Petia Niederländer hat anstrengende Jahre vor sich: Bis 2027 muss die OeNB-Direktorin Konsumenten und Banken vom digitalen Euro überzeugen.
©OeNBPetia Niederländer, Direktorin der Hauptabteilung Zahlungsverkehr der OeNB und damit die für Einführung des digitalen Euro zuständige Direktorin der Nationalbank, im trend. Interview über das Monsterprojekt.
Wozu braucht man den digitalen Euro überhaupt? Es gibt Bankomat-, Kreditkarten, Apple Pay, Bargeld etc. Warum ein weiteres Zahlungsmittel?
Der digitale Euro ist eine Weiterentwicklung des Bargelds. Er soll kostenlos sein und überall angenommen werden. So können europäische Konsumenten überall im Euroraum mit dem gleichen Zahlungsmittel zahlen. Alle Zahlungsmittel, die erwähnt wurden, werden bloß regional akzeptiert. Unsere österreichischen Zahlungsmittel funktionieren gut bei Billa oder Spar, aber online nicht so gut. Und nur die Hälfte der österreichischen Bevölkerung hat eine Kreditkarte. Wir beobachten eine Fragmentierung in Europa, aber kein einziges europäisches elektronisches Zahlungsmittel wird im gesamten Euroraum und noch dazu kostenfrei angenommen.
Das Bargeld wird überall angenommen und kostet nichts. Also ist der digitale Euro doch in erster Linie eine Alternative zum Bargeld?
Es ist eine Ergänzung für den digitalen Raum, wo das Bargeld nicht hinreicht. Das Onlineticket für die Fähre in Griechenland kann man nicht mit Bargeld bezahlen. Aber wir als Notenbank stehen selbstverständlich hinter dem Bargeld. Nur braucht es im digitalen Raum eine digitale Ergänzung durch ein weiteres öffentliches Zahlungsmittel, mit dem alle überall kostenfrei bezahlen können.
Der digitale Euro wird immer als kostengünstige Zahlungsvariante angepriesen. Was genau heißt denn das?
Kosten für die Menschen soll es jedenfalls – vergleichbar mit Bargeld – keine geben. Die Kosten für die Herausgabe und das Settlement des digitalen Euros ist die Aufgabe des Eurosystems, also der EZB und der Notenbanken und wird nicht weiterverrechnet. Die Kosten, die bei der Verteilung durch die Banken entstehen, müssen abgegolten werden, weil die Banken zu Recht sagen, dass sie diese nicht tragen können. Deswegen wird es Händlergebühren geben, die gedeckelt sein sollen.
Welche Rolle werden die Geschäftsbanken im System des digitalen Euro spielen?
Sie werden als einzige für die Distribution des digitalen Euro verantwortlich sein. Die Kunden- und Kontenbeziehung verbleibt bei den Banken.
Es soll ja auch Halte- und Transaktionslimits für den digitalen Euro geben ...
Ja, Haltelimits sind sinnvoll, weil wir wollen, dass die Banken liquide bleiben. Keine Bank soll dadurch gefährdet werden. Transaktionslimits sind aktuell nicht geplant. Sie können also Transaktionen in beliebiger Höhe durchführen. Wenn man z. B. 50 Euro im Wallet hat und etwas um 150 Euro bezahlen will, kann das – wenn mit einem Bankkonto verbunden – gegengerechnet werden.
Also braucht man ein Konto für den digitalen Euro?
Nur wenn die Transaktion das verfügbare Guthaben überschreitet.
Kann ich mir eine App für den digitalen Euro auch anonym runterladen?
Nein, die Bank muss ihre Kunden kennen. Ich bin überzeugt, dass der digitale Euro ein hohes Maß an Privatheit bietet, aber ganz anonym ist er nicht.
Was genau ist da der Unterschied?
Zum Zeitpunkt der Eröffnung der App oder der Geldbörse muss der Bank – nicht der EZB – der Kunde bekannt sein. Danach sind die Zahlungen privat. Das heißt, Zahlungsdaten werden nicht an Zentralbanken weitergegeben. Die Daten des Zahlenden werden bei der Offlinezahlung nicht weitergegeben. Das geht niemanden etwas an. Das ist bei den jetzigen elektronischen Zahlungsmitteln anders. Wir sehen das als wesentliche Verbesserung.
Interview aus trend. PREMIUM vom 8.9.2023