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Kreditderivate als Teil der Anlagestrategie: Eine Einführung

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©Elke Mayr
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Kreditderivate sind ein komplexes, aber essenzielles Instrument im modernen Finanzwesen. Sie ermöglichen es Investoren, Kreditrisiken zu steuern, zu diversifizieren und abzusichern, ohne den zugrunde liegenden Kredit tatsächlich zu besitzen.

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Was sind Kreditderivate

Bekannt wurde das Kreditderivat Credit Default Swaps, kurz CDS, während der Finanzkrise 2008. Der amerikanische Hegefondsmanager John Paulson nutzte es, um den Subprime-Hypothekenmarkt zu shorten. Paulsons Wette ging als „der größte Trade aller Zeiten" in die Geschichte ein. Er verdiente über 15 Milliarden Dollar mit der Transaktion. Nur wenige andere Investoren wie Michael Burry erkannten die Immobilienblase und verdienten sich ebenfalls eine goldene Nase. Thematisiert wurde ihr Vorgehen in dem Film „The Big Short“.

Der Wert eines Kreditderivates hängt von der Kreditwürdigkeit eines Schuldners ab. Die Finanzinstrumente ermöglichen es den Marktteilnehmern, das Kreditrisiko zu übertragen, zu diversifizieren oder zu managen - ohne den zugrunde liegenden Kredit kaufen zu müssen. Der Wert des CDS hängt letztendlich von der Wahrscheinlichkeit eines Kreditausfalls ab.

Haupttypen von Kreditderivaten (Quelle https://de.wikipedia.org/wiki/Kreditderivat)

  1. Credit Default Swaps (CDS): Hierbei zahlt der Käufer regelmäßige Prämien an den Verkäufer. Im Gegenzug verpflichtet sich der Verkäufer, einen vorher festgelegten Betrag zu zahlen, falls der Schuldner ausfällt.

  2. Total Return Swaps (TRS): Diese Optionen ermöglichen es den Parteien, die Rendite eines Vermögenswerts gegen feste oder variable Zahlungen zu tauschen.

  3. Credit Spread Options (CSO): Sie geben Käufern die Möglichkeit, auf die Veränderung des Kreditspreads eines bestimmten Schuldners zu spekulieren.

  4. Collateralized Debt Obligations (CDO): Sie bündeln verschiedene Kredite und verkaufen die daraus resultierenden Cashflows an Investoren. 

Die Rolle von Kreditderivaten im Investmentportfolio: Diskussion über den Einsatz von Kreditderivaten zur Diversifikation und Risikosteuerung

Kreditderivate können eine Rolle in einem Investmentportfolio spielen, insbesondere wenn es darum geht, Risiken zu steuern und die Streuung zu verbessern. Sie sind flexibel und bieten zusätzliche Möglichkeiten zur Ertragsoptimierung, erfordern jedoch ein tiefes Verständnis der Risiken. Durch ihren Einsatz können Investoren in Märkte gehen, die schwer zugänglich sind wie z.B. Schwellenländer oder spezifische Branchen. Kreditderivate sind außerdem eine zusätzliche Liquiditätsquelle, weil sie oft schneller und einfacher gehandelt werden können als die zugrunde liegenden Kredite.

Haupttypen von Kreditderivaten

Credit Default Swaps (CDS)

Mit Hilfe von CDS sichern sich Marktteilnehmer gegen das Ausfallrisiko eines Kreditnehmers ab. Es erfordert einen Vertrag zwischen zwei Parteien, bei dem der Sicherungsnehmer (Käufer) dem Sicherungsgeber (Verkäufer) regelmäßige Prämien zahlt. Im Gegenzug verpflichtet sich der Sicherungsgeber, im Falle eines Kreditereignisses wie etwa eines Kreditausfalls, einen Ausgleich zu zahlen. CDS sind anders ausgedrückt eine Art Versicherung auf Anleihen oder Kredite.

CDS werden häufig von Banken und Finanzinstituten genutzt, um sich gegen das Ausfallrisiko von Krediten und Anleihen abzusichern. So werden Hypotheken zu Paketen gebündelt. Investoren können CDS auch für Spekulationen nutzen, um von Veränderungen der Kreditwürdigkeit eines Referenzschuldners zu profitieren. Andere nutzen CDS wiederum, um Arbitragemöglichkeiten auszuschöpfen.

Der CDS bezieht sich auf einen bestimmten Kreditnehmer oder eine Anleihe, den sogenannten Referenzschuldner. Die Laufzeit wird vertraglich festgelegt und kann mehrere Jahre umfassen.

