Ein neuer Report des Weltwirtschaftsforums geht der Frage nach „Wir werden 100 – Wie können wir uns das leisten?“
Das Problem illustrieren die Studienautoren des World Economic Forum (WEF) Report 2017 anhand der sechs größten Pensionssysteme der Welt. Das sind Australien, Kanada, Japan, Holland, Großbritannien und die USA. In all diesen Ländern liegt das durchschnittliche Pensionsalter bei 65 Jahren, in Japan, wo die Menschen am ältesten werden, liegt das Pensionsantrittsalter gar nur bei 60 Jahren. Deutschland gehört übrigens wegen der staatlichen umlagefinanzierten Rente nicht zu den Ländern mit den größten Pensionssystemen.
Die Aufwendungen für staatliche Pensionen haben sich in bereits in den vergangenen 60 Jahren deutlich erhöht. So konnten die Menschen in den 1960 Jahren in den USA nach Pensionsantritt im Schnitt noch knapp fünf Jahre ihre Pension genießen, in Japan waren es 7,7 Jahre und in Holland 8,1 Jahre.
Bereits 2015 leben die Menschen in diesen Ländern, und auch in vielen anderen auch , im Schnitt zwischen acht und elf Jahre länger. In Japan leben die Menschen sogar 16 Jahre länger als noch in den 60er Jahren. Mit erheblichen Auswirkungen auf die Finanzierung des Pensionssystems.
Pensionssystem muss drei Mal so viel leisten wie vor 60 Jahren
„Das bedeutet, dass die Pensionssysteme bereits heute zwei bis drei Mal so viel auszahlen müssen, als sie dafür ausgerichtet sind“, so die Studienautoren des WEF Reports. Für ihre Kalkulation haben die Autoren eine Alterssicherung angesetzt, die rund 70 Prozent des aktiven Einkommens beträgt.
Pensionslücke von Frauen schon heute bei 40 Prozent
Frauen trifft die Pensionslücke noch härter. Im Schnitt sind die Pensionen weltweit zwischen 30 bis 40 Prozent niedriger als jene von Männern. In Österreich wird das Pensionsalter für Frauen derzeit im Halbjahrestakt von derzeit 60 Jahren angehoben. In seinem vollen Ausmaß wird die schrittweise Anhebung des Pensionsantrittsalters für alle jene, die ab dem 2. Juni 1968 geboren sind, schlagend. Alle Frauen, die ab diesem Zeitpunkt geboren sind, haben dann ein Regelpensionsalter von 65 Jahren.
„Doch das Problem verschlimmert sich“, befinden die Studienautoren unmissverständlich in ihrem Report. Nicht nur dass die Menschen älter werden, in vielen der Länder stehen aufgrund der sinkenden Geburtenrate immer weniger Arbeitskräfte, die in das Pensionssystem einzahlen, zur Verfügung.
Andere Länder, wo sich die Wirtschaft noch stark entwickelt, also in Schwellenländern wie in China und Indien, steigt zwar die Geburtenrate, aber auch die Gehälter legen deutlich zu - und damit ebenso die Höhe der Pensionsverpflichtungen.
Prognostizierte Pensionslücke 2050 weltweit: 400 Billionen Dollar
Die Bilanz, die die Studienautoren ziehen ist verheerend. 2050 liegt demnach die prognostizierte Pensionslücke weltweit bei 400 Billionen Dollar. Damit sind die Verpflichtungen rund fünf Mal so hoch wie derzeit die gesamte Weltwirtschaft erzielt. Für die sechs Länder mit den größten Pensionssystemen beziffern die WEF-Autoren das durchschnittliche Rentendefizit pro Einwohner auf 300.000 Dollar.
USA und China am stärksten betroffen
Am größten wird laut Prognosen die Pensionslücke in den USA sein, die von heute 28 Billionen Dollar im Jahr 2015 auf 137 Billionen Dollar im Jahr 2050 hochschnellen dürfte. Aber eben auch in China oder Indien, wo die Bevölkerung schnell wächst, aber auch die Gehälter, dürfte die Pensionslücke bis dahin stark anstiegen. China ist mit einer errechneten Pensionslücke von 119 Billionen Euro im Jahr 2050 sogar die Nummer zwei nach den USA, gefolgt von Indien mit einer Finanzierungslücke von 85 Billionen Dollar im Jahr 2050.
warnen die Studienautoren.
Die Welt steuert damit auf eine globale Rentenkrise zu, die die Finanzkrise und sogar die Flüchtlingskrise in ihrer Dimension bei Weitem in den Schatten stellen könnte. Damit gerät der Wohlstand von Generationen in Gefahr.
40 Prozent Pensionslücke in Österreich für alle, die rund 50 Jahre sind
"In Österreich wird die Pensionslücke ebenfalls dramatisch steigen", warnt Michael Plank, Pensionskassen-Expertin des Finanzspezialisten Mercer. Künftige Rentner, die heute um die 50 Jahre sind und dann mit 65 in Pension gehen, müssen demnach mit einer Lücke zum Aktiveinkommen von rund 40 Prozent rechnen. Je höher der Verdienst, umso größer wird später die finanzielle Lücke sein.
Für alle, die ab dem 2. Juni 1968 geboren sind, schlägt die Pensionsreform 2014 und ihre Auswirkungen mit ihrer vollen Wucht durch. Bis dahin wird der Durchrechnungszeitraum zur Bemessung der Höhe der Pension sukzessive von derzeit 29 Jahre auf 40 Jahre angehoben. Da das Einkommen im Lauf des Lebens normalerweise steigt ist die Höhe der zu erwartenden Pension stark vom Durchrechnungszeitraum abhängig. Jede Erhöhung des Durchrechnungszeitraums hat eine Minderung der Pensionshöhe zur Folge. "Zur Finanzierung des österreichischen Pensionssystems muss der Staat, trotz sinkender Leistungen, jährlich einen Zuschuss von 21, 4 Milliarden Euro leisten", so Gerhard Kantusch, Geschäftsführer von P & C Consulting.
Staat fördert Firmen- und Privatpension kaum
Pensionsexpertin Plank kritisiert, dass sowohl die betriebliche als auch die private Vorsorge in Österreich, aufgrund mangelnder staatlicher Anreize, kaum genutzt wird. So zahlen nur 23 Prozent der Firmen in Österreich für ihre Arbeitnehmer in eine Pensionskasse ein. „Bei mittelständischen Unternehmen zahlt, bis auf wenige Ausnahmen, fast kein Arbeitgeber in eine Pensionskasse ein. Die sind froh, wenn sie die Gehälter zahlen können“, so Plank. Selbst als Arbeitnehmer freiwillig in eine Pensionskasse einzahlen, kann man derzeit nur bis zu maximal 300 Euro pro Jahr, „aber da kommt keine anständige Pension heraus“, weiß Plank.
Firmenbonus steuerbegünstigt in Pensionsvorsorge umwandeln
Plank schlägt deshalb unter anderem vor, dass Firmenboni brutto für netto in eine Pensionskasse eingezahlt werden können sollen. "Aber da gibt es viele Möglichkeiten die zweite und dritte Säule der Altersvorsorge zu optimieren", erklärt Plank.
Um die Finanzierung künftiger Pensionen in den Griff zu bekommen, haben auch die Studienautoren des Weltwirtschaftsforum-Reports einige Vorschläge für Staaten parat und eine 5-Punkte-Checkliste verfasst:
- Pensionsantrittsalter überprüfen. Politiker sollten prüfen, ob das Pensionsantrittsalter noch zu den Pensionsversprechen passt.
- Finanzwissen erhöhen. Das Verständnis für Finanzthemen sollte erhöht werden. Die entsprechende Literatur sollte bereits in den Schulen verteilt werden, Finanzen gelehrt werden. Finanziell benachteiligte Gruppen sollte bei der Vermittlung von Finanzwissen besonders gefördert werden.
- Eigenvorsorge fördern. Geld zu sparen für die Rente, sollte für alle einfach sein. Staaten sollten dazu alle zur Verfügung stehenden Mitteln nutzen, wie die staatliche Förderung von Investments wie in Fonds oder andere Instrumente, die der finanziellen Eigenvorsorge dienen.
- Vorteile gute erklären. Die Vorteile eines gut finanzierten Pensionssystems sollten klar kommuniziert werden, um die Bevölkerung hinter sich zu wissen.
Eigene Pensionsdaten transparent machen. Pensionsdaten jedes einzelnen sollen standardisiert abrufbar sein, damit sich jeder Arbeitnehmer bereits während seines Berufslebens jederzeit ein Bild über seine finanziellen Ansprüche während der Pension machen kann. In Österreich sind die Daten auf der Webseite der Pensionsversicherungsanstalt unter neuespensionskonto.at abrufbar.
"We'll live to 100 - How can we afford it?"
- White Paper des World Economic Forum
- PDF-Dokument, 24 Seiten
- Dateigröße: 1,67 MB
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