NFT
©Elke MayrNFTs, oder Non-Fungible-Tokens, sind der letzte Schrei im Krypto-Universum. Rund um die fälschungssicheren, digitalen Eigentumszertifikate ist ein regelrechter Hype entstanden. Was hinter den NFTs steckt.
Digitale Kunst: Krypto-Art-NFTs
Der 11. März 2021 war für die Auktionatoren des Londoner Auktionshauses Christie's ein denkwürdiger Tag. An diesem Tag endete die Online-Auktion für das digitale Kunstwerk "Everydays -The First 5000 Days" des US-Künstlers und Grafikdesigners Mike Winkelmann, besser bekannt unter seinem Künstlernamen "Beeple". Als die Auktion geschlossen wurde stand das Höchstgebot dafür bei 42.329,453 Ether - einer Kryptowährung. Zum Auktionsschluss hatten die Krypto-Coins umgerechnet einen Wert von 69.346.250 US-Dollar - über 69 Millionen Dollar.
Nicht nur den Auktionatoren, auch den rund 22 Millionen Menschen, die die Auktion online in den Schlussminuten beobachteten, blieb der Mund vor Staunen offen. 69 Millionen Dollar für ein digitales Kunstwerk - eine 319 MB große Datei, die aus 5.000 einzelnen Fotos zusammengestoppelt war, die Beeple seit dem Jahr 2007 Tag für Tag auf seinen Account der Social Media Pattform Tumblr (beeple.tumblr.com) hochgeladen hatte - das war mit Abstand der höchste Preis, der bisher für ein NFT-Token eines digitalen Kunstwerks gezahlt worden war.
Zum Vergleich: Der NFT-Token für Beeples "Crossroads", ein zehn Sekunden langes Video, in dem ein nackter, mit Wahl-Slogans beschmierter Donald Trump am Boden liegend als Verlierer der US-Präsidentenwahl 2020 zu sehen ist (siehe unten), war erst wenige Wochen davor, im Februar 2021 um 6,6 Millionen US-Dollar versteigert worden.
Was hatte den Käufer Vignesh Sundaresan, der sich selbst als Unternehmer, Coder und Angel-Investor in Bitcoin Technologie bezeichnet, dazu gebracht, über 66 Millionen Dollar für ein digitales Kunstwerk auszugeben?
Non-Fungible-Token: eindeutig und unersetzbar
Eine Erklärung dafür ist der Hype, der im letzten Jahr um Non-Fungible-Token oder NFT-Token entstanden ist. Bei einem solchen Token handelt es sich um eine Art digitale Besitzurkunde, ein kryptographisch generiertes, unteilbares und nicht austauschbares Zertifikat, das dessen Besitzer in einer Blockchain - einer digitalen Verifizierungskette - eindeutig als Eigentümer des jeweiligen Assets ausweist.
Über einen NFT kann grundsätzlich nur dessen Eigentümer verfügen. Dies ist die Person, deren Wallet der NFT in der Blockchain zugeordnet ist und die den zum NFT zugehörigen Schlüssel, den einzigartigen Private Key hat.
Und jeder NFT ist einzigartig. Im Gegensatz zu Bargeld oder Kryptowährungen. Eine Ein-Euromünze kann gegen jede andere Ein-Euromünze getauscht. Ein Bitcoin gegen jeden anderen Bitcoin. Für den Inhaber macht das keinen Unterschied. Ein NFT hingegen ist ein spezifisches Unikat - wie eben auch ein Gemälde oder ein Grundstück.
Das prädestiniert die NFTs als Eigentumsnachweis für einzigartige Objekte, digitale Kunstwerke - wie eben auch Beeples Werk "Everydays", Musik oder auch Objekte in Computerspielen. Das NFT-Token enthält dabei aber nicht die Datei selbst, sondern nur einen Verweis, etwa eine URL zum Speicherort der damit verknüpften Datei. Ist man beispielsweise Inhaber eines gewissen Krypto-Art-NFTs, hat man damit stets den Nachweis, dass man der tatsächliche Eigentümer dieses Kunstwerks ist und gleichzeitig auch die Gewissheit, dass es sich dabei um ein Original und nicht um eine Fälschung handelt.
Aber wovon ist man mit einer solchen NFT-Besitzurkunde tastächlich Eigentümer? Im Grunde von nur von einem lediglich im virtuellen Raum - also nicht real existierenden Ding. Weshalb Kritiker wie der Autor, Schauspieler und YouTube-Star Dan Olson ("Folding Ideas") NFTs auch als ähnliche Blasen sehen wie die toxischen Immobilien-Investment-Bonds, die 2008 in den USA die Immobilienkrise und damit die Weltwirtschaftskrise ausgelöst haben; siehe das folgende Video.