In der Praxis sieht das so: Sie besitzen eine Anleihe im Wert von 1 Million Euro, die 5 % jährliche Zinsen zahlt. Wenn Sie befürchten, dass Sie Ihr Kapital bei Fälligkeit nicht zurückbekommen, oder wenn Sie der Meinung sind, dass Sie es sich leisten können, einen kleinen Teil der 5 % Zinsen, die Sie erhalten, aufzugeben, können Sie einen CDS gegen die Anleihe kaufen. Sie zahlen einen Bruchteil der 5 % Zinsen an den CDS-Emittenten, so dass Sie wahrscheinlich Nettozinseinnahmen von etwa 4 bis 4,5 % erhalten. Sofern die Anleihe ausfällt, können Sie einen Anspruch auf den CDS geltend machen und Ihr Kapital bis zum Nennwert der Anleihe zurückbekommen.

Was Paulson und Burry taten, war einfach, den CDS zu kaufen und die Hypotheken nie zu kaufen. So 'verkauften' sie die Anleihen im Short, indem sie nie die große Vorauszahlung für das Hypothekenkapital leisteten, sondern nur Prämien für das Halten des Swaps zahlten und dann darauf wetteten, dass sie das Kapital bei tatsächlichen Ausfall der Hypothek erhalten würden. Paulson kaufte also CDS in Milliardenhöhe und musste dafür Millionen an Prämien bezahlen, während er auf den Ausfall wartete.

Nach der Finanzkrise von 2008 gab es viele Debatten darüber, ob es fair war, dass Spekulanten wie Paulson oder Burry CDS kauften, ohne die zugrunde liegenden Wertpapiere tatsächlich zu besitzen. Bis Ende 2006 und Anfang 2008 erreichte der spekulative Markt für CDS, CDO usw. einen Höhepunkt, mit Billionen von Dollar an ausstehenden Wetten, Gegenwetten und Nebenwetten, die von unzähligen Hedgefonds, emittierenden Banken und anderen Spekulanten abgeschlossen wurden. Es war eine enorme Zahl an Wetten, die wie ein Spinnennetz verwoben war, das die Finanzbranche im Jahr 2008 zerstörte. Washington musste die Finanzbranche schließlich mit Geldspritzen und Staatsgarantien vor dem Kollaps bewahren.

Total Return Swaps und Credit Linked Notes

Ein Total Return Swap (TRS) ist ein Swap-Vertrag. Hierbei zahlt eine Partei (der Total Return Zahler) basierend auf einem festen oder variablen Zinssatz, während die andere Partei (der Total Return Empfänger) Zahlungen basierend auf der Rendite eines zugrunde liegenden Assets erhält . Die Gesamtrendite schließt sowohl die Erträge, die der Vermögenswert erhält, als auch mögliche Kapitalgewinne ein.

Als Basis dient ein Vermögenswert wie beispielsweise ein Aktienindex, Anleihenportfolio oder Kredit. Der Total Return Empfänger profitiert von der Wertsteigerung und den Erträgen des Vermögenswerts, ohne ihn tatsächlich besitzen zu müssen. Der Total Return Zahler erhält im Gegenzug eine feste Zahlung und überträgt das Marktrisiko auf den Empfänger.

Finanzinstitute nutzen TRS, um das Risiko von Assets zu steuern, ohne sie verkaufen zu müssen. Anleger nutzen TRS, um von der Entwicklung eines Assets zu partizipieren, ohne ihn direkt kaufen zu müssen.

Eine Credit Linked Note (CLN) ist ein Finanzinstrument, das es dem Emittenten ermöglicht, spezifische Kreditrisiken auf Kreditinvestoren zu übertragen. Tritt ein definiertes Kreditereignis wie ein Zahlungsausfall ein, wird der Nominalwert der Note angepasst bzw. nicht vollständig zurückgezahlt. CLNs werden durch spezielle Zweckvehikel oder einen Trust erstellt und sind dann mit AAA-bewerteten Wertpapieren besichert.

Emittenten nutzen CLNs, um sich gegen das Risiko eines Kreditereignisses abzusichern. Investoren nutzen sie, um eine höhere Rendite im Vergleich zu traditionellen Anleihen zu erhalten, weil sie das Kreditrisiko übernahmen.

Hedgefonds wie der britische The Children's Investment Fund (TCI) haben TRS genutzt, um Offenlegungspflichten zu umgehen. So hat TCI gemeinsam mit dem Hedgefonds 3G mehr als fünf Prozent am Eisenbahnkonzern CSX Corp erworben und dabei teilweise Total Return Swaps genutzt. Aufgrund der Swaps gab TCI die Beteiligung nicht bekannt. Ein US-Bezirksgericht untersagte jedoch TCI weitere Verstöße gegen die SEC-Offenlegungspflichten.

