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Aufholbedarf bei Führungsqualität

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Natalie Bairaktaridis, Managing Partner Ward Howell International

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Eine Studie von Headhunter Ward Howell zeigt, dass neue Ansätze und modernes Verständnis von Leadership erforderlich sind.

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„Wir brauchen ein neues Verständnis von Führung.“ Natalie Bairaktaridis, Managing Partner bei Ward Howell International (WHI) in Wien, einem der weltweit 27 Offices des internationalen Executive-Search-und Leadership-Consulting-Spezialisten, findet klare Worte zu Ergebnissen einer Studie, für die WHI mit TQS Research 235 Entscheidungsträger – Eigentümer, CEOs, Geschäftsführung, Managing Directors, Senior Management – hierzulande tätiger Unternehmen befragt hat. „Wir wollten damit auch eigene Eindrücke mit der Sicht von Klienten und Führungskräften abgleichen, um wichtige Veränderungen einzuschätzen“, so die Expertin.

„Exogene Herausforderungen und die bescheidenen Aussichten auf Erholung machen nun endogene Versäumnisse vieler Jahre schmerzlich spürbar“, fasst sie die wohl brisanteste Erkenntnis zusammen. Es seien, so Bairaktaridis, nicht allein die massiven aktuellen Probleme von Personalkosten und Fachkräftemangel über Energie- und Standortkosten, Wettbewerbsfähigkeit oder neue ESG-Vorgaben, die dazu führen, dass fast neun von zehn Befragten (87 Prozent) die Anforderungen an das Management bereits als hoch empfinden – und 62 Prozent mit einer weiteren Verschärfung rechnen. Mittlerweile sei es schon schwer geworden, Führungsbereitschaft zu wecken, gutes Management anzuwerben und Führungspositionen erfolgreich zu besetzen, geben 57 Prozent der Befragten an

Neues Rollenbild für Führungskräfte

„Österreich hat tatsächlich in einigen Bereichen Nachholbedarf “, so die Expertin zu Versäumnissen innerhalb von Firmen: Häufig fehle es an Transparenz zu Karrieremöglichkeiten und Entlohnungssystemen, industriebezogene Gehaltsbänder seien oft nicht vorhanden. Die oberste Führungsebene wirke vielerorts unnahbar, wodurch sich die Belegschaft nicht ausreichend eingebunden fühle, zugleich mangle es an Arbeitgeberattraktivität nach außen. In Wachstumsjahren wurde das durch attraktive Goodies wie hochwertige Büroausstattung, Firmenwagen bis Teilzeit- und Homeoffice-Modelle kompensiert. Das fünfte Krisenjahr in Folge und tiefgreifende Umbrüche machten ein „Weiter so“ aber unmöglich.

„Das Rollenbild der Führungskraft wird sich ändern“, ist Bairaktaridis überzeugt. Zahlenbasierte Ansätze reichen für erfolgreiche Korrekturen nicht aus. Gefragt sei, so die Expertin, ein neues Verständnis von Führung, „nämlich im Sinne von Leadership – mit Persönlichkeiten an der Spitze von Unternehmen, die mit Sozialkompetenz und Empathie agieren, ihre Teams einbinden, inspirieren und den Fokus auf das Erreichen gemeinsamer Ziele legen. Erfreulicherweise können wir diese Veränderung bereits beobachten. Aus wirtschaftlicher Notwendigkeit heraus entwickelt sich eine neue Tugend partizipativer und transformativer Führung“, berichtet sie aus der Praxis.

Soziale und emotionale Kompetenzen vor Fachexpertise

Das wird auch von Umfragewerten bestätigt, wonach soziale und emotionale Kompetenzen höher gewichtet werden als fachliche Expertise. Klassische Managementfähigkeiten wie Performance-Management oder Datenanalyse sind laut der gestützten Befragung für weniger als zehn Prozent entscheidende Faktoren. Emotionale und soziale Intelligenz steht mit 53 Prozent dagegen klar im Vordergrund, unmittelbar vor strategischer Führungsfähigkeit und Agilität sowie Resilienz und Fähigkeit zu Konfliktmanagement.


Darüber hinaus sollen Führungskräfte auch als Vorbilder im Umgang mit Fehlern agieren und diese offen als Chancen für Lernen und Entwicklung kommunizieren – 94 Prozent der Befragten unterstreichen diese Erwartung. Zudem müssten sie bereit sein, sich auf ihre Teams einzulassen, deren Input aktiv zu nutzen, transparent zu kommunizieren und dadurch, so Bairaktaridis, „im besten Sinne angreifbar zu sein“. Fehlen diese Elemente, drohe nicht nur ein Verlust an Knowhow durch Kündigung von Mitarbeitenden oder deren schleichenden Rückzug in Form von geringerem Engagement, auch bekannt als „Quiet Quitting“. Und die Headhunterin erklärt einen weiteren Veränderungsaspekt: „New Work hat schon auch etwas mit Führung gemacht.“ So werde zunehmend gefordert, dass auch Führungskräfte eine ausgewogene Balance zwischen Arbeit und Privatleben anstreben und Zugang zu flexiblen Arbeitsmodellen wie Teilzeit oder Homeoffice haben sollten

Partnerschaftliches Führungsmodell

„Das neue Verständnis von Führung, das auf Empathie, sozialer Intelligenz und transparenter Kommunikation basiert, ist nicht nur eine moralische Weiterentwicklung, sondern auch ein entscheidender Erfolgsfaktor“, betont Bairaktaridis. „Es wird immer deutlicher, dass exzellente Führungskräfte sich nicht allein durch finanzielle Anreize gewinnen lassen.“

Ein gutes Beispiel für gemeinschaftliches Führungsverständnis finde sich besonders in Organisationen, die stark auf kooperative Entscheidungsprozesse angewiesen sind, „beispielsweise in innovativ ausgerichteten Großkanzleien mit Partnermodellen“, so Bairaktaridis weiter. „In diesen Strukturen, in denen zahlreiche Partnerinnen und Partner gemeinsam Verantwortung tragen, ist ein abgestimmtes und transparentes Führungsmodell unverzichtbar. Dabei zeigt sich, dass Entscheidungen auf Augenhöhe, ein klarer Fokus auf gemeinsame Ziele und eine offene, vertrauensvolle Kommunikation wesentliche Faktoren für nachhaltigen Erfolg sind.“ Weil es sich dabei um einen Bewerbermarkt handle und diese Kanzleien Talente und guten Nachwuchs an sich binden sowie entwickeln müssten, seien sie in dieser Hinsicht auch Trendsetter und eine Art Vorreiter für den gesamten Arbeitsmarkt.

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