Vor allem im gehobenen Einzelhandel wie bei Galeries Lafayette (im Bild) nehmen Luxusartikel einen hohen Stellenwert ein.
©Myr Muratet 2018 Libre de droitsMarkenbezeichnungen wie L’Oréal, Ferrari, Louis Vuitton, Dior oder Gucci sind ein Vermögen wert. Luxusaktien profitieren vom Image prominenter Namen. Die jüngsten Zinssenkungen sollten das zuletzt müde Geschäft wieder beflügeln.
Es gibt Dinge, die braucht eigentlich kein Mensch, dennoch sind sie heiß begehrt: schnelle Autos, schicke Markenbekleidung, hochkomplizierte mechanische Uhren, kostbarer Schmuck, teure Parfüms – Luxusartikel, die als Statussymbole zwar überschaubaren Alltagsnutzen, aber hohen emotionalen Wert repräsentieren. Einige Dutzend Unternehmen weltweit beliefern die Reichen und Schönen und jene, die dafür gehalten werden wollen.
Die Luxusbranche ist ein globales Business, und Marken wie Ferrari, Louis Vuitton, L’Oréal, Baume & Mercier glänzen längst nicht mehr nur in Industrieländern, vielmehr faszinieren sie auch die neuen Millionäre der Schwellenländer. Zwar bescherte die jüngste Vergangenheit dem Glanz-&-Glamour-Business einige trübere Tage, doch der Strahlkraft der Nobelmarken tut das keinen Abbruch – und auch nicht der Attraktivität der Unternehmen, die hinter den Marken stehen: Vergangenes Jahr belief sich der weltweite Umsatz mit Luxusgütern laut dem deutschen Statistik-Portal Statista auf 362 Milliarden Euro. Das waren zwar nur um 3,6 Prozent mehr als im Jahr davor, doch das Jahr 2022 brachte eine Steigerung um beachtliche 20,3 Prozent. Einen Einbruch gab es nur während der Pandemie 2020, als die Verkäufe auf 220 Milliarden Euro einbrachen.
Doch was zählt eigentlich zum Luxussektor? Die zitierte Statistik subsumiert hier Uhren und Schmuck, Kosmetikartikel, Haute Couture, Schuhe und Accessoires. Der Branchenindex enthält zudem Luxusautos. Luxusreisen und Jachten fallen zwar nicht in die statistische Definition des Marktes für Luxuskonsumgüter, werden aber ebenfalls im entsprechenden Index berücksichtigt. Unter den Produktgruppen generieren allein Haute Couture und Schuhe mehr als ein Viertel des gesamten Marktvolumens.
„Luxusgüter sind traditionell ein relativ defensiver Sektor, der sich in einem rezessiven Umfeld als widerstandsfähiger erweist und in den letzten Jahren vom starken Wachstum der chinesischen Mittelschicht und der wohlhabenden Verbraucher weltweit profitiert hat“, unterstreicht Tzoulianna Leventi, Fondsmanagerin des Global Small & Mid Cap SDG Horizons Equity Fund (ISIN: LU0728928796) des britischen Vermögensverwalters abrdn, die Bedeutung der Branche. Unter den Top-Ten-Holdings des Fonds findet sich etwa auch das italienische Haute-Couture-Unternehmen Brunello Cuccinelli.
Problemzone China
Doch ausgerechnet der wichtige Wachstumsmarkt, China, sorgte in jüngerer Vergangenheit für Sorgenfalten bei den Managern der Luxusmarken. So meldete Branchenriese Louis Vuitton Moët Hennessy (LVMH) für das dritte Quartal einen Umsatzrückgang in der Region Asien ohne Japan um 16 Prozent, verglichen mit dem Vorjahresquartal. Im Jahr 2021 war die Region Asien ohne Japan noch für 35 Prozent des Gesamtumsatzes von LVMH verantwortlich. Dieser Anteil ist mittlerweile um sechs Prozent gesunken. Die Verlangsamung des chinesischen Wirtschaftswachstums und die chinesische Immobilienkrise drücken auf die Kauffreude der Oberschicht.
Diese Beobachtung hat auch Flavio Cereda, Leiter des Fondsmanagement bei GAM Investments, anlässlich eines Besuchs in Hongkong und Schanghai gemacht. „Hongkong trug 2016 und 2017 noch neun Prozent zu den globalen Ausgaben für Luxusgüter bei. Ich schätze, dass es noch etwa zwei Prozent sind. Das entsprich einem Rückgang von 23 Milliarden auf acht Milliarden Dollar.“ Die Zielgruppe für Luxuskäufe, vorwiegend wohlhabende Inländer, erweisen sich zunehmend als mobil und verbringen ihre Urlaube im Ausland. „Im August 2024 gab es verglichen mit August 2023 in der Mehrheit der Geschäfte Umsatzrückgänge mit einem signifikanten Umsatzeinbruch bei Schmuck, Uhren und wertvollen Geschenken“, so Cereda, der das Einzelhandels-Minus auf 24 Prozent beziffert.
