Werbespot für das Heer. Robin Lumsden, Milizoffizier beim Jagdkommando, trainiert regelmäßig, um auch als Wirtschaftsanwalt die hohen körperlichen Limits zu schaffen. Daher wurde er jetzt als Testimonial fürs Heer ausgesucht.
©beigestelltDas österreichische Bundesheer rückt wieder stärker ins öffentliche Scheinwerferlicht. Lange Zeit finanziell ausgehungert, soll es nun wieder stärker finanziert und akzeptiert werden. Unter anderem mit einer großen Werbekampagne, an der auch ich mitwirken konnte. Eine faszinierende Aufgabe an der Seite von Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky.
Leser dieser Kolumnen wissen: Ich verstehe mich auch als Grenzgänger zwischen scheinbar verschiedenen Welten, versuche, Erfahrungen aus meinem Beruf als in Österreich und den USA tätiger Wirtschaftsanwalt auch für andere Felder zu nutzen. Im aktuellen Fall einen Aspekt meiner militärischen Ausbildung: Das Bundesheer fragte mich, ob ich als Testimonial für seine neue Werbekampagne fungieren könnte. Ich bin ja immer noch Milizoffizier beim Jagdkommando und trainiere regelmäßig, um die hohen körperlichen und geistigen Limits dafür zu schaffen.
Nun dachten die Entscheider offensichtlich, ich könne vielleicht auch als viel beschäftigter Anwalt ein Vorbild sein, um noch mehr junge Menschen für eine Kombination aus erfolgreichem Zivilberuf und Milizkarriere zu gewinnen. Milizsoldaten sind in allen Gesellschaftsschichten und politischen "Lagern" zu finden, und falls Kameradschaft nicht nur postuliert wird, sondern echt funktioniert, kann das Militär ähnlich großartigen integrativen Charakter haben wie etwa eine Sportmannschaft. Zumindest ich habe diesen positiven Geist beim Bundesheer in demokratischem Sinn erfahren.
Als Wirtschaftsanwalt erzähle ich des Öfteren jungen Studenten bei diversen Vorträgen davon, dass die meisten von ihnen ja bereits in irgendeiner Disziplin -Sport, Kunst oder einer anderen Fertigkeit - ein gewisses "Exzellenzniveau" erreicht haben. Bei mir war das eben Tennis, American Football und meine Militärzeit beim Jagdkommando. Niemals hätte ich erwartet, dass all diese Fähigkeiten und die darin investierte harte