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Social Recruiting als Rettung für KMU

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Social Recruiting als Rettung für KMU
PRÄZISES PROFIL. "Früher habe ich über Social Media gelächelt, jetzt suche ich dort gezielt nach passenden Mitarbeitern", sagt Franz Feldwebel von F2 Fliesen-Feldwebel-Kachelofen GmbH©trend / Michael Rausch-Schott NEU
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Sind Kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) chancenlos, weil es beim Wettbewerb um Talente am Ende doch nur um Geld und Größe geht? Nicht unbedingt. Einige Betriebe machen vor, wie sie sich mit Social Recruiting gezielt und günstig auf dem Markt positionieren.

Fachkräftemangel auf neuem Höchststand

Andreas Hruschka wiegt nachdenklich den Kopf. "Große Unternehmen tun derzeit sehr, sehr viel, um ihre guten Leute zu halten", sagt der Managing Partner des Personalberaters Boyden, "sie bieten kostenlose Executive MBAs und klare Karriereperspektiven - da können KMU nur schwer mithalten." Punkten könnten kleinere Betriebe bei konzernmüden Managern mit dem Benefit einer Beteiligung am Unternehmen. "Aber dazu sind viele Eigentümer nicht bereit", schildert der Headhunter seine Erfahrungen. Größe zählt also, auch auf dem Arbeitsmarkt.

Das Hotel Stock im Zillertal bietet nicht nur seinen Gästen viele Annehmlichkeiten, sondern auch den Mitarbeitenden. Für Köche, Kellnerinnen, Rezeptionisten und den Room Service gibt es eine eigene Bonus Card mit Einkaufsrabatten in zahlreichen Geschäften, Fortbildungs- und Sportkurse sowie gesunde Buffets zu den Mahlzeiten.

Das Highlight ist jedoch der eigene Dachterrassen-Pool, der den Beschäftigten exklusiv zur Verfügung steht. Viele Hotels haben nicht einmal einen Pool für die Gäste, das Hotel Stock hat einen für die Beschäftigten - das ist schwer zu überbieten. Es ist ein beliebtes Fünf-Sterne-Haus, unter 450 Euro pro Nacht gibt es kein Doppelzimmer, entsprechend wird auch ins Personal investiert. Geld bringt es also, auch auf dem Arbeitsmarkt.

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Für heimische Klein- und Mittelunternehmen ist die Rekrutierung von Fachkräften so schwierig wie nie zuvor. Der Fachkräftemangel hat einen Höchststand erreicht, diagnostiziert das internationale Unternehmens- und Managementberatungsnetzwerk EY.

Während 2021 die Hauptsorge der Unternehmer einem neuerlichen schweren Ausbruch der Pandemie gegolten hat, sehen Österreichs Betriebe aktuell vor allem das Fehlen guter geeigneter Arbeitskräfte als größte Gefahr für ihr Geschäft, so Erich Lehner, Managing Partner bei EY Österreich und Verantwortlicher für den Bereich Mittelstand. Derzeit hätten 83 Prozent der Unternehmen Schwierigkeiten, passendes Personal zu finden. 2021 waren es noch 76 Prozent.

Keine Mitarbeiter, kein Umsatz

Lediglich zwei von hundert Unternehmen geben an, keine Schwierigkeiten bei der Rekrutierung qualifizierter Mitarbeiter zu haben. Das Problem betrifft beinahe alle Teile der Wirtschaft. Und: Es macht sich unmittelbar in den betrieblichen Kennzahlen bemerkbar, und das spürbar. Lehner: "Fachkräftemangel verursacht bei 39 Prozent der Unternehmen Umsatzeinbußen, jedes zehnte leidet deshalb sogar unter erheblichen Umsatzeinbußen von mehr als fünf Prozent."

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BADE-BONUS. Das Hotel Stock im Zillertal bietet seinen Beschäftigten einen eigenen Swimmingpool und Wellnessbereich. Das bringt ein dickes Plus beim Recruiting.

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Doch es gibt Mittel und Wege aus dieser Misere, gerade auch für KMU. Immer mehr Unternehmen entdecken die Vorteile einer gezielten Marktpositionierung, der Entwicklung des Betriebs zu einer starken Arbeitgebermarke - Stichwort Employer Branding - und des sogenannten Social Recruitings.

