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Die neuen Chefinnen - Frauen im Vorstand

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Die neuen Chefinnen: Susanna Zapreva-Hennerbichler, Natalie Harsdorf-Borsch, Carola Richter, Sonja Wallner, Bettina Castillo, Maria Koller

Die neuen Chefinnen: Susanna Zapreva-Hennerbichler, Natalie Harsdorf-Borsch, Carola Richter, Sonja Wallner, Bettina Castillo, Maria Koller

©s.u.
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Neue Vorstandsposten werden heuer gleich in mehreren Unternehmen mit FRAUEN besetzt. trend stellt die neuen Managerinnen vor, die vielfach nach einer Karriere im Ausland in die Heimat zurückkehren.

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Diverser, aber nicht gleich

Mehr als 9.800 Kilometer von ihrer Wahlheimat entfernt liegt Carola Richters neuer Arbeitsplatz. In Linz bei der voestalpine wird die BASF-Managerin, die von Singapur aus alle asiatischen Aktivitäten des Chemiekonzerns - außer China - verantwortet, ab April 2024 als Vorstand beginnen. Unter den neuen Chefinnen ist die gebürtige Deutsche diejenige, die den weitesten Umzug zu bewältigen hat, aber längst nicht die einzige mit einem bevorstehenden Wohnortwechsel: Susanna Zapreva-Hennerbichler verlässt den Energiedienstleister enercity mit Sitz in Hannover und zieht Anfang des Jahres in den Verbund-Vorstand in Wien ein, Maria Koller wechselt von dem in Jena beheimateten Photonikkonzern Jenoptik zum Salzburger Kranhersteller Palfinger, und die Logistikexpertin Bettina Castillo zieht für ihren neuen ÖBB-Rail-Cargo-Austria-Vorstandsjob von der Schweiz nach Wien. In den neuen Vorstandspositionen sind sie jeweils die ersten Frauen.

Nicht nur die Industrie, auch andere Branchen werden an der Spitze heuer weiblicher. Mit Valerie Brunner gibt es erstmals eine Vorständin bei der RBI. Und Sonja Wallner, langjährige CFO von A1 Telekom Austria, ist kürzlich zur Finanzvorständin der gesamten A1 Group aufgestiegen. Selbst die Bundeswettbewerbsbehörde wird künftig von einer Frau gelenkt.

Auch wenn die neuen Chefinnen in ihren Unternehmen für mehr Diversität sorgen, bis zur Geschlechtergleichstellung ist es noch ein weiter Weg. Betrachtet man die für das Jahr 2022 vorliegenden Daten aus der Boston-Consulting-Diversity-Studie, waren sieben von zehn Vorständen der 50 größten börsennotierter Unternehmen des Landes reine "Boys Clubs". Die Analyse könnte heuer dank der weiblichen Neubestellungen etwas diverser ausfallen.

Die neue Chefin: Sonja Wallner, CFO der A1 Group

Sonja Wallner, 52, Finanzvorständin A1 Österreich, ist seit September auch zusätzlich CFO der A1 Group.

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Sonja Wallner: Ein Organisationstalent, das knifflige Aufgaben liebt.

© A1 Telekom Austria/Renée del Missier

"Wow, Sie kennen eigentlich nur frei Unternehmen: den Betrieb der Eltern, Aral und die Telekom." Diese Bemerkung eines Personalberaters beim Hearing vor gut zehn Jahren hat Wallner amüsiert und erstaunt. Wallner hatte schon damals Erfahrungen gesammelt, die viele bei doppelt so vielen Arbeitgebern im CV nicht machen. Nach zwei Jahren im Aral-Controlling fing Wallner 2000 im Capex-Controlling der Telekom Austria an, und dann kamen "alle eineinhalb bis zwei Jahre neue Themen und Projekte auf mich zu", erinnert sie sich. "Die Branche ist an sich schon spannend. Bei so viel Abwechslung mit Projekten in allen Unternehmensbereichen war ein Jobwechsel nie nötig. Und wir genießen hier im Konzern Möglichkeiten und Freiheiten in der Umsetzung, die es anderswo nicht gibt."

