Seit über einem Jahr hält die Corona-Pandemie die Welt in Atem. Und während die Menschheit das Ende der Pandemie herbeisehnt und die Rückkehr zur Normalität das größte erklärte Ziel ist, konnte sich die Natur in der gleichen Zeit vom umweltschädigenden Verhalten der Menschen ein wenig erholen und ihrerseits ein paar Schritte zurück in Richtung Normalität machen: In der Zeit der Lockdowns und Verkehrsbeschränkungen sind viele Stadt- und Naturgebiete wieder aufgeblüht.
Die Pandemie hat drängende ökologische Problemen wie den Klimanotstand oder die Bedrohung der Artenvielfalt vielleicht noch stärker in unser Bewusstsein gerückt und gleichzeitig der Natur eine Atempause verschafft. Der britischen Website carbonbrief.org zufolge sind die globalen CO2-Emissionen im Corona-Jahr so stark zurückgegangen wie nie zuvor. Die Internationale Energie Agentur IEA rechnet mit einem Rückgang der CO2-Emissionen um acht Prozent gegenüber 2019.
Für das erklärte Ziel einer Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad Celsius bis zum Jahr 2100 wird das dennoch nicht ausreichen. Dafür wäre jährlich eine Reduzierung in ähnlicher Größenordnung – um 7,6 Prozent – erforderlich.
Anleger als Game-Changer
Doch genau das Gegenteil könnte eintreten, wenn die Politik als Folge der Covid-19-Krise den Kampf gegen den Klimawandel zurückstellt und Investitionen in Klimaprojekte reduziert. „Seit dem Ausbruch von Covid-19 spielen Anleger daher eine noch wichtigere Rolle bei der Finanzierung solcher Projekte“, betont Caroline Le Meaux, Head of ESG Research, Voting und Engagement bei Amundi. Die Anleger können das Zünglein an der Waage dafür sein, in welche Richtung sich die Klimapolitik nach der Pandemie entwickelt.
In einem positiven Szenario verstärken Regierungen und Unternehmen ihre Bemühungen um Nachhaltigkeit; in einem ebenfalls denkbaren negativen Szenario rückt der Klimawandel in den Hintergrund. Bleibt es beim Status quo, dann würden nur wenige Unternehmen auf ein nachhaltigeres Geschäftsmodell umstellen Langfristig würde auch das zu steigenden Emissionen führen.
Soziale und gesellschaftliche Verantwortung
Die Pandemie hat jedoch viele weitere Probleme aufgezeigt und das Bewusstsein dafür verstärkt, etwa Themen wie Arbeitnehmerrechte, Ungleichheit oder die Problematik der globalen Lieferketten. In ihren Engagements mit Unternehmen drängen Anleger daher inzwischen deutlicher auf Veränderungen.
„Themen wie der Klimawandel und auch das Thema Biodiversität werden auch in Zukunft ganz oben auf der Agenda stehen – schließlich sind miteinander verknüpft –, doch ich gehe davon aus, dass soziale Fragen durch die Pandemie an Bedeutung gewinnen“, betont Le Meaux.
Gerechte Arbeit, gerechter Lohn
Auch Großaktionäre bewerten Arbeitnehmerrechte inzwischen neu und denken darüber nach, wie Unternehmen ihre Interessengruppen zukünftig besser schützen können. Sie engagieren sich auch für Richtlinien, die Mindestleistungen gewährleisten und Ungleichheiten zwischen Beschäftigten abbauen.
Le Meaux: „Amundi hat – als Repräsentant der Anleger, die ihr Geld in Fonds investieren – im Rahmen des Engagements bei Unternehmen verschiedene Themen zum Abbau von Ungleichheiten zusammengefasst: Zugang zu gesundheitlicher Versorgung, gesunde Ernährung, Arbeitnehmerrechte und existenzsichernde Löhne. Diese Themen tragen zur Umsetzung mehrerer nachhaltiger Entwicklungsziele der Vereinten Nationen bei: Abschaffung von Armut und Hunger, Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden sowie menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum.“
Ein besonders kritischer Punkt seien die existenzsichernden Löhne, die bei Weitem noch nicht die nötige Aufmerksamkeit bekommen. Le Meaux: „Amundi ermutigt daher Unternehmen zur Entwicklung von Richtlinien, um Ungleichheiten zu beseitigen und sicherzustellen, dass jeder Mitarbeiter mit dem gleichen Respekt behandelt wird.