Wie kann es nach dem Crash von Luna und massiven Kursverlusten von Bitcoin & Co mit Kryptowährungen weitergehen? Können sie weiter die Zukunft der Finanzwirtschaft sein? Alfred Taudes, Gründer des WU-Forschungsinstituts Kryptoökonomie, analysiert.
Der Absturz kam heftig und unerwartet: Der Kurs der Kryptowährung Luna, die im März noch eine Marktkapitalisierung von 27 Milliarden Euro hatte, stürzte ins Bodenlose. Von 87,15 $ am 4, Mai binnen einer Woche auf 0,00003 $. Viele Milliarden Euro gingen in wenigen Tagen für Investoren verloren.
Der Crash brachte die gesamte Kryptoszene in Aufruhr und riss die Kurse von Bitcoin und Ethereum mit. Der Bitcoin verlor gegenüber Jahresbeginn um mehr als die Hälfte seines Werts und fiel sogar unter die symbolisch wichtige Marke von 20.000 Dollar.
Die Kursentwicklung von Bitcoin hat den gesamten Sektor betroffen. Eine der Folgen: Das Wiener Finanzunternehmen Bitpanda, das vor allem als Handelsbörse für Kryptowährungen agiert, musste rund ein Viertel seiner Belegschaft entlassen.
Wenn die Party vorüber ist
Wie geht es weiter? Jetzt ist die Zeit, in der sich die Spreu vom Weizen trennen wird. Zuletzt waren nur noch das Spekulieren und die Gier nach raschen Gewinnen im Vordergrund gestanden.
Die meisten Investoren waren in den vergangenen beiden Jahren dazugekommen, weil man dank Unternehmen wie Bitpanda bequem und rasch investieren konnte. Der Großteil von ihnen dürfte mit ihren Investments nun aber im roten Bereich sein.
Viele Menschen haben sehr viel verloren, das ist natürlich schlimm. Dennoch bin ich sicher, dass Decentralised Finance – Finanzdienstleistungen über dezentrale Plattformen wie eine Blockchain – erst am Anfang stehen. Zumindest hat der Kursverlust nicht die Realwirtschaft beeinträchtigt.
Langfristig kann die Ernüchterung sogar etwas Gutes haben. Wenn die Spekulanten einmal draußen sind, kann man sich wieder auf Themen konzentrieren, die die Menschheit wirklich voranbringen – etwa die Bekämpfung der Ungleichheit. Dann geht es wieder vorrangig darum, was man mit der Technologie wirklich machen kann und es werden interessante Entwicklungen wie zuletzt NFTs forciert.
Das Comeback von Bitcoin und Ethereum
Bitcoin galt unter Investoren zuletzt schon als fad – nun stellt sich aber heraus, dass viele der neuen Kryptowährungen gar nicht dezentral agieren und zum Teil bedenklich, ja sogar gefährlich sein können. Das hat auch der Absturz von Luna gezeigt. Experten hatten bereits gewarnt, dass Luna nicht funktionieren kann. Wenn das Vertrauen einmal weg ist, kann so eine Kryptowährung implodieren.
Nun rücken die beiden größten Kryptowährungen, Bitcoin und Ethereum wieder in den Mittelpunkt. Die Hälfte der Marktkapitalisierung steckt in diesen beiden. Bitcoin ist eine Währung, mit der langfristig Vermögen verwaltet werden kann. Ethereum wurde für die Ausführung von Smart Contracs gebaut worden, etwa Bankdienstleistungen oder NFT-Kunst.
NFT-Kunst
Der NFT-Token für das Video "Crossroad" des Künstlers Beeple, ein zehn Sekunden langes Video, in dem ein nackter, mit Wahl-Slogans beschmierter Donald Trump am Boden liegend als Verlierer der US-Präsidentenwahl 2020 zu sehen ist, wurde im Februar 2021 um 6,6 Millionen US-Dollar versteigert.
Zuletzt hat die Bedeutung von Bitcoin sogar noch zugenommen. Bei Ethereum wiederum gibt es viele innovative Anwendungen und im Sommer soll die lange angekündigte Umstellung auf eine neue Methode namens Proof-of-Stake stattfinden, was radikale Reduzierung des Energieverbrauchs bedeuten würde. Damit wird Ethereum für eine Reihe anderer Anwendungen interessant. Derzeit sind die Alternativen zu Ethereum aus Gründen der Nachhaltigkeit und wegen niedrigerer Gebühren im Fokus. Nach der Umstellung werden viele zu Ethereum zurückkehren.
Eine Zukunft für Bitcoin als Währung?
Die Kursverluste von Bitcoin haben auch El Salvador wieder ins Rampenlicht gerückt: Das Land in Zentralamerika akzeptiert seit September diese Kryptowährung als gesetzliches Zahlungsmittel. El Salvador soll am Rande des Bankrotts stehen, doch die Regierung beruhigt.
Wir werden sehen, wie das Experiment El Salvador ausgeht. Man darf nicht vergessen, dass Länder wie El Salvador und die Zentralafrikanische Republik – die ebenfalls Bitcoin eingeführt hat – keine eigene Währung hatten. Das ist monetärer Kolonialismus und Bitcoin bietet eine Chance, da herauszukommen.