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Koste KI, was sie wolle

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Die großen Tech-Konzerne NVIDIA, META, ALPHABET und MICROSOFT investieren Milliarden in immer bessere Plattformen für künstliche Intelligenz. Ein wild umkämpftes Rennen um die Vorherrschaft bei KI.

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Als Netflix im Jahr 1999 an den Start ging, dauerte es ganze 3,5 Jahre, bis der Streamingdienst eine Million User vermelden konnte. Ab 2004 konnte man bei Facebook Freunde sammeln und Likes vergeben. Die Social-Media-Plattform hatte schon nach zehn Monaten die magische Zahl von einer Million User erreicht. Ende 2022 verblüffte dann ChatGPT die Welt mit der Möglichkeit, künstliche Intelligenz zu nutzen. Und der KI-Dienst für alle hatte bereits nach gezählten fünf Tagen eine Million Benutzer.

Dass künstliche Intelligenz rasant in unser Leben dringt, es stark verändern wird, vor allem in der Arbeitswelt, ist mittlerweile klar. Und dadurch hat sich KI auch zum wichtigsten Treiber für die Kurse an den Börsen entwickelt.

Doch zuletzt ist die gigantische Rallye, die den Spitzenwerten im Bereich der künstlichen Intelligenz Kurszuwächse von 100 Prozent und mehr in einem Jahr gebracht hat, ins Stocken geraten. Selbst der Superstar Nvidia musste Abschläge von zehn Prozent hinnehmen.

Ist der KI-Boom so rasch, wie er gekommen ist, auch wieder zu Ende?

Nein, sind Analysten rund um die Welt überzeugt. „Die Kurse werden nicht mehr so rasant steigen wie im vergangenen Jahr“, meint etwa Bernhard Ruttenstorfer, Manager des Erste Stock Techno der Erste Asset Management Gesellschaft, „aber das Thema künstliche Intelligenz wird weiterhin für rund 50 Prozent der Kursgewinne an den Börsen verantwortlich sein.“

Ruttenstorfer zählt zu den Topexperten im Technologiesegment. Sein Fonds rangiert im Vergleich mit internationalen Technologiefonds im absoluten Spitzenbereich (siehe Tabelle).

Auch JPMorgan schreibt in einer aktuellen Studie, dass es noch zu früh sei, vom KI-Bereich auf andere Aktiensegmente umzusteigen. Die Empfehlung argumentiert die Investmentbank damit, dass die aktuellen Gewinnprognosen die sehr hohen Bewertungen bei den KI-Titeln durchaus rechtfertigen würden.

Hohe Investitionen

Was Investoren zuletzt zu Gewinnmitnahmen bei KI-Aktien bewogen hat, waren die hohen Investitionen, die für den Einsatz und die Entwicklung der neuen Technologie notwendig sind. Künstliche Intelligenz zu entwickeln und einzusetzen ist teuer.

KI-Chips kosten Zehntausende US-Dollar je Halbleiter. Die großen Player investieren daher jeweils Milliardensummen, um die schnellsten Supercomputer für das Training ihrer KI-Systeme zur Verfügung zu haben.

Meta-Boss Mark Zuckerberg etwa hat angekündigt, in diesem Jahr 45 Milliarden US-Dollar zu investieren, um beim Thema KI zu den Konkurrenten aufzuschließen. Das hat nicht nur den eigenen Kurs abrutschen lassen, sondern auch Aktien von anderen Tech-Firmen.

Auch die von KI-Platzhirsch Nvidia. Das Unternehmen hat im März seine neue Blackwell-Computerplattform vorgestellt, die laut CEO Jensen Huang „der Antrieb einer neuen industriellen Revolution“ durch KI werden soll. Das System ist beim Anlernen von künstlicher Intelligenz viermal leistungsstärker als die aktuelle Generation von Nvidia. Für die Entwicklung hat Nvidia aber zehn Milliarden US-Dollar in die Hand genommen.

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Experten kritisierten die hohen Kosten und es kam zum Abverkauf der Aktie. Eine möglicherweise vorschnelle Reaktion. In einem Bericht von „Barron’s“ zu dem Titel sehen 39 von 41 Analysten die Aktie als klaren Kauf. Gerade weil das Blackwell-System Treiber für ein zweistelliges jährliches Wachstum sein dürfte – und das bis Ende 2025. Das durchschnittliche Kurspotenzial von Nvidia liegt daher jenseits der 1.000 US-Dollar-Marke.