Besonders die gefragten Talente der Generation Y und der Millennials, also jener, die im Zeitraum der frühen Achtziger - bis zu den späten Neunzigerjahren geboren wurden, lassen sich immer weniger über Print-Anzeigen rekrutieren. Sie tummeln sich überwiegend in den sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram und Linked-In. Will man diese Köpfe ansprechen, ergibt es Sinn, die sozialen Netzwerke als Rekrutierungskanal zu nutzen.

Doch mit ein paar originellen Postings ist es nicht getan. "Die Entwicklung des Unternehmensleitbilds - Werte, Mission, Vision - ist immer entscheidend. Sowohl für die Kunden - als auch die Mitarbeitergewinnung, und das nicht nur jetzt in der Mehrfachkrise", ist Andreas Karner, Mitglied der Bezirksgruppe Wiener Neustadt der Jungen Wirtschaft, überzeugt. Zudem sind KMU bei jungen Menschen nicht grundsätzlich out.

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Womit Klein- und Mittelbetriebe punkten können, zeigt eine Studie von Universum, der Employer-Branding-Agentur der StepStone-Gruppe. Einmal jährlich werden dazu rund 11.000 Studierende von 33 österreichischen Hochschulen zu ihren Präferenzen, was attraktive Arbeitgeber ausmacht, befragt. Dabei zeigt sich: Wer KMU als Arbeitgeber präferiert, legt Wert auf dynamische und kreative Aufgaben, hohe Kundenorientierung und flexible Arbeitsbedingungen.

Dafür ist er auch mit einem geringeren Grundgehalt zufrieden (35.940 Euro) als jene Studierende, die große Unternehmen bevorzugen (39.260 Euro). Bemerkenswert: Insbesondere bei Studierenden technischer Fächer und IT haben KMU laut Befragung keinerlei Nachteile (siehe Tabelle, unten). Das zeigt: Auch klassische Handwerksbetriebe könnten sich zu einer attraktiven Marke entwickeln und neue Medien und Strategien ausprobieren.

Handwerk wurde lange Zeit schlechtgeredet, man muss die Jugend richtig behandeln und altes Wissen überliefern.

Franz FeldwebelF2-Geschäftsführer

Ein Beispiel dafür ist F2, die Fliesen-Feldwebel-Kachelofen GmbH aus Aspang in Niederösterreich. Der Betrieb zählt neun Mitarbeiter, gesucht werden aktuell ein bis zwei Facharbeiter. "Zu unseren Spitzenzeiten haben wir 15 eigene Mitarbeiter beschäftigt und dazu nochmal so viele Personen in Form von Leih- und Leasing-Personal beziehungsweise über Subauftragnehmer", erklärt Geschäftsführer Franz Feldwebel.

Doch vor rund drei Jahren setzte ein Umdenken ein: Wachstum und Größe sind nicht alles. Seitdem hat Feldwebel sein Unternehmen umgekrempelt, gemeinsam mit einer Marketingagentur am Idealbild seiner Wunschkunden gearbeitet und beschäftigt "nur mehr Mitarbeiter, die zu mir, meiner Einstellung und dem Betrieb passen". Denn neben den technischen Anforderungen, die Feldwebel für die Kunden lösen muss, setzt er bei deren Wünschen und Träumen an - "die existieren, und ich kann sie realisieren. Aber dazu brauche ich ein geeignetes Team."

Social Media fürs Handwerk

"Bis vor einigen Jahren noch habe ich als Handwerker Social Media und das Internet total verkannt, sogar belächelt", so der Fliesenleger und Hafnermeister. Nun ist die gesamte Marketingstrategie darauf abgestimmt: Optik, Werbung bis hin zum Logo und der Homepage sind aus einem Guss. "Die Kundenanfragen haben sich insofern verändert, als 50 Prozent über das Internet und Social Media den Weg zu mir finden. Das funktioniert so wie eine direkte Empfehlung."

