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Job Crafting: Ich mach mir meinen Job, wie er mir gefällt?

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13 min

©Elke Mayr
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Ist Job Crafting das Erfolgsrezept, um gute Mitarbeiter:innen zu halten und neue Talente anzuwerben? Was steckt hinter dem Design einer Stellenbeschreibung nach den eigenen Bedürfnissen?

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Seinen Job auf die eigenen Ansprüche und Vorstellungen Zuschneidern; für viele klingt das nach einer Wunschvorstellung. In einigen Unternehmen ist das jedoch Realität. Das Konzept dahinter: Job Crafting.

Der Begriff hat sich über die Zeit gewandelt, erklärt Pamela Rath, Unternehmensberaterin und New Work Business Coach: "Vor einigen Jahren hieß es noch Job Sculpting."

So versteht sinngemäß Erich Kirchler (vgl. Kirchler, E. Hrsg. (2011): Arbeits- und Organisationspsychologie*) darunter die Individualisierung der Arbeit, die ein Unternehmen bieten muss, damit sie für Mitarbeitende attraktiv bleiben kann.“ Dieser Benefit kam meistens nur lang dienenden Personen zugute, „als vertrauensvolle Wertschätzung.“

Job Sculpting bzw. Job Crafting wurde und wird aber auch eingesetzt, um passende Kandidat:innen für den jeweiligen Job zu gewinnen. „Dabei wurde eine bestehende Stellenbeschreibung an die Person angepasst, die man anzuwerben versuchte, um die Stelle so zu gestalten, dass der Job zur Person passt und nicht umgekehrt“, erläutert Rath im Gespräch mit trend.at.

Im Sinne des Positive Leaderships sollte der Vorschlag des Job Designs eher von der Person selbst heraus entstehen

Pamela RathUnternehmensberaterin und New Work Business Coach

„Aus meiner Sicht ist das eine Antwort der Unternehmen auf den Arbeitnehmer:innen-Markt, sodass die Firma den Job als Produkt „customized“ , damit jener vom Kandidat:in schwer abgelehnt werden kann. Daraus wurden „maßgeschneiderte Jobs“ wobei hier die Führungskraft oder Hiring Manager:in aktiv in der Rolle als Sculptor, als bildende:r Künstler:in aktiv war.“

Bei Job Crafting heutzutage läge die Aktivität der Veränderung nicht zwingend nur bei der Führungskraft, so die Expertin. Wohlgleich die vorgesetzte Person in einer Coaching-Rolle das Crafting wohlwollend und motivierend unterstützen, zumindest nicht behindern solle. „Im Sinne des Positive Leaderships sollte der Vorschlag des Job Designs eher von der Person selbst heraus entstehen“, erklärt Rath.

Was wird unter Job Crafting verstanden?

Pamela Rath: "Unter Job Crafting versteht man allgemein das Design einer Stellenbeschreibung nach den eigenen Bedürfnissen. Das klingt zwar grundsätzlich vielleicht eher nach Wunderland oder Wunschkonzert, kommt aber aus der Arbeitspsychologie, speziell aus der Positiven Psychologie in die Arbeitspsychologie, und soll der Motivation und der Zugehörigkeit der Mitarbeitenden dienen. Es geht darum, den Gestaltungsspielraum der Einzelperson dahingehend zu vergrößern, dass die Selbstwirksamkeit gesteigert wird und die Arbeitszufriedenheit. Im Idealfall erhöht das wiederum das Commitment und das Engagement, und setzt Potentiale frei."

Warum gewinnt Job Crafting in der heutigen Arbeitswelt immer mehr an Bedeutung?

"Aus einem aktuellen Hernstein Management Report (akt. Artikel aus dem Magazin Training 4/24) erfahren wir, dass 76% von 1500 Führungskräften aus DE und AT der Meinung sind, dass Mitarbeitende unter 30 Jahren eine wesentlich geringere Hemmschwelle haben, den Job zu wechseln, auch wegen eher deutlichen geringeren Anlässen als frühere Generationen. Dies legt für mich die Vermutung nahe, dass Job Crafting als Gegenmaßnahme hier noch mehr an Bedeutung gewinnen wird."

Welche ersten Schritte sollten Interessierte setzen, um mit dem Job Crafting zu beginnen?

"Ich empfehle als Coachin hier ganz klar die Formulierung von Zielen, die eigenen und die der Organisation, die durch das Job Crafting erreicht werden können und sollen. Frei nach dem Motto: was werde ich davon haben, wenn sich meine Stelle nach meinen Wünschen und Bedürfnissen ändert, und was hat das Team, die Firma davon. Job Crafting darf keinen reinen Selbstzweck erfüllen, der Nutzen sollte klar formuliert sein, damit alle Beteiligten und Betroffenen den Prozess unterstützen", sagt Pamela Rath.