NFTs im Metaverse
Ein Grund für den grassierenden Hype um diese NFTs ist im "Metaverse" zu finden. Jenem digitalen Parallel-Universum, das Facebook-Gründer und CEO Mark Zuckerberg dabei ist aufzubauen. Eine digitale Welt, in der sich die Benutzer ihre Umgebung so einrichten können, wie ihnen das in der Realität vielleicht nie möglich wäre. Mit eigenen Häusern oder Wohnungen und in der realen Welt unerschwinglichen Luxusgegenständen. "Wie die Welt in der wir leben wird das Metaverse sehr real sein, mit vielen Details", versprach Zuckerberg, "man kann im Meta-Universum beinahe alles tun, was man sich vorstellen kann."
Zuckerbergs Vision des "Metaverse" mag für viele verstörend und dystopisch sein. Zuckerberg und mittlerweile eine ganze aufgesprungene Industrie erwarten sich davon jedoch Milliardengeschäfte. Gratis wird in dem Metaverse nämlich sehr wenig sein. Die Bewohner des Digital-Universums sollen dafür zahlen, und das vornehmlich mit der eigenen Krypto-Währung, dem "Diem", davor als "Libra" bekannt und dafür NFTs als digitale Besitzurkunden erhalten.
Zuckerberg ist dabei aber weder der erste noch der einzige, der eine solche digitale Parallelwelt aufbauen will. Es gibt bereits etliche weitere Digital-Welten und die Konkurrenz ist dem in "Meta" umbenannten Facebook-Konzern in vieler Hinsicht weit voraus, wie der Futurist und Social Entrepreneur Roger James Hamilton, Gründer der Genius Group, in dem folgenden Video erklärt. "Zuckerberg hat das Wettrennen bereits verloren", resümiert Hamilton: "Vier große Player haben Facebook bereit geschlagen und sind 1.000-mal größer als Facebook und Meta im Metaverse."
NFTs im Real-Universum
Es gibt auch sehr kreative Ideen, NFTs in der realen Welt als Urkunden und Besitznachweis einzusetzen. So wurde beispielsweise auf dem NFT-Marktplatz OpenSea bereits ein NFT mit einer Videosequenz einer kurzen Grundstücksbegehung angeboten. Der Käufer konnte mit dem NFT das im Video gezeigte Grundstück kaufen.
Für die Juristen Ronald Frankl und Peter Virtbauer von der Kanzlei Lansky, Ganzger, Goeth, Frankls & Partner ist es unstrittig, dass die Technik eines Tages den Erwerb und den Eigentumsnachweis erheblich vereinfachen kann. Gerade beim Immobilienkauf sehen sie dabei allerdings noch große Hürden - ganz davon abgesehen, dass Immobilien immer noch gerne real besichtigt werden. "In Österreich bedarf es für den Eigentumserwerb von Immobilien eines Notariatsakts und einer Grundbucheintragung. Das wird durch die bloße Übertragung eines NFTs nicht erfüllt", betonen die Juristen. Der Erwerb eines solchen NFTs könne daher höchstens eine Art Vorvertrag darstellen, mit dem etwa der Kaufpreis und der Vertragsgegenstand verbindlich festgelegt werden.
So werden in Österreich mit NFTs vorerst noch kleinere Brötchen verkauft. Oder Auch Krapfen gebacken. Die Werbeagentur Ogilvy hat mit dem Krypto-Kollektiv CryptoWiener ein NTFT für die Bäckerei Ströck kreiert. Das österreichische "Kulturgut Krapfen" damit "in der digitalen Welt verewigt".
Der Österreichische Fußballbund ÖFB hat etwa im Jänner eine vom Linzer Start-up AhoiKapptn! entwickelte NFT-Kollektion seiner A-Team-Stars vorgestellt, mit denen verschiedene exklusive Goodies verbunden sind, die Spieler und Fans näher zusammenbringen sollen.
Ein "Meet & Greet" mit einem A-Team-Spieler oder einer Spielerin beispielsweise oder ein exklusives Fußballtraining mit einem ÖFB-Trainer oder auch ein signiertes, bei einem Match getragenes Trikot des Spielers, dessen NFT man besitzt.
Hype oder Zukunft? Das bleibt aktuell noch die Kernfrage rund um NFTs. Aufgrund ihrer Einmaligkeit und Einzigartigkeit liegen die Einsatzbereiche von NFTs bisher noch in virtueller Kunst, virtuellen Sammlerstücken oder auch im Gaming-Bereich. Wie viel ein solcher Token wert sein kann und ob es sich lohnt, darin zu investieren, das muss jeder Interessierte für sich selbst beantworten. Auch, weil es immer eine Frage ist, wie lange denn der im NFT enthaltene Link zu der digitalen Besitzurkunde überhaupt aktiv ist. Es kann durchaus sein, dass er eines Tages verschwindet oder nicht mehr aufrufbar ist, und dann hat sich ein Investment schlichtweg in Nichts aufgelöst.