Die Coronapandemie wirkte als Augenöffner: Nach nur sechs Monaten sei man wieder voll im Geschehen gewesen. Die Termine wurden via Zoom abgehalten, die Kunden haben ihre Bäder und Räumlichkeiten via Film und Fotos gezeigt.

Kurzvideos, Fotos und Texte wurden mithilfe eines auf Social Recruiting spezialisierten Unternehmens über Instagram und Facebook verbreitet. "Auf diese Weise kamen täglich Anfragen und Bewerbungen herein", so Feldwebel. "Handwerk wurde lange Zeit schlechtgeredet, man muss die Jugend richtig behandeln und altes Wissen überliefern. Das Erfolgsgeheimnis ist die Authentizität."

Sein Unternehmen ist - gemeinsam mit rund 15 weiteren Partnerfirmen - Mitglied von Handwerk4Future. Die Initiative in der Buckligen Welt richtet eine Lehrlingsmesse aus, um Eltern und Schülern zu zeigen, wie wichtig Lehre und Handwerk sind.

Hier gibt es Unterstützung

Unternehmen können unterschiedliche Förderungen auch für Marketing- und Digitalisierungsmaßnahmen abrufen. Speziell auf kleinere und mittlere Betriebe zugeschnitten ist KMU.Digital, eine gemeinsame Initiative von Wirtschaftsministerium und Wirtschaftskammer, finanziell unterstützt von der EU.

Zu Digitalisierungsprojekten, die bezuschusst werden, zählen folgende Bereiche

  • digitalen Geschäftsprozessen

  • digitale Markterschließung

  • Ressourceneffizienz durch Digitalisierung

  • E-Commerce

  • Onlinemarketing

Gefördert wird nicht nur die Beratung, sondern auch die konkrete Umsetzung.

Wer auf die Zusammenarbeit mit innovativen Start-ups setzen will, für den bietet die aws ein Vernetzungsservice an: Mit dem aws Industry-Startup.Net werden Betriebe gezielt mit Start-ups vernetzt. Rund hundert Kooperationen sind so bereits zustande gekommen.

Das Netzwerk umfasst aktuell etwa 600 Start-ups, die ihre Innovationen und ihre Expertise KMU zur Verfügung stellen. Die Teilnahme ist für beide Seiten kostenlos.

Abschied von der Gießkanne

Ebenfalls auf Social Recruiting setzt die Avados Beratungs KG. Der Finanzdienstleister existiert seit rund zwanzig Jahren und beschäftigt elf Mitarbeiter. "Vor einiger Zeit sind mehrere Mitarbeiterinnen fast zeitgleich in Karenz gegangen", berichtet Geschäftsführer Gerald Hinterberger.

In den vergangenen zwei, drei Jahren hat sich schmerzhaft bemerkbar gemacht, dass es schwieriger wird, gute Leute zu finden. "Ein Bewerber heute kann sich unter mehreren Unternehmen das passende aussuchen. Früher war es umgekehrt."

Die Finanzdienstleistungsbranche leidet zudem unter Nachwuchsproblemen, nur wenige möchten derzeit diesen Beruf wählen. Und umgekehrt mangelt es manchem Interessenten an der Qualifikation.

Ein Nachteil sei auch, dass Avados den Sitz in Wiener Neustadt und nicht in der Bundeshauptstadt hat. "Die Wechselbereitschaft hat durch die aktuelle Krise abgenommen", sagt Hinterberger, "so manche Kollegin und so mancher Kollege bleibt beispielsweise trotz Unzufriedenheit lieber bei einem großen Versicherer."

Zeitungsinserate, Jobangebote auf diversen Portalen, persönliche Kontakte wurden ausgeschöpft, sogar ein Headhunter engagiert – mit mäßigem Erfolg. "Dann haben wir eine Onlinekampagne gestartet", berichtet Hinterberger, "das hat gut funktioniert".

Doch zuvor mussten Hausaufgaben gemacht werden: "Wer sind wir als Unternehmen, was sind unsere Werte, wer passt zu uns, wen suchen wir genau, und wo finden wir ihn oder sie?" Die plakativen Botschaften, oft nur ein oder zwei Sätze, sollten neugierig machen. "Es hat sich eine überschaubare Anzahl von Bewerbern gemeldet - dafür aber haben diese genau gepasst." Es seien Menschen, die von "wertorientiertem Handeln geleitet sind, familiäre Atmosphäre zu schätzen wissen und für die Unternehmenskultur mehr zählt als ein paar Euro mehr Gehalt."

