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Ken Fisher: Achten Sie auf echte Risiken!

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Ein Gastkommentar von Investorenlegende Ken Fisher über Pessimisten, die sich von Täuschungen verunsichern lassen. Realisten hingegen achten bei ihrer Veranlagung auf wirkliche Bedrohungen.

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TÄUSCHUNGEN. Risiko oder Täuschung? Pessimisten sehen unendlich viele Risiken, die den ATX und Aktien weltweit erschüttern könnten. Die Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine, weltweite Unsicherheit über Zinssenkungen, enorme Verschuldung von Industrieländern etc.

Nein! All das sind zahnlose, bekannte Täuschungen. Echte Bedrohungen für den Aktienmarkt sind ökonomisch immer groß und dabei gleichzeitig für lange Zeit unsichtbar – wie Tarnkappentorpedos. Einige habe ich letztes Jahr ausführlich erläutert. Glücklicherweise ist keiner eingeschlagen.

Noch nicht. Ich bin zwar optimistisch, aber einige altbekannte und neue Torpedos sollten wir im Auge behalten.

Darunter die im letzten Mai beschriebene heimliche Kreditverknappung durch rückläufiges Wachstum der globalen Kreditvergabe im Vergleich zur Inflation. In den USA ist sie in den zwölf Monaten bis März von 10,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf zwei Prozent gesunken und ist somit geringer als der US-Verbraucherpreisindex mit jährlich 3,5 Prozent. Das Kreditwachstum in der Eurozone stagniert weitgehend.

In Österreich lag das Kreditwachstum im Februar mit 0,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr deutlich unter der Inflationsrate von rund vier Prozent. Angesichts des weltweiten Inflationsrückgangs ist die gebremste Kreditvergabe nun offensichtlich und keine große Überraschung mehr.

RISIKEN. Welche verdeckten Risiken bestehen? Die US-Politik, insbesondere die Gesetzgebung. Durch die Pattsituation ist es aktuell kaum wahrscheinlich, dass 2024 größere Gesetze verabschiedet werden.

Aber 2025? Neu gewählte Präsidenten unterzeichnen gerne und fleißig neue Gesetze. Dadurch steigt das Risiko aus neuer Gesetzgebung. Dementsprechend gibt es deutlich höhere Schwankungen an den Märkten. Vorsicht!

Daneben könnten bei einer Wiederwahl des ehemaligen Präsidenten Trump Anleger, die ihn für wirtschaftsfreundlich halten, unter anderem wegen erwarteter Steuersenkungen übermütig werden. 2025 könnte dann die Enttäuschung folgen.

Geopolitik? Viele fürchten, dass Aktien von den Tragödien in der Ukraine und im Nahen Osten bedroht sind. Doch die Märkte haben beide Kriegsschauplätze bereits eingepreist, da die Lage seit Langem bekannt ist. Spannungen zwischen China und Taiwan? Das Kriegsrisiko hat abgenommen, da China ein ähnliches Debakel wie jenes von Putin in der Ukraine fürchtet.

Tarnkappentorpedos sollte man im Auge behalten.

Ken FisherInvestmentberater

Noch immer drohen Gefahren durch das Atomwaffenarsenal von China, Indien und Pakistan. Ein Abflauen der Spannungen wird verhindert durch alte Grenzscharmützel, religiöse und kulturelle Gegensätze und konkurrierende Wirtschaft und Politik.

Die politische Unsicherheit in Pakistan ist nach wie vor groß, nachdem die neue Regierung die Partei des kürzlich inhaftierten ehemaligen Premierministers Imran Khan blockiert hat, obwohl sie bei den Wahlen im Februar gewonnen hatte. Der Berufungsantrag von Khan, der Pakistan weiter destabilisieren könnte, läuft noch.

China? Das Land kann angesichts der zunehmenden Restriktionen von Präsident Xi nicht schnell wachsen.

Indien ist verärgert, weil es den Osten gegen den Westen ausspielen will, und schmollt, weil Pakistan von China bevorzugt wird. China will die Fortschritte Indiens bremsen, da Initiativen wie der Ausbau der Himalaja-Infrastruktur durch Premier Modi aus Sicht Chinas territoriale Ansprüche verletzen.

Die Aussichten auf einen Krieg sind nicht hoch, aber auch nicht zu vernachlässigen.

Regulatorische Risiken? Noch gibt es keine neuen Kryptoregeln, die zulasten anderer Vermögenswerte gehen. Nach dem grünen Licht für Bitcoin-ETFs in den USA droht allerdings weitere Regulierung. Die EU-MiCA-Verordnung, die durch Kryptomakler wie Bitpanda in Wien unterstützt wird, sollte aufmerksam beobachtet werden.

Beobachten Sie auch die KI-Regulierung. Regeln in diesem Bereich könnten Innovation und Wachstum behindern. Der EU-AI-Act scheint für die führenden Technologiekonzerne verkraftbar. Aber die Leitprinzipien des „Hiroshima-KI-Prozesses“ der G7 können sich noch als Flop erweisen.

FAZIT. Bleiben Sie optimistisch, aber achten Sie auf versteckte Risiken – nicht auf die nächste Hiobsbotschaft aus Israel, vom Iran oder von der Inflation, sondern auf unbemerkte Bedrohungen in den nächsten drei bis 30 Monaten. Das sind potenzielle Risiken, die in Aktienkursen nicht eingepreist sind. Noch nicht!

Der Gastkommentar ist trend. PREMIUM vom 24. Mai 2024 entnommen.
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