Hedging mit Kreditderivaten

Hedging zielt darauf ab, das Risiko von Verlusten durch unerwartete Preisbewegungen zu minimieren. Kreditderivate wie CDS, TRS und CLN bieten Wege zur Absicherung gegen Kreditrisiken. CDS sichern Zahlungsausfälle ab und TRS helfen dabei, Marktrisiken zu übertragen. Mit CLN können Emittenten spezifische Kreditrisiken transferieren. Mit diesen Derivaten lässt sich ein Portfolio diversifizieren und gleichzeitig eine höhere Rendite erzielen. 

Die Vorteile des Hedgings mit Kreditderivaten sind zusammenfassend das Risikomanagement (Absicherung gegen Kreditrisiken und Minimierung möglicher Verluste), die Ertragsoptimierung und die Flexibilität, sich an neuen Strategien auszurichten.

Spekulative Strategien

Kreditderivate haben aber auch Risiken. So kann ein Kreditereignis eintreten, was einen erheblichen Verlust zur Folge haben kann. Die Märkte können sich verändern und damit die Preise von Kreditderivaten stark beeinflussen, was zu unvorhersehbaren Verlusten führen kann. Und Kreditderivate können illiquide werden, was bedeutet, dass ein Anleger Schwierigkeiten haben kann, einen Position schnell zu verkaufen. Der Einsatz von Hebelwirkungen kann die Gewinne potenzieren, aber auch die Verluste erheblich vergrößern.

Während Kreditderivate attraktive Möglichkeiten für spekulative Strategien bieten, sind sie auch mit erheblichen Risiken verbunden. Investoren sollten diese Risiken sorgfältig abwägen und sicherstellen, dass sie über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen verfügen, bevor sie spekulative Positionen eingehen.

Risiken und Herausforderungen bei Kreditderivaten

Kreditderivate sind komplexe Instrumente, die erhebliche Risiken mit sich bringen. Marktrisiken beziehen sich auf die potenziellen Verluste, die durch Veränderungen der Marktbedingungen entstehen können. Zu diesen Risiken gehört das Zinsänderungsrisiko. So kann ein Anstieg der Zinsen den Wert von Anleihen verringern und damit auch den Wert von Kreditderivaten. Ferner besteht ein Liquiditätsrisiko, wenn es schwierig wird, eine Position zu einem fairen Preis zu kaufen oder zu verkaufen. In Krisenzeiten kann die Liquidität für Kreditderivate stark abnehmen. Schließlich besteht ein Währungsrisiko, wenn Kreditderivate in einer Fremdwährung gehandelt werden.

Gegenparteirisiken, auch Kontrahentenrisiken genannt, beziehen sich auf das Risiko, dass die Gegenpartei eines Derivatgeschäfts ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt. Dies kann verschiedene Ursachen haben. So kann die Gegenpartei in eine Schieflage geraten. In vernetzten Finanzmärkten kann der Ausfall einer großen Partei eine Kettenreaktion auslösen. Es besteht zudem das Risiko, dass sich rechtliche oder regulatorische Rahmenbedingungen ändern.

Komplexität und Transparenz

Kreditderivate sind bekannt für ihre Komplexität und die damit verbundenen Herausforderungen in Bezug auf Transparenz und Verständlichkeit. Diese Komplexität ergibt sich aus der Struktur und den Mechanismen. Die Bewertung und Preisfindung erfordert fortgeschrittene mathematische Modell und ein tiefes Verständnis. Es gibt ein ganzes Bündel an Produkten und jedes hat eigene spezifische Merkmale und Risiken.

Ein großes Problem ist, dass nicht alle Marktteilnehmer Zugang zu den gleichen Informationen haben, was zu einer ungleichen Verteilung des Wissens führt. Nach der Finanzkrise von 2008 haben  Regierungen strenge Vorschriften eingeführt, um die Transparenz zu erhöhen und Insolvenzrisiken von Marktteilnehmern zu reduzieren. Dazu gehört die Durchführung von Stresstests.

Regulatorische Aspekte und Marktüberblick

Die regulatorischen Rahmenbedingungen für Kreditderivate haben sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt, insbesondere nach der Finanzkrise von 2008. Hier sind einige der wichtigsten regulatorischen Entwicklungen:

  1. Dodd-Frank Act (USA): Das Gesetz wurde 2010 in den USA eingeführt, um die Finanzmärkte zu stabilisieren und Transparenz zu erhöhen. Eine der wichtigsten Bestimmungen betrifft die Verpflichtung, dass die meisten Derivate über zentrale Gegenparteien (CCPs) abgewickelt werden müssen.