Blick in den Arbeitsalltag

Die auf Online-Recruiting spezialisierte Agentur #Mehr.Wert nennt den Anwerbungsprozess Performance Recruiting. Die Effektivität der Social-Media-Aktivitäten hängt maßgeblich davon ab, ob die relevanten Informationen an die Zielgruppe gelangen.

Ein Baustein der Social-Media-Aktivitäten sei, dass der "Betrieb nach außen hin einen transparenten Einblick in seinen Arbeitsalltag gibt, sich so als attraktiver Arbeitgeber etabliert und sich auch für die Zukunft nachhaltig auf dem Arbeitsmarkt positioniert", sagt Experte Markus Hubinger.

Gefragt ist jedenfalls Kreativität, und das nicht nur online. Das zeigt Axel Kucher, Geschäftsführer der Wienerwald Werkstätten in Neulengbach: "Unter den Handwerkern jammert jeder, alle suchen Personal." Die Auftragsbücher seien bis Mitte nächsten Jahres gefüllt, es gebe mehr Arbeit denn je, da kann Kucher weitere Mitarbeiter gut brauchen.

Der 31-Jährige hat in Absprache mit der Stammbelegschaft die Viertagewoche eingeführt, um als Arbeitgeber in der Umgebung attraktiv zu sein. "Ich habe mir mehr Echo erhofft", so Kucher. Er ist überzeugt, dass Arbeitgeber künftig flexibler auf die Mitarbeiter und deren Bedürfnisse eingehen müssen - und das auch beim Recruiting stärker darstellen sollten. Der in Bezug auf Onlinemarketing geläuterte Fliesenleger Feldwebel kann dem nur zustimmen: "Social Media und Suchmaschinenoptimierung wirken."

Und dann ist da noch ein kleiner Trost für alle Betriebe, deren finanzielle Möglichkeiten beschränkt sind: Auch das Fünf-Sterne-Hotel Stock sucht Mitarbeitende vom Oberkellner bis zum Abwäscher - und das trotz eigenem Pool für das Hotel-Team.

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LOCKRUF ARBEITSZEIT. Tischler Axel Kucher hat in seinem Betrieb die Viertagewoche eingeführt, um auf dem Jobmarkt attraktiver zu sein.

 © Wienerwald Werkstätten

Womit KMU bei den Jungen punkten können

Das Match zwischen KMU und großen Konzernen um junge Talente ist keineswegs verloren. Das untermauert eine Befragung von 11.000 Studierenden in Österreich durch Universum, die Employer-Branding-Agentur der StepStone-Gruppe. Dabei zeigt sich: Die Studierenden haben unterschiedliche Präferenzen hinsichtlich ihres späteren Arbeitgebers - und manche können KMU besser abdecken als große Unternehmen.

Wer KMU als Arbeitgeber präferiert, legt Wert auf:

  1. Vielfalt der Aufgaben

  2. Marktgerechtes Grundgehalt

  3. Freundliche Arbeitsatmosphäre

  4. Respektvoller Umgang

  5. Angebote für Weiterbildung

  6. Professionelle Trainings- und Fortbildungsmöglichkeiten

  7. Flexible Arbeitsbedingungen

  8. Gute Work-Life-Balance

  9. Aussicht auf eine Führungsposition

  10. Hohe Jobsicherheit

Wer KONZERNE als Arbeitgeber bevorzugt, legt Wert auf:

  1. Gute Verdienstmöglichkeiten

  2. Marktgerechtes Grundgehalt

  3. Professionelle Trainings- und Fortbildungsmöglichkeiten

  4. Vielfalt der Aufgaben

  5. Aussicht auf eine Führungsposition

  6. Angebote für Weiterbildung

  7. Gute Referenz für die weitere Karriere

  8. Hohe Jobsicherheit

  9. Respektvoller Umgang

  10. Attraktive Produkte und Dienstleistungen

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