Nach diversen Leitungsfunktionen und einem Executive-Programm an der Columbia in NY übernahm sie 2009 das gesamte Controlling der A1 Telekom Austria, war seit 2015 Finanzvorständin von A1 Österreich und ist nun zusätzlich CFO der ganzen A1-Gruppe und berichtet direkt an den neuen CEO Alejandro Plater. Beim jüngsten Karriereschritt habe sie "die Entscheidung doch länger abgewogen als sonst", sagt sie. Mag der Titel derselbe sein, Verantwortung und auch Arbeitslast wachsen enorm: Zu Österreich kommen sechs Länder dazu. 18.000 Mitarbeitende und fünf Milliarden Euro Konzernumsatz sind zu überblicken. "Bis Jahresende habe ich mir Zeit gegeben, die beiden Rollen operativ neu zu organisieren oder zu verändern", sagt Wallner. "Organisieren ist eine meiner größten Stärken. Jede neue Herausforderung ist für mich wie eine knifflige Aufgabe, die es zu lösen gilt." Und: "In einem Telekomkonzern kommen natürlich auch die neuesten Werkzeuge zum Einsatz: Ich werde mich in meiner Rolle auch mit künstlicher Intelligenz und Automatisierung beschäftigen."

"Immer wieder neue Projekte" beschreibt die Talente der in Steyr geborenen und in Mariapfarr im Lungau aufgewachsenen Tochter einer Unternehmerfamilie mit Sägewerk und Mühle perfekt: "Bei uns im Betrieb hatte jeder seinen Platz. Wir waren schon als Kinder dabei, beim Bretterschupfen genauso wie bei der Büroarbeit", erinnert sie sich. "Meine Mutter war modern und aufgeschlossen. Wir hatten schon sehr früh Buchhaltungssysteme, in denen die Einnahmen und Ausgaben mit einem Computer verbucht wurden. Ich erinnere mich, dass ich schon als Volksschulkind freitags dabei helfen durfte, den Arbeitern die Lohnsackerln zu befüllen."

Die Liebe zu den Zahlen bleibt Wallner ein Leben lang. Sie studierte Handelswissenschaften an der WU und an der Universität Luigi Bocconi in Mailand. Daneben arbeitete sie im Tourismus: "Ob in der Hochgastronomie an der Rezeption oder in einer Bar. Du lernst, mit unterschiedlichsten Persönlichkeiten und Herausforderungen umzugehen. Das schult die Resilienz enorm. Der Tourismus ist eine perfekte Menschenschule."

Die neue Chefin: Natalie Harsdorf-Borsch, Leiterin BWB

Nach fast zwei Jahren als Übergangslösung wird die Topjuristin Natalie Harsdorf-Borsch, 38, nun endlich Leiterin der Bundeswettbewerbsbehörde.

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Natalie Harsdorf-Borsch: Stressresistente Powerfrau

© Lukas Ilgner

Als am 10. Oktober die Nachricht kam, die Regierung habe sich nach fast zwei Jahren auf Natalie Harsdorf-Borsch als Chefin der Bundeswettbewerbsbehörde geeinigt, sollen in der BWB die Sektkorken geknallt haben. Aber auch bei den zu beaufsichtigenden Unternehmen soll man nicht unglücklich über die Entscheidung sein, ist zu hören. So soll sich auch ein heimischer Bauunternehmer für die 38-jährige Juristin bei der Regierung starkgemacht haben, weil sie als fair gilt und alle gleich behandelt - obwohl er zuvor im Baukartell-Verfahren von der BWB eine saftige Strafe kassiert hatte.

Harsdorf-Borsch selbst übt sich noch in bescheidener Zurückhaltung. "Noch habe ich das Dekret nicht", meint sie vorsichtig. Als der Anruf aus dem Wirtschaftsministerium kam, dass sie nach 22 Monaten Interimschefin und etlichen Querelen in der Regierung nun doch zur Chefin berufen wird, konnte sie es kaum glauben. "Ich bin jetzt schon erleichtert, denn jetzt muss ich keine Doppelrolle mehr ausfüllen", sagt sie. Geschäftsstellenleiterin und Interimsgeneraldirektorin ist sie nämlich gewesen, was dazu geführt hat, dass die passionierte Downhill-Bikerin in den letzten zwei Jahren kaum Urlaub machen konnte. "Jetzt kann ich die Stelle endlich ausschreiben und mir eine Vertretung suchen", freut sich die gebürtige Wienerin, die auch in Brügge und Dublin studiert hat.

Ihr Vorgänger Theodor Thanner beschreibt Harsdorf- Borsch nicht nur als exzellente Kartellrechtlerin, sondern als "Powerfrau, die breite Schultern hat und stressresistent ist." Dass sie den Job bestens ausfüllt, hat sie, so Thanner, in den letzten Monaten gezeigt, weil sie auch bereit sei, "heiße Eisen" wie den Strommarkt, den Lebensmittelhandel und die Spritpreise anzugehen.

