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Benko und Co.: Warum Privatstiftungen in Bedrängnis geraten

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Cattina Leitner, Präsidentin des Stiftungsverbands

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Seit Jahren erfahren ­Privatstiftungen rechtliche und steuerliche Schlechterstellungen. Auch unter der neuen Regierung dürfte das so weitergehen. Droht der Tod der Stiftung?

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Es sind nur drei Zeilen im neuen Regierungsprogramm, aber drei Zeilen, die heimische Stifter besonders schmerzen. Darin ist nämlich festgeschrieben, dass der Eingangssteuersatz für Stiftungen von 2,5 auf 3,5 Prozent erhöht werden soll, die Zwischensteuer von derzeit 23 auf 27,5 Prozent. Gerade einmal 20 Millionen Euro an Mehreinnahmen sollen dadurch für das Budget lukriert werden, schätzt das Finanzministerium. Für zwei Jahre, wohlgemerkt. Das werden sich die rund 10.000 österreichischen Stifter mit einem Gesamtvermögen zwischen 50 und 60 Milliarden Euro wohl leisten können, sollte man meinen. Doch sie laufen ­dagegen Sturm.

180-Grad-Wende

Es sind nicht die 20 Millionen Euro, die sie in Rage versetzen. „Die Stiftung ist langfristig und nachhaltig angelegt. Im Privatstiftungsgesetz ist sie mit einer Dauer von 100 Jahren konzipiert. Ein Rechtsträger, der diese Zwecke erfüllen soll, braucht ein stabiles rechtliches Umfeld“, erläutert Cattina Leitner, Präsidentin des Stiftungsverbands. „Alle steuerrechtlich attraktiven Stiftungsregeln wurden in den letzten 30 Jahren um 180 Grad gedreht“, beklagt Leitner, selbst Mitstifterin der Custos Privatstiftung.

Privatstiftungen wurden im Jahr 1993 von Finanzminister Ferdinand Lacina ins Leben gerufen, um die Abwanderung von Kapital aus Österreich zu verhindern beziehungsweise den Zuzug von Vermögen aus dem Ausland zu attraktivieren. Mittlerweile haben sie nur mehr wenig Reiz. Dies nicht nur, weil sukzessive diverse Steuern erhöht wurden, sondern auch weil sich die Gerichte bei der Ausgestaltung der Stifterrechte unflexibel zeigten. Speziell nach dem Tod von Stiftern kam es oft zum „Versteinern“ des ursprünglichen Willens, was bei in Privatstiftungen geparkten Unternehmen zu Problemen führte. Der Stiftungsverband schätzt, dass 65 Prozent des Vermögens heimischer Stiftungen Unternehmenswerte sind.

„Es ist schon einige Jahre her, dass ich die letzte Stiftung gegründet habe. Ich rate meinen Kunden auch davon ab“, erzählt Steuerberater Bernhard Vanas. Dafür kommt es immer häufiger zu Auflösungen. In den letzten 15 Jahren ist die Zahl der Privatstiftungen stark rückläufig. Seit 2023 ist sie unter die 3.000er-Marke gerutscht. „Die Erhöhung der Eingangssteuer wird das Budget nicht retten, aber die Signalwirkung ist verheerend“, beklagt Vanas.

Präsidentin Leitner vermutet, dass die neuen Rahmenbedingungen zur Abwanderung von Stiftern führen könnten: „Ich rechne damit, dass Stifter sich umschauen, wo es ein Habitat gibt, in dem ihr Vermögen entsprechend ihrer Intention besser aufgehoben ist.“ BDO-Experte Berndt Zinnöcker gibt ihr recht: „Ich bekomme sehr viele Anfragen zum Thema Wegzug oder zu liechtensteinischen Stiftungen.“ Wobei das aktuelle Regierungsprogramm der eine Tropfen sein könnte, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Mit Anfragen zu Liechtenstein hat auch Steuerberater Vanas bereits jetzt oft zu tun. „Wie viel Sorge um die Zukunft der österreichischen Stiftung muss jemand haben, dass er freiwillig mindestens fünf Prozent seines Vermögens opfert, nur um aus dem rechtlichen und steuerlichen Zwangskorsett in unserem Land zu entkommen?“, fragt er sich. Denn im Nachbarland liegt der Eingangssteuersatz mit fünf Prozent deutlich über dem in Österreich gültigen. Allerdings kam es dort zu keinen Gesetzesänderungen und der Stifter hat mehr Flexibilität und Diskretion als hierzulande.

Zinnöcker warnt vor einem Wegzug nicht nur der Stiftungen selbst, sondern auch der darunterliegenden Unternehmen: „Die Bereitschaft zu Investitionen in Österreich steigt sicher nicht, wenn die Entscheidungsträger in den Stiftungen irgendwo anders sitzen.“

Gescheitertes Lobbying

Schon oft versuchten Stifter, ihre Anliegen den jeweiligen Regierungen näherzubringen. Sowohl Ex-Finanzminister Hans Jörg Schelling als auch sein Nachfolger Hartwig Löger waren Adressaten intensiver Lobbyingaktivitäten von Cattina Leitner & Co. für eine stifterfreundliche Gesetzesreform. Doch die Bemühungen scheiterten jedes Mal. Auch in diesem Regierungsprogramm ist wieder nebulos von einer Stiftungsrechtsreform „im Hinblick auf die Sicherung einer funktionierenden Governance“ zu lesen.

Die Verbandspräsidentin zeigt sich „gesprächsbereit“. „Allen, die Regierungsverantwortung übernehmen, muss klar sein, welchen Wert Stiftungen für Österreich haben“, hofft sie.

Doch die Chance auf eine Reform in ihrem Sinne stand wahrscheinlich noch nie so schlecht wie jetzt. Was nicht nur daran liegt, dass mit Markus Marterbauer und Anna Sporrer zwei rote Minister für die Thematik zuständig sind. Hauptgrund dafür sind die bekannt gewordenen Vorgänge rund um die von René Benko errichteten Stiftungen, in die – so die Vermutung der Ermittler – widerrechtlich auch Investorengelder geflossen und Vermögenswerte verschoben worden sein sollen. „Der Fall Benko zeigt, was alles in österreichischen Stiftungen möglich ist“, meint der Innsbrucker Ökonom Andreas Exenberger. So ist es seiner Meinung nach „absurd“, dass Benkos Villa in Igls in einer GmbH steckt, die wiederum unter einer Stiftung hängt. Ein Versteckspiel der Sonderklasse. „Warum muss das so sein?“, fragt sich Exenberger, der mehr Transparenz fordert und kritisiert, dass Privatstiftungen in Österreich im Unterschied zu anderen Ländern vorwiegend eigennützige Zwecke erfüllen. Steuerliche Vorteile sollte es seiner Meinung nur für gemeinnützige Stiftungen geben.

Das Benko-Problem ist in den Augen von Leitner aber kein Stiftungsproblem: „Diese im Raum stehenden Vorwürfe sind nicht stiftungsspezifisch. Wenn das Recht mit Füßen getreten wird, dann ist nichts davor gefeit, missbraucht zu werden“, meint sie. Bernhard Vanas glaubt, dass die Missstände eher in den Gesellschaften darunter zu finden sind.

Dennoch hofft er, „dass die Stiftungen des Herrn Benko, soweit sie missbräuchlich verwendet wurden, mit den bestehenden rechtlichen Mitteln geknackt werden können. Sonst ist mit einer Flut von neuen Gesetzen zu rechnen, die der österreichischen Privatstiftung endgültig den Garaus machen.“

Der Artikel ist in der trend.EDITION vom 21. März 2025 erschienen.

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