Die Google-Mutter Alphabet investierte allein im vergangenen Quartal zwölf Milliarden US-Dollar. CEO Sundar Pichai sagte: „Wir sind entschlossen, die Investitionen zu tätigen, die erforderlich sind, um unsere technische Infrastruktur auf dem neuesten Stand zu halten.“

Auch bei Microsoft steigen die Investitionen, von 11,5 Milliarden US-Dollar auf 14 Milliarden US-Dollar. Damit liegen sie fast eine Milliarde US-Dollar über den Analystenschätzungen. „Die Kundennachfrage nach KI steigt weiter an“, erklärte Microsoft-CEO Satya Nadella, „wir stellen also sicher, dass wir unsere verfügbare Kapazität entsprechend anpassen können.“

KI-Anwendung

Nach den jüngsten Quartalszahlen der großen Tech-Konzerne zeigt sich immer mehr, dass sich die gigantischen Investitionen in künstliche Intelligenz sehr wohl monetarisieren lassen. Der Umsatz von Alphabet stieg im Jahresvergleich um 15 Prozent auf 80,5 Milliarden US-Dollar. Analysten hatten mit weniger gerechnet. Der Gewinn stieg auch deutlich stärker als erwartet auf 23,6 Milliarden US-Dollar – von gut 15 Milliarden US-Dollar ein Jahr zuvor.

Analysten sehen die guten Quartalszahlen als Beleg, dass sich die KI-Strategie ausgezahlt hat. Beim Thema KI hat der Konzern in den vergangenen Jahren nur experimentiert. Nun werden konkrete Produkte ausgerollt. So soll es etwa bei der Google-Suche KI-Übersichten auf der Hauptseite geben. Auch für Werbekunden werden zahlreiche KI-Werkzeuge zur Verfügung stehen. Damit lassen sich Kampagnen genauer auf einzelne Zielgruppen zuschneiden. Und Texte oder Bilder lassen sich per KI generieren. Über die Cloud-Tochter bietet Google seine KI-Modelle zudem Firmenkunden an, die sie für ihre eigenen Zwecke einsetzen können.

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Auch Microsoft übertraf die Umsatzund Gewinnerwartungen der Analysten für das vergangene Quartal. CEO Nadella baut immer mehr Möglichkeiten zur KI-Nutzung in eigene Produkte ein, etwa in die Suchmaschine Bing und das Office-Paket Microsoft 365. Die Umsätze der Plattform Azure, auf der unter anderem der Textroboter ChatGPT läuft, stiegen um 31 Prozent auf 26,7 Milliarden US-Dollar. Die 13-Milliarden-Investition in den ChatGPT-Erfinder OpenAI hat sich also gelohnt.

Wer sich nicht mit Milliardeninvestitionen einen Platz an der Spitze der KI-Entwickler schafft, gerät rasch ins Hintertreffen. So zählen etwa Apple und Tesla nicht mehr zu den Magnificent Seven, jenen Unternehmen, die mit ihrer Performance 2023 die US-Börsen am stärksten nach oben getragen haben.

Doch andere KI-Aktien drängen nach. Sie haben zwar noch nicht die Marktkapitalisierung von Alphabet oder Microsoft, aber ihre Performance zeigt steil nach oben. Der KI-Server-Spezialist Supermicro etwa stieg seit Jahresbeginn um 950 Prozent, musste einen guten Teil des Gewinns wieder abgeben, liegt aber immer noch mit 540 Prozent im Plus. Auch Micron Technology, das spezielle Chips für komplexe KI-Anwendungen herstellt, zählt zu den neuen High Flyern. Die Aktie stieg in einem Jahr um 120 Prozent, wurde dann aber auch vom allgemeinen Tech-Sell-off vor wenigen Wochen erfasst.

Der neue alte Börsenstar ist aber Dell. Der Computer- und KI-Server-Spezialist legte in einem Jahr um 200 Prozent zu und hält sich trotz des jüngsten Rückgangs mit einem Plus von 180 Prozent noch immer erstaunlich stabil.

Künstliche Intelligenz wird also weiterhin der stärkste Treiber an den Börsen bleiben. „Der Markt steht immer noch am Anfang des KI-Wettrennens“, meint Tech-Aktien-Experte Ruttenstorfer. Wer es am Ende gewinnen wird, lässt sich daher kaum sagen. Aber frühe Investitionen zahlen sich auf lange Sicht aus.

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Der Artikel ist trend. PREMIUM vom 10. Mai 2024 entnommen.
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