Ein Arbeitsplatz mit gerechten Arbeitsbedingungen und einer fairen Entlohnung, die Vermeidung von Kinderarbeit, der allgemeine Zugang zu Bildung, eine funktionierende Gesundheitsvorsorge und eine divers-gerechte Gesellschaft: Was in Mitteleuropa fast schon selbstverständlich ist, das ist an anderen Orten der Welt oft leider noch eher die Ausnahme als die Regel.
Die ernüchternden Zahlen der International Labour Organisation (ILO) belegen, dass Kinderarbeit etwa immer noch weit verbreitetet Phänomen ist. Demnach waren im Jahr 2018 weltweit 152 Millionen Kinder von Kinderarbeit betroffen. Und es ist nicht so, dass es Kinderarbeit nur fernab in irgendwelchen Hinterhof-Firmen in Entwicklungsländern gäbe. Der ILO-Analyse zufolge waren im Jahr 2019 immer noch 2,3 Prozent der im MSCI All-Country World Index gelisteten Unternehmen mit Kontroversen rund um Kinderarbeit konfrontiert. Der Index umfasst Aktien der 3.000 größten börsengehandelten Unternehmen aus insgesamt 50 Ländern.
Die am stärksten betroffenen Sektoren unter den Unternehmen im MSCI AC World Index mit mindestens einer Kontroverse rund um Kinderarbeit sind die Nahrungsmittelindustrie und die Automobilindustrie mit jeweils 16 Prozent, gefolgt von der Tabak- und Hardware-Industrie mit jeweils elf Prozent und dem Einzelhandel (7%); siehe Grafik
Quelle: SCI ESG Research, Deutsche Bank AG. Stand: Dezember 2017
© Deutsche Bank AGFreilich hatten die Kinder in den seltensten Fällen in den im Index gelisteten Unternehmen selbst gearbeitet, sondern in Zulieferbetrieben entlang der globalen Lieferketten, wie die untenstehende Grafik zeigt. Doch das bedeutet nicht, dass sich die Unternehmen nicht der Verantwortung stellen müssen. Es liegt schließlich in ihrer Macht, auf Zulieferbetriebe einzuwirken, die Arbeitsbedingungen zu verändern oder andernfalls auf die weitere Zusammenarbeit zu verzichten und stattdessen andere Zulieferbetriebe zu beauftragen.
Die wichtigsten Kontroversen über Kinderarbeit, nach Lieferkette und Sektor
Die Macht der Investoren
Dasselbe Druckmittel haben Anleger und Investoren in der Hand, wenn sie Aktien eines Unternehmens kaufen. Als Teilhaber des jeweiligen Unternehmens haben die großen Investoren und institutionellen Anleger ein Mitspracherecht bei den Entscheidungen von Unternehmen und können einfordern, dass diese ihre Lieferketten frei von Kinderarbeit halten.
Die 2018 gegründete Investor Alliance for Human Rights vertritt etwa Investoren mit einem verwalteten Vermögen von über 2 Billionen US-Dollar und nutzt die Hebelwirkung der Investoren, um nachteilige Auswirkungen auf die Menschenrechte zu vermeiden.
Soziale Nachhaltigkeit – das ist der Oberbegriff, unter dem man die Bemühungen für eine fairere und gerechtere Welt zusammenfassen kann. Acht der 17 von den Vereinten Nationen definierten Social Development Goals (SDGs) fallen darunter. Keine Armut (Ziel 1); Kein Hunger (Ziel 2); Gesundheit und Wohlergehen (Ziel 3); Chancengleichheit und hochwertige Bildung (Ziel 4); Geschlechtergleichheit (Ziel 5); Bezahlbare und saubere Energie (Ziel 7); Gute Arbeit und Wirtschaftswachstum (Ziel 8) und Nachhaltige Städte und Gemeinden (Ziel 11).
Allerdings ist Soziale Nachhaltigkeit immer noch ein Begriff, den man selten in Zusammenhang mit Geldanlage hört. Nur 14 Prozent der von der Global Reporting Initiative (GRI) erstellten „sozialen“ Ratings richten sich an Investoren (Stand: Oktober 2020). Im Vergleich dazu haben 97 Prozent und 80 Prozent aller Governance-Ratings aller Umwelt-Ratings Investoren als primäre Zielgruppe. Für viele Investoren ist es noch neu, die sozialen Auswirkungen einer Investition zu berücksichtigen, auch wenn soziale Kennzahlen messbare finanzielle Auswirkungen auf Investitionen haben.
Social Bonds
Bisher ist das Universum der S-Anleihen (Social Bonds) auch noch viel kleiner als der Markt für „Grüne Anleihen“ (Green Bonds). Angaben der International Capital Market Association (ICMA) zufolge beliefen sich die im Jahr 2018 ausstehenden Social Bonds auf rund 50 Milliarden Euro, verglichen mit 599 Milliarden Euro für „grüne Anleihen“.
Ein Grund dafür ist vermutlich, dass soziale Themen ein ziemlich breites Spektrum abdecken: von Verbraucherrechten und Produktsicherheit über Arbeitnehmerrechte und Arbeitssicherheit, einschließlich Kinderarbeit und Sklavenarbeit; über breitere gesellschaftliche Aspekte, einschließlich Ungleichheit, soziale und finanzielle Eingliederung, und schließlich politische und geopolitische Fragen, die von Menschenrechten über Bestechung und Korruption reichen.
Dabei haben aber soziale Faktoren einen großen Einfluss auf viele Lieferketten. Um ein Unternehmen holistisch beurteilen zu können, sollte das „S“, die Soziale Nachhaltigkeit, daher ein wesentlicher Bestandteil der Risikoanalyse sein. Studien haben zudem gezeigt, dass die Einhaltung sozialer Richtlinien durch ein Unternehmen einen noch stärkeren Einfluss auf das Risikoprofil hat als die Umwelt- oder Governance-Kriterien. Sie ist ein Schlüssel für Verbesserungen und ein wichtiger Faktor für die Produktivität und Profitabilität von Unternehmen.