Zinsenhoffnung
Am Chart des europäischen Branchenleaders LVMH lässt sich das gut ablesen: Vom Jahreshöchststand 867,10 im März dieses Jahres stürzte die Aktie Mitte September auf 594,90 ab. Doch danach ging es wieder bergauf. Den Treibstoff für die Kurserholung, die auch andere Luxusaktien beflügelte, lieferten die chinesische Zentralbank und das chinesische Finanzministerium. Mit einer deutlichen Zinssenkung versucht die Peoples Bank of China, der lahmenden chinesischen Wirtschaft auf die Sprünge zu helfen, und Finanzminister Lan Fo’an kündigte weitreichende Maßnahmen zur Konjunkturbelebung an.
Nach den Kursverlusten sind zahlreiche Luxusaktien trotz der jüngsten Erholung immer noch deutlich billiger zu haben als zu Jahresbeginn, und deren renommierte Marken haben nichts an Glanz verloren. So bewerten Analysten den Wert aller unter LVMH versammelten Marken laut Statista auf 129,86 Milliarden US-Dollar, was rund 40 Prozent des Börsenwertes entspricht.
Zu den emsigsten Dividendenzahlern gehört die Luxusbranche zwar nicht, doch eine verlässliche Dividendenkontinuität zählt zu den Stärken der Luxusaktien. Diese bilden ein wichtiges Segment an der Pariser Börse. Essilor Luxottica, Hermès, Kering, L’Oréal und LVMH finden sich im Pariser Leitindex CAC 40.
Luxusindex
Die durchschnittliche Performance der wichtigsten Luxusaktien ist am S&P-Global-Luxury-Index abzulesen, einem Index aus dem Bereich der Nicht-Basis-Konsumgüter. Unter den Top-Ten-Positionen finden sich neben „echten“ Luxusmarken wie Ferrari, L’Oréal, Richemont und LVMH auch Getränkehersteller Diageo sowie Tesla und Mercedes, die auch Produkte abseits des Luxussegments anbieten. Abgebildet wird dieser Index durch einen börsengehandelten passiven Fonds, den vom
französischen Vermögensverwalter aufgelegten Amundi-S&P-Global-Luxury-UCITS-ETF (ISIN: LU1681048630 für die Euro-Variante). Anleger, die einen aktiv gemanagten Fonds bevorzugen, finden im GAM Luxury Brands Equity (ISIN: LU0329429384) das passende Angebot. Der Fonds investiert mindestens zwei Drittel seines Vermögens in führende Luxusmarken. Über die vergangenen zehn Jahre erzielte das Management eine durchschnittliche Jahresperformance von 7,75 Prozent.
Platzhirsch in diesem Segment ist der von Bernard Arnault, dem laut „Forbes“-Liste mit einem Vermögen von 173,3 Milliarden Dollar fünftreichsten Mann der Welt, geführte Konzern LVMH, unter dessen Dach 75 Marken um die Gunst der betuchten Käuferschaft ringen. Zu den prominentesten zählen Glenmorangie und Ardbeg Whisky, die Champagnermarken Moët & Chandon, Krug und Veuve Cliquot, Spitzen-Weißwein-Chateau d’Yquem, Bvlgari Parfum, der Juwelier Tiffany, Louis Vuitton sowie Cognac Hennessy.
Eine Fülle von Luxusmarken vereint die französische Kering-Gruppe in ihrer Holding. Zu ihr zählen Gucci, Saint Laurent, Bottega Veneta, Balenciaga, die Juwelierkette Boucheron und der Parfüm-Hersteller Creed. Mit einer Dividendenrendite von 3,7 Prozent (Schätzung für 2025) zählt das Papier zwar zu den Luxusaktien mit der höchsten Dividendenrendite, doch ein Verfahren wegen angeblicher Steuerhinterziehung in Milliardenhöhe belastet den Kurs und sorgt für Unsicherheit.
Mit einem Markenwert von 93,68 Milliarden Euro nimmt Hermès in dieser Kategorie hinter LVMH den zweiten Platz ein. Hermès wurde 1837 als Hersteller von Zaumzeug und Sätteln für Pferde gegründet, heute finden sich in der Produktpalette Lederwaren, Luxustextilien, Parfüms, Schuhe (Marke John Lobb), Taschen – und als Reminiszenz an das ursprüngliche Geschäftsmodell immer noch maßgeschneiderte Sättel. Mehr als ein Fünftel des Hermès-Grundkapitals befindet sich im Besitz des LVMH-Konzerns, was zu gröberer Verstimmtheit der Gründerfamilie führte, die dahinter den Versuch einer feindlichen Übernahme vermutete und daraufhin die im Besitz von rund 50 Familienmitgliedern befindlichen Aktien in einer Holding bündelte. Mit einem Stimmrechtsanteil von 50,2 Prozent ist Hermes gegen eine Übernahme abgesichert.
Trotz der jüngsten Turbulenzen bleiben ausgewählte Luxusaktien interessant: „In einem diversifizierten Portfolio würde ich etablierte Luxusgüterunternehmen des oberen Marktsegments bevorzugen, da sie von einer höheren Widerstandsfähigkeit und stabilen Margen profitieren, die relativ immun gegen Inflationsdruck sind“, rät abrdn-Fondsmanagerin Leventi: „High-End-Luxus richtet sich nicht an den gelegentlichen Käufer, sondern an den oberen Teil der Verbraucherpyramide, der häufig kauft und sich unter seinesgleichen zu Hause fühlen möchte.“
Dieser Artikel ist der trend.INVEST-Ausgabe vom November 2024 entnommen.