab noch ein weiteres Learning aus der Krise: Bitpanda musste sich breiter aufstellen. Man suchte nach einer Lösung, um neben Retail-Brokerage auch im B2B-Bereich ein Standbein aufzubauen.
2021 startete Bitpanda damit, seine Trading-Infrastruktur für digitale Assets auch Businesskunden, damals noch als White-Lable-Lösung, anzubieten. Im Jänner 2023 wurde dann das B2B-Angebot zur modularen SaaS-Plattform unter der Marke Bitpanda Technology Solutions ausgebaut. Banken, aber auch Fintechs wird dabei die notwendige Infrastruktur für Handel und Verwaltung digitaler Vermögenswerte zur Verfügung gestellt.
Die Lösung ermöglicht es Finanzdienstleistern, das komplette Produktangebot von Bitpanda in ihre Anwendungen einzubinden und damit ihren eigenen Kunden unter ihrer Marke direkt zur Verfügung zu stellen. Die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien war einer der ersten Kunden. Es folgten die Deutsche Bank, die LBBW, aber auch Neobanken wie N26 zählen bereits zu den Anwendern.
In ihrem jüngsten Jahresbericht vermeldet die Sparte Bitpanda Technology Solutions mehr als eine Verdopplung bei den B2B-Registrierungen. Lukas Enzersdorfer-Konrad ist CEO der neuen Sparte Bitpanda Technology Solutions und auch ein neues Gesicht von Bitpanda nach außen.
Er sieht die Finanzwirtschaft zunehmend im Zugzwang: „Entweder Banken bieten ihren Kunden eine Handelsmöglichkeit im Kryptobereich und generieren dadurch zusätzliche Einnahmen, oder sie verlieren diese Kunden an einen Konkurrenten, der ihnen eine Handelsmöglichkeit für Bitcoin und Co anbietet.“
Tatsächlich entwickelt sich die Nachfrage auch weltweit stark. Es wird in den Nahen Osten expandiert. Man eröffnete einen Standort in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten und will von dort aus den Schritt in die MENA-Region wagen. Noch trägt das Brokergeschäfte deutlich mehr zum Umsatz von Bitpanda bei. „Aber das Ziel ist natürlich, dass sich das umkehrt. Im Bereich der Technology Solutions liegt das große Potenzial“, erklärt Demuth die Strategie.
Doch zunächst startet das Unternehmen mit Bitpanda Web3 noch eine Blockchain-basierte Innovation im Broker-Bereich. Sie besteht aus zwei Hauptfunktionen: einer Smart Wallet, also einer digitalen Geldbörse zum Aufbewahren von Coins, und einem Launchpad, einem zentralen Ort, an dem man alle Apps -sehen und schnell öffnen kann.
Bitpanda-Technology-Solutions-CEO Enzersdorfer-Konrad erklärt: „Web3 macht die Blockchain-Technologie für jeden zugänglich – einfach, sicher und leicht verständlich. Wir sind überzeugt, dass die Zukunft des Internets onchain aufgebaut sein wird. Doch ähnlich wie bei Krypto in den frühen Tagen ist der Zugang heute komplex.“ Onchain bezieht sich auf die Verarbeitung von Daten in einer Blockchain. Dabei werden etwa Transaktionen von Kryptowährungen sofort in der Blockchain aufgezeichnet, wodurch sie schwer zu manipulieren sind.
Politik
Sorge, dass Bitpanda wieder einmal mit zu schneller Expansion in die Krise schlittert, hat Demuth diesmal nicht. Im Gegenteil: „Erstmals gibt es keine Roadblocker für Krypto mehr.“ Tatsächlich scheinen die Hindernisse, unter denen die Kryptobranche jahrelang litt, plötzlich wie weggeblasen. Anfang 2024 hat die US-Börsenaufsicht SEC den ersten ETF mit Bitcoin zugelassen. Die großen Vermögensverwalter wie BlackRock oder Fidelity stürzten sich auf die neue Chance, ihren Kunden das Investieren in die für sie noch unvertraute, aber lohnend wirkende Assetklasse zu ermöglichen. Der Kurs explodierte.
Und dann kam Trump. Der neue US-Präsident will eine strategische Reserve in Bitcoin anlegen. Demuth euphorisch: „Die größte Finanzmacht der Welt sagt jetzt nicht nur, wir sind offener für Bitcoin, sie sagt sogar, dass Krypto eine der zentralen Punkte unserer Wirtschafts- und Finanzpolitik sein wird.“
Anders sieht Demuth die Situation in Europa – wobei es ihm nicht explizit um das Umfeld für Krypto geht. Vor allem in Deutschland, dem Motor Europas, vermisst er eine vorwärtsgewandte Politik. Der Sponsor von europäischen Topclubs wie AC Mailand oder Bayern München zieht einen Vergleich: „In Deutschland herrscht nur mehr reaktive Politik. Bayern München würde sich nie auf Erfolgen ausruhen, sondern immer weiter neue Strategien entwickeln. In Deutschland hingegen herrscht Stillstand.“
Um das zu ändern, hat Demuth insgesamt 1,75 Millionen Euro an die Parteien der Mitte gespendet. Aber eben nicht nur, um die Chancen für Krypto in Deutschland zu verbessern, sondern um das Land weiterzubringen. Die AfD hat zwar als einzige Partei in Deutschland die Stärkung von Bitcoin in ihrem Programm. Von Bitpanda erhielt sie aber nichts.
Das gesamte Ranking der 100 besten Start-ups Österreich lesen Sie in der aktuellen trend.PREMIUM-Ausgabe vom 7. Februar 2025.
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