Die neue Chefin: Susanna Zapreva-Hennerbichler, Verbund-Vorständin in spe

Die Energieexpertin Susanna Zapreva-Hennerbichler, 50, startet im kommenden Jahr als Verbund-Vorständin.

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Susanna Zapreva-Hennerbichler: Rückkehr in die Heimat

© Christian Kerber

Der Name enercity dürfte nur Branchenkennern ein Begriff sein. Dabei ist der kommunale Konzern aus Niedersachsen einer der führenden Energiedienstleister in Deutschland. Die vergangenen acht Jahre wurde er von der gebürtigen Wienerin Susanna Zapreva-Hennerbichler geleitet, die sich nun mit einer Erfolgsbilanz in Richtung Heimat verabschiedet. Unter ihrer Führung verdreifachte sich das Konzern-EBIT von enercity auf fast 220 Millionen Euro, der Vorjahresumsatz von 8,1 Milliarden Euro bedeutete einen neuen Rekord.

In Wien, wo Zapreva-Hennerbichler ab Anfang 2024 als neue Vorständin beim Verbund das bisherige Führungsteam um CEO Michael Strugl erweitert, freut man sich, "die ausgewiesene energiewirtschaftliche Expertin mit internationaler Erfahrung und Vernetzung" an Bord zu haben, sagt Verbund-Aufsichtsratschef Martin Ohneberg. In ihre Verantwortung fallen die Energieerzeugung aus Wind-und Sonnenkraft sowie der Bereich Wasserstoff.

Mit der österreichischen Energiebranche ist Zapreva-Hennerbichler, die an der TU Wien promovierte, bestens vertraut. 2009 wurde sie zur ersten weiblichen Chefin von Wienstrom bestellt. Bereits ein Jahr später stieg sie in die Geschäftsführung der Wien Energie auf und war dort bis zum Wechsel nach Deutschland tätig.

Als Energieexpertin ist Zapreva-Hennerbichlers Wissen auch in diversen Aufsichts- und Beiräten gefragt. Seit heuer kontrolliert sie den börsennotierten deutschen Stahlkonzern Salzgitter, der erst kürzlich eine der größten Anlagen Europas zur Produktion von grünem Wasserstoff bei Andritz bestellte. Zudem gehört die Managerin dem Wasserstoffrat der deutschen Bundesregierung an.

Die neue Chefin: Carola Richter, Voest-Vorständin in spe

Seit zwei Jahrzehnten ist Carola Richter, 50, für den Chemiekonzern BASF tätig, zuletzt in Asien. Ab April 2024 wird sie Voest-Vorständin.

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Carola Richter: Asien-Expertin

© Andreas Hofer

In Deutschland wurde Carola Richter einer größeren Öffentlichkeit erstmals im Krisenjahr 2022 bekannt - als eine der "100 einflussreichsten Frauen". Die Liste erstellt das "Manager Magazin" seit vielen Jahren zusammen mit einer hochkarätigen Jury. Schon bald aber wird der Name auch hierzulande öfter zu hören sein. Im April kommenden Jahres zieht die BASF-Managerin in den Vorstand der voestalpine ein und verantwortet dort die Metal Forming Division. Richter ist die erste Frau im erweiterten Vorstand des Stahlkonzerns.

Die Sparte (Umsatz 22/23: 3,9 Milliarden Euro, 11.800 Mitarbeiter), für die die erfahrene Managerin verantwortlich zeichnet, ist das Kompetenzzentrum für hochentwickelte Profil-, Rohrund Präzisionsbandstahlprodukte sowie einbaufähige Systemkomponenten aus Press-, Stanz-und rollprofilierten Teilen.

Richter gilt als ausgewiesene Asien-Expertin. Nach Studium und Promotion in Heidelberg heuerte sie beim Berater McKinsey an. Aber nach nicht einmal drei Jahren wechselte sie 2003 zum Chemieriesen BASF, wo sie die letzten zwei Jahrzehnte in verschiedenen leitenden Positionen tätig war. Mehr als zehn Jahre davon verbrachte Richter im außereuropäischen Ausland. 2005 entsandte sie der Konzern erstmals nach Hongkong, seit 2019 leitet die Managerin zunächst von Hongkong, seit Anfang 2022 von Singapur aus alle Aktivitäten im asiatischen Raum außer China. Linz wird nun die neue Heimat der passionierten Kontrabassistin.

Die neue Chefin: Bettina Castillo, Rail Cargo Austria Vorständin

Mit Bettina Castillo, 43, kommt eine Logistikexpertin mit Bahnbegeisterung in den Vorstand der Rail Cargo Austria.

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Bettina Castillo: Güterwaggons statt Billy-Regale

© Bettina Castillo

Dass Billy-Regale, Pax-Kleiderschränke und viele andere Möbel des schwedischen Möbelriesen auf dem schnellsten und kostengünstigsten Weg zu den mehr als 450 Ikea-Filialen weltweit gelangen, war die vergangenen Jahre Bettina Castillos Aufgabe. Die gebürtige Salzburgerin und promovierte Betriebswirtin verantwortete als Leiterin des globalen Supply-Operations-Managements die Entwicklung und Optimierung sämtlicher Güterströme bei Ikea. Ein Job, der insbesondere während der Pandemie eine große Herausforderung war.

Doch nun ist die Bahnliebe der Logistikexpertin wieder erwacht: Schon bald kehrt die Managerin der Schweiz, wo die Ikea Supply AG ansässig ist, den Rücken und übersiedelt nach Wien. Als neue Vorständin dockt sie ab Anfang Jänner bei der ÖBB-Güterverkehrstochter Rail Cargo Austria an und übernimmt dort als erste Frau die Verantwortung für Produktion und Instandhaltung.

Das Bahngeschäft ist Castillo durchaus vertraut. Von 2009 bis 2015 war sie in diversen Managementfunktionen bei SBB Cargo und SBB Cargo International aktiv, zuletzt als Mitglied der Geschäftsführung und Sicherheitsverantwortliche für Transporte in Europa. Im Oktober 2015 wechselte sie dann zu Ikea, wo sie die weltweite Logistik verantwortete.

Eine weitere Besonderheit bringt die Managerin mit: Castillo, die in Linz studierte und in St. Gallen über das "Preis-Management im kombinierten Verkehr" promovierte, startete ihre Karriere in der Wissenschaft, zunächst am Institut für Produktions-und Logistikmanagement an der Universität Linz und danach am Kühne-Institut an der Universität St. Gallen.

Die neue Chefin: Maria Koller, Palfinger Group Vorständin

Maria Koller, 51, verstärkt ab Jänner 2024 die Chefetage der börsennotierten Palfinger Group in Salzburg - als Vorständin für Personal und Recht.

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Maria Koller: Personalchefin mit globaler Perspektive

© OTS/Jensoptik

Noch kann sie nicht darüber sprechen, was sie in ihrer neuen Aufgabe vorhat. Aber eines verrät sie doch: wie sehr sie sich auf die Heimkehr nach Österreich und das Arbeiten in Salzburg freut - für einen österreichischen Konzern mit globaler Perspektive. Die studierte Wirtschaftspsychologin hatte ihren Weg 1998 in der Personalabteilung bei Alcatel in Wien begonnen - und blieb dem HR-Bereich konsequent treu. Gewechselt haben nur die Arbeitgeber und die Orte, an denen sie tätig war: Bei Alcatel blieb sie auch nach der Übernahme der Sparte durch NextiraOne und stieg zur HR-Director für Europa auf. Danach war sie knapp drei Jahre für den britischen Sensorhersteller Gems tätig, bevor sie ab 2007 für fünf Jahre die Personalarbeit für Leica in zwölf europäischen Ländern führte. Ab 2014 schlüpfte sie erstmals in die HR-Rolle mit globaler Verantwortung und managte für Magna die Personalarbeit für 37.000 Mitarbeitende weltweit. Seit 2017 führte sie als Executive Vice President Global HR die Personalarbeit beim deutschen Technologiekonzern Jenoptik, bis sich nun eben der Palfinger-Konzern die extrem erfahrene Managerin angelte. Die Früchte ihrer Personalarbeit sollen ab dem kommenden Jahr stark zur Umsetzung der "Strategie 2030" beitragen. Der börsennotierte Maschinenbauer soll als "zukunftsorientierter, attraktiver Arbeitgeber positioniert werden, in einem immer anspruchsvolleren Arbeitsmarkt", heißt es in der Mitteilung zur Bestellung. Eine Herausforderung, maßgeschneidert für eine exzellente Personalchefin mit globaler Perspektive.

Der Artikel ist in der trend. PREMIUM Ausgabe vom 10.11. 2023 erschienen.

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