Elektro-Autos machen auch an der Börse eine gute Figur.
©Getty Images/iStockphotoDie Krise und der Preiskampf in China setzen den großen E-Auto-Herstellern zu. Doch Anbieter aus der zweiten Reihe setzen zum Überholen an.
Der Börsengang des vietnamesischen Elektroautobauers Vinfast Mitte August an der Nasdaq brachte eine kleine Sensation. Am Ende des ersten Handelstages wurde das Unternehmen mit 85 Milliarden US-Dollar bewertet – ein Traumwert für ein Unternehmen, das in den USA bislang nur 137 Autos verkauft hat. Die Traditionsmarke Ford ist an der Börse gerade einmal 48 Milliarden US-Dollar wert und erzielte 2022 einen Gewinn von 10,4 Milliarden US-Dollar. Vinfast schreibt hingegen Verluste.
Aber an der Börse wird bekanntlich die Zukunft gehandelt. Sind Aktien von E-Autobauern also die großen Gewinnbringer von morgen? Laut Bloomberg waren Ende 2022 rund 27 Millionen Elektrofahrzeuge weltweit auf den Straßen unterwegs. Ende des Jahres werden es 40 Millionen sein. Das sind zwar nur drei Prozent des gesamten weltweiten Fahrzeugbestands. Aber ein großer Sprung von nur einem Prozent im Jahr 2020.
Das künftige Potenzial für E-Auto-Aktien ist also groß. Doch die Bloomberg- Analysten mahnen zumindest für die nahe Zukunft zur Vorsicht. Die allgemeine Unsicherheit in der globalen Wirtschaftslage wird den Absatz der Stromer noch dämpfen. Eine Entwicklung, die sich auch in den Kursen der E-Autobauer widerspiegelt. Die Aktien der Pure Players, also jener Unternehmen, die nur E-Modelle im Programm haben, haben in den vergangenen zwölf Monaten deutlich verloren.
China, Zentrum der E-Mobilität
Doch es gibt noch andere Gründe, warum die Aktien der E-Autohersteller eher auf Talfahrt sind. China ist mit Abstand der größte Absatzmarkt für E-Autos. Fast ein Viertel des globalen Absatzes entfällt auf das Reich der Mitte. Dazu kommt, dass China die Subventionen für Elektroautos nun doch verlängert hat. Das neue Förderprogramm für Elektrofahrzeuge umfasst 520 Milliarden Yuan – umgerechnet gut 72 Milliarden US-Dollar, die über vier Jahre fließen sollen. Es handelt sich um das größte Förderprogramm für die Branche.
Dementsprechend hart ist der Markt umkämpft. Zwischen dem US-Anbieter Tesla und dem chinesischen Produzenten BYD tobt ein wilder Preiskampf. Senkt einer die Preise, geht der andere tiefer. Das wirkt sich auf die Margen aus – und die Gewinne. Doch Musk hat angekündigt, dass die Preisschlacht weitergeht. Er kann es sich leisten. Tesla erzielte 2022 einen Gewinn von 22 Milliarden US-Dollar. Bei BYD waren es hingegen nur umgerechnet 2,6 Milliarden US-Dollar.
Dennoch hat sich BYD zum Ziel gesetzt, auch im Heimmarkt Tesla klar auszustechen. Bis Ende des Jahres soll der Marktanteil von 30 auf 50 Prozent steigen. Und die Marke, deren drei Buchstaben für Build Your Dream stehen, hat nun auch die Europa-Offensive gestartet: Im Herbst werden erste Modelle auch nach Österreich geliefert, 2025 soll zumindest ein Produktionswerk in Europa eröffnet werden.
Bei den Analysten steht der Titel jedenfalls hoch im Kurs. Bis zum Jahr 2024 wird der Aktie im Schnitt ein Aufwärtspotenzial von 35 Prozent zugetraut. Gegenüber Tesla sind die Analysten nicht ganz so positiv gestimmt. Hier liegt das durchschnittliche Potenzial bei knapp zehn Prozent. Nur einer scheint dem Hype um BYD nicht ganz zu trauen: Warren Buffett. Er verkauft seit Längerem immer wieder größere Pakete von BYD-Aktien. Vielleicht aber auch nur, um Kasse zu machen. Buffett stieg 2008 mit 230 Millionen US-Dollar bei BYD ein. Bis Mitte 2022 hat sich sein Investment auf rund zehn Milliarden US-Dollar vermehrt.
Europas E-Mobility-Strategien
Auch VW verfolgt eine massive E-Mobilität-Strategie. In Deutschland hat CEO Oliver Blume seinen Konkurrenten Elon Musk schon abgehängt. VW liegt hier erstmals vor Tesla auf Platz eins bei den verkauften Elektroautos. In China fahren die Wolfsburger hingegen BYD, Tesla, aber auch den kleineren Anbietern Nio oder Li Auto noch hinterher. Um die E-Fahrzeuge für die technologieaffinen chinesischen Käufer -Infotainment und Sprachsteuerung bei vielen Funktionen im Auto gelten als Standard - attraktiver zu machen, geht VW nun eine Partnerschaft mit dem in diesen Bereichen bereits sehr fortgeschrittenen chinesischen Anbieter Xpeng ein. Und am europäischen Markt will man mit Preisen ab 20.000 Euro für Elektro-Modelle weiter wachsen.
Die E-Mobilitätsstrategie des seit einem Jahr im Amt befindlichen VW-Chefs sowie die laufende Umstrukturierung des Konzerns bescheren der Aktie nach einer längeren Talfahrt großes Potenzial. Das KGV liegt mittlerweile nur mehr bei 3,7, und das durchschnittliche Kursziel der Analysten sieht für die weltweite Nummer vier der Elektroautoanbieter fast 40 Prozent Luft nach oben.
Gleich dahinter folgen BMW und Mercedes im globalen E-Fahrzeug-Verkauf. Und hier hat BMW an der Börse aktuell sehr gute Karten. Vom E-Mini über den BMW iX1 bis zum E-SUV iX M60 verfügen die Bayern mittlerweile über eine beträchtliche Palette an Elektro-Modellen. Und die Analysten geben der Aktie im Schnitt noch Chancen auf einen weiteren Anstieg um 15 bis 20 Prozent.
Aber die E-Musik spielt derzeit in China. Und daher sind für Anleger mit etwas Mut zum Risiko auch aufstrebende Marken aus dem Reich der Mitte wie Nio, XPeng oder Li Auto interessant. Von den Stromern aus der zweiten Reihe schiebt sich Li Auto immer stärker in den Fokus der Analysten. Das Unternehmen ist nach Tesla und BYD der einzige reine Hersteller von E-Autos, der Gewinne schreibt. Auch der Cashflow ist ausreichend groß, um einmal schlechtere Quartale wie das jüngste übertauchen zu können. Der auf SUVs spezialisierte Hersteller konnte seinen Absatz im letzten Quartal um über 100 Prozent auf knapp vier Milliarden US-Dollar steigern. Und die Marge liegt mit 20 Prozent deutlich über jenen von Nio oder XPeng. Gründer und CEO Li Xiang hat jedenfalls große Ziele. Vor Kurzem verkündete er, schon 2024 in China die Nummer eins im Premium-Segment seien zu wollen.
Artikel aus trend. PREMIUM vom 25.8.2023