Gewinne auf Kosten von Umwelt und zukünftigen Lebenschancen zu erzielen - das ist schon lange kein gutes Geschäftsmodell mehr. Seit Nachhaltigkeitsziele in den Fokus von Investoren gerückt sind, bestimmen sie zunehmend die Akzeptanz von Unternehmen bei Anlegern. Steigender CO2-Ausstoß, hoher Ressourcenverbrauch, miserable Arbeitsbedingungen bei Zulieferern - alles Faktoren, die den Börsenkurs kräftig nach unten drücken können.
Zahlreiche Unternehmen haben darauf reagiert und konkrete Nachhaltigkeitszeile in ihrer Strategie verankert – auch, weil sie sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sind. Die Fondsgesellschaft Amundi drückt bei der Transformation der Wirtschaft Richtung Nachhaltigkeit jetzt aufs Tempo: der größte europäische Asset Manager - und führende Anbieter für verantwortungsvolles Investieren -, hat gerade seinen neuen Sozial- und Klimaaktionsplan 2022-2025 präsentiert. Dieser sieht unter anderem die Einführung eines neuen Umwelt-Ratings vor, das die Anstrengungen von Unternehmen bei der Dekarbonisierung des operationellen Geschäfts und der Entwicklung nachhaltiger Aktivitäten bewertet. Unternehmen, die hier besonders gut abschneiden, werden in den Portfolios der Fondsgesellschaft übergewichtet. Damit sollen Unternehmen ermutigt werden, den ökologischen Wandel rascher voranzutreiben. Das Rating hat Auswirkungen auf ein Volumen von 400 Milliarden Euro in aktiv verwalteten offenen Fonds von Amundi.
Weitere konkrete Maßnahmen sind unter anderen:
- In allen Anlageklassen sollen offene Fonds mit dem Anlageziel „Net Zero 2050“ angeboten werden.
- Ein Anlagevolumen von 20 Milliarden Euro soll gezielt in Impact-Fonds investiert werden, die in Unternehmen investieren, die einen positiven Beitrag zur ökologischen oder sozialen Performance anstreben.
- Bei passiven Fonds ist eine Quote von 40 Prozent ESG-Produkten das Ziel.
- Unternehmen, die mehr als 30 Prozent ihrer Aktivitäten im Bereich der unkonventionellen Öl- und Gasförderung erwirtschaften, werden aus den Fonds ausgeschlossen.
- Mit „Alto Sustainability“ wird ein Technologie-Analyse-Tool entwickelt, das Investoren bei der Entscheidungsfindung hinsichtlich des ökologischen und sozialen Impacts ihres Portfolios unterstützt.
Innovativ ist auch Amundis Entscheidung, zukünftig einen Teil der Boni der leitenden Angestellten an das Erreichen von ESG-Zielen zu binden. Zudem werden konkrete ESG-Ziele für alle Portfoliomanager und Vertriebsmitarbeiter festgelegt.
Gewinn ist nicht mehr alles
In Sachen Boni-Regelung gehört Amundi zu den Vorreitern. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Willis Towers Watson haben gerade einmal rund elf Prozent der 350 größten europäischen Unternehmen die Boni ihrer Top-Leute an eine Verringerung der CO2-Emissionen gekoppelt. Dabei sehen Experten darin einen besonders wirkungsvollen Hebel. „Die Integration von ESG-Kriterien in Vergütungssysteme entfacht eine potenzielle Hebelwirkung für die Nachhaltigkeit eines Unternehmens“, ist Martina Wengle, Senior Analystin bei der Schweizer Nachhaltigkeits-Ratingagentur Inrate überzeugt.
Für manchen Experten ist das nur ein Anfang. Volker Brühl vom Center für Financial Studies an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main fordert, bei der Aufnahme von Unternehmen in den deutschen Leitindex DAX ESG-Kriterien stärker zu berücksichtigen. „Es wäre sinnvoll, wenn künftig jedes DAX-Unternehmen ein bestimmtes ESG-Risikopotenzial – gemessen durch einen ‚ESG-Risk-Score‘ – nicht überschreiten darf“, so Brühl. Die Umsetzung dieser Idee hätte harte Konsequenzen: Einige namhafte Konzerne würden aus dem DAX fliegen. Brühl steht dennoch zu seinem Vorschlag: „Denn eine Neugestaltung wichtiger Aktienindizes kann einen Beitrag dazu leisten, dass mehr Kapital in nachhaltig wirtschaftende Unternehmen und Sektoren fließt.“