Job Crafting darf keinen reinen Selbstzweck erfüllen

Pamela RathUnternehmensberaterin und New Work Business Coach

Welche Rolle spielen Führungskräfte in dem Prozess?

"Idealerweise stehen diese dieser Entwicklung offen gegenüber und bieten sich als Sparring Partner an. Ich empfehle auch die Einbindung von Coaches in den Prozess, damit, zumindest am Anfang die Veränderung gut begleitet wird, sowohl für die Job-Crafter:in, als auch für die Führungskraft, damit beide Seiten nicht entmutigt werden, und Stolperfallen vorab identifiziert und gemeinsam gut überwunden werden. Denn es braucht Zeit, bis der neue Prozess greift und rund läuft. Eingangs kann es einigermaßen haken, denn nur weil sich eine Person verändert, verändert sich das System zwar mit, aber oftmals nicht in der gleichen Geschwindigkeit und Dynamik."

Was sind Vor- und Nachteile des Job Craftings?

"Die Vorteile liegen auf der Hand, wenn die Motivation der Person, die job-crafted, steigt. Denn dabei handelt es sich nicht um monetäre, materielle Wertschätzung, die der Person entgegengebracht wird, und die Motivation eher korrumpiert als steigert, sondern um die Wertschätzung der Person in ihrer Persönlichkeit. Die Person fühlt sich und ihr Potential gesehen und wahrgenommen, und hofft genau in diesem aufzugehen und ihre Selbstwirksamkeit maximal zu entfalten und dadurch neue Fähigkeiten zu erwerben. Wenn die Motivation steigt, steigt automatisch das Engagement und die Loyalität."

Im Idealfall erzeuge Job Crafting nur Gewinner, ergänzt Rath. "Wenn die Kultur jedoch nicht so ausgeprägt ist, birgt es Risiken im Bereich der Grenz- und oder Kompetenzüberschreitungen und Konflikte im Team in Richtung Ungleichbehandlung oder ähnliches."

Wie kann ich den Erfolg von Job Crafting messen?

Pamla Rath: "Aus meiner Sicht sind die einzig relevanten korrelierenden Messgrößen die der Retention-Rate und die der Dauer der Firmenzugehörigkeit. Da Menschen, die den Drang zur Veränderung, zur Weiterentwicklung haben, meist das Unternehmen verlassen, wenn sie an einem Dead End stehen, sind dies die Personalentwicklungsmaßnahmen, die dem entgegenwirken können."

Im Sinne der Employability ist meiner Ansicht nach Job Crafting eine Holschuld der Einzelperson.

Pamela RathUnternehmensberaterin und New Work Business Coach

Wie wird sich Job Crafting entwickeln?

"Ich nehme an, sehr gut für die sogenannten Schlüssel-Kräfte, für diejenigen, auf die das Unternehmen, aus welchen Gründen auch immer, nicht verzichten kann/will, wird es kreativ werden, oder die Person kreativ werden lassen."

Im Hinblick auf andere Mitarbeitenden sieht Rath (derzeit) noch nicht viel Einflussmöglichkeit des Job Craftings. "Für Personen, die mehr in Routinen beschäftigt sind bzw. an Positionen, deren Aufgaben sich ähneln" ist die Wirkungskraft noch nicht allzu präsent. "Allerdings wird auch hier “gecrafted“, wenn Personen z.B. durch Job Enlargement oder Enrichment mit zusätzlichen Aufgaben betraut werden, oder in Arbeitsgruppen in interne Projekte einarbeiten. Das ist auch höchst begrüßenswert, damit Menschen, deren Aufgaben automatisierbar- und digitalisierbar, somit potentiell durch KI ersetzbar werden, neue Qualifikationen erwerben. Im Sinne der Employability ist meiner Ansicht nach Job Crafting eine Holschuld der Einzelperson."

Gerade in Zeiten des vermeintlichen „Fachkräftemangels“ sei es jedoch eine sehr gute Methode

a) die Betriebszugehörigkeit jener zu erhalten, die bereits im Unternehmen sind, und

b) deren Potentiale zu heben. Wenn es tatsächlich als etabliertes Instrument der Personalentwicklung auf- und umgesetzt wird, dann wird es sich für alle Beteiligten positiv entwickeln.

Unternehmen, die parallel zum Tagesgeschäft im Sinne der Ambidextrie, auch Weiterentwicklung betreiben wollen, sollten jedoch die Flexibilität hervorbringen, u.a. durch Job Crafting ihre kreativsten Köpfe im Unternehmen zu behalten, oder zumindest in ihrem Orbit.

Pamela RathUnternehmensberaterin und New Work Business Coach

Für welche Unternehmen eignet sich Job Crafting?

"Grundsätzlich ist Job Crafting eine gute Möglichkeit New Work ins Leben zu bringen und Diversität zu fördern. Das heißt, in Unternehmen, wo viel Kreativität und Innovation benötigt wird, braucht es eben auch kreative und innovative Möglichkeiten für deren Beschäftige", so die Unternehmensberaterin.

"Es bedarf es einer gewissen Größe eines Unternehmens, um sich den individuellen Gestaltungsspielraum von Einzelpersonen leisten zu wollen und können, und ein entsprechend verankertes Mindset in der Unternehmenskultur, dass Lernen und Scheitern zusammengehört, dass sich ohne Experimente nichts Neues ergibt. Unternehmen, deren Zweck nur das eigene Überleben ist, oder Organisationen, die aus welchen Gründen auch immer den Status quo erhalten wollen oder sollen, werden eher weniger offen auf Job Crafting reagieren, fürchte ich.

Es könnte aber auch das Gegenteil der Fall sein, in den sogenannten „geschützten Werkstätten“, in Unternehmen, die wenig Druck vom Markt erfahren, sowohl auf Kunden- als auch auf Kandidat:innen-Seite, kann gegebenenfalls viel mehr Life Long Learning ermöglicht werden, weil es die finanziellen Mittel dafür gibt."

"Unternehmen, die parallel zum Tagesgeschäft im Sinne der Ambidextrie, auch Weiterentwicklung betreiben wollen, sollten jedoch die Flexibilität hervorbringen, u.a. durch Job Crafting ihre kreativsten Köpfe im Unternehmen zu behalten, oder zumindest in ihrem Orbit."

Für welche Personen eignet sich Job Crafting?

"Menschen, die sehr viel Freiraum und eigenen Gestaltungmöglichkeiten brauchen, um produktiv sein zu können, die z.B. unregelmäßige Leistungszyklen haben, und/oder im sogenannten Flow sprichwörtliche Bäume ausreißen können, werden eher mit eigenem Job Design ihre Leistung steigern können", glaubt Pamela Rath.

Dabei sei der Spagat für Unternehmen und Einzelperson ist allerdings dann groß, wenn die Individualität zur Belastung bzw. Zerrei?probe für Teams wird. "Genau deshalb sollte Job Crafting ein Prozess sein, der von systemisch geschulten Menschen begleitet wird, um die Auswirkungen auf alle Beteiligten mitzudenken."

Pamela Rath: "Am Ende des Tages ist Job Crafting jedoch aus meiner Sicht oft ein letzter Strohhalm vor der Trennung des Unternehmens, das die Person (noch) behalten will, und der Person, die (noch) nicht gehen will. Das kenne ich aus eigener Erfahrung. Am Ende sind die Job-Crafter:innen die „Gestörten“, die das System „stören“, um Wolf Lotter zu zitieren, und werden aus der Organisation gegangen oder gehen freiwillig, gerne auch in die Selbständigkeit."

© Pamela Rußmann www.pamelarussmann.at

Steckbrief

Pamela Rath

Beruf
Unternehmensberaterin und New Work Business Coach
Beschreibung

Pamela Rath ist studierte Philologin und Expertin für Arbeits- und Organisationspsychologie und HR-Management, sowie systemische Coachin, Agile HR Professional und Diversity Facilitator. Nach langjähriger Erfahrung in der Projekt- und Personalberatung, speziell in der IT-Branche, ist sie nun als Business Coach selbständig aktiv und unterstützt in Unternehmen Fach- und Führungskräfte bei der Aufklärung, Sensibilisierung und Planung von Themensetzung im Kontext von NewWork. Hier schlägt sie die Brücke von HR zur IT, durch den Fokus auf Diversität, Agilität & Digitalität, und begleitet so Unternehmen bei deren Employee und Customer Journey. Ihre Mission ist es menschengerechtes Arbeiten zu unterstützen um Resilienz, Zukunftsfitness & Nachhaltigkeit in Organisationen zu verstärken. Ehrenamtlich engagiert sie sich für Female Empowerment beim Verein Sorority und bei Radio Orange. Zur Website von Pamela Rath.

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