  2. European Market Infrastructure Regulation (EMIR): In der EU regelt die EMIR die Anforderungen an das Clearing, die Meldung und das Risikomanagement von OTC-Derivaten. Ziel ist eine höhere Transparenz und ein reduzierter Systemausfall.

  3. Basel III und IV: Das internationale Regelwerk, das der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht entwickelt hat, sorgt für strenge Kapitalanforderungen und Risikomanagementstandards für die Banken. Ziel ist es, Banken widerstandsfähig zu machen und das Risiko von Finanzkrisen zu verringern, u.a. durch strikte Eigenkapitalanforderungen.

  4. MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive II): Diese EU-Richtlinie zielt darauf ab, die Transparenz und den Anlegerschutz zu verbessern. Sie umfasst auch Meldung und Offenlegungspflichten von Geschäften mit Derivaten.

Der Markt für Kreditderivate wächst seit Jahren. Trotz der regulatorischen Herausforderungen nimmt das Handelsvolumen kontinuierlich zu. Dies geht auf die zunehmende Nutzung dieser Instrumente zur Risikosteuerung und Absicherung sowie Spekulation zurück. Die Verwendung von standardisierten Verträgen, wie denen der International Swaps and Derivatives Association (ISDA), erhöhten die Transparenz und Effizienz. Fortschritte in der Technologie, insbesondere in den Bereichen Blockchain und Fintech, werden den Handel weiter erhöhen und zu mehr Transparenz führen.

Aktuelle Marktrends und Entwicklungen

Zu den Trends gehört das steigende Handelsvolumen trotz regulatorischer Herausforderungen. Derivate werden mehr denn je zur Risikosteuerung und Absicherung genutzt. Durch standardisierte Verträge erhöht sich die Transparenz. Dazu hat die International Swaps and Derivatives Association (ISDA) beigetragen.

Es gibt daneben eine zunehmende Nachfrage nach nachhaltigen Finanzprodukten einschließlich Green Loans und nachhaltigen Loans (sogenannte SLLs). Neue Kundengruppen werden erschlossen, die bisher nicht im Fokus der Banken standen. Ständig werden neue Kreditderivate entwickelt, um die unterschiedlichen Bedürfnisse abzudecken.

Fallbeispiele und Anwendungsstrategien

Ein großer multinationaler Konzern nutzt Kreditderivate, um sich gegen das Ausfallrisiko eines wichtigen Geschäftspartners abzusichern. Durch den Einsatz von CDS kann der Konzern das Risiko eines Zahlungsausfalls transferieren und somit seine eigene Stabilität sichern. Allerdings kostet der Hedge Geld.

Ein Investmentfonds setzt Kreditderivate ein, um sein Portfolio zu diversifizieren und das Risiko zu minimieren. Durch CDOs investierte der Fonds in mehrere Kreditinstrumente und verteilte so das Risiko auf mehrere Schuldner.

Ein Hedgefonds nutzt Kreditderivate, um auf die Verschlechterung der Kreditwürdigkeit eines Unternehmens zu spekulieren. Durch den Verkauf von CDS profitierte der Fonds von steigenden Risikoprämien, was deutliche Erträge einbrachte.

Expertenmeinungen und Best Practices

Kreditderivate sind mächtige Werkzeuge, die sowohl zur Absicherung als auch zur Spekulation genutzt werden. Hier sind einige Einblicke und Ratschläge von Finanzexperten sowie Best Practices für den effektiven Einsatz von Kreditderivaten. Experten raten dazu, eine tiefe Kenntnis der Kreditmärkte zu haben. Dies sei wichtig, um fundierte Entscheidungen treffen zu können und vor bösen Überraschungen geschützt zu sein. Experten raten ferner, die regulatorischen Anforderungen einzuhalten, was bedeutet, sich über die aktuellen. Vorschriften und Best Practices zu informieren. 

Zu den Best Practices gehört eine ausreichende Diversifikation. Durch die Streuung auf verschiedene Kreditderivate und Schuldner lässt sich das Gesamtrisiko reduzieren. Eine sorgfältige Dokumentation und Transparenz sind bei solchen Transaktionen unerlässlich. So lassen sich Missverständnisse vermeiden. Die stetige Überwachung der Kreditderivate ist ratsam, um frühzeitig auf Veränderungen reagieren zu können. Regelmäßige Schulungen und Weiterbildungen können dafür sorgen, dass das Personal über die neuesten Entwicklungen informiert ist.

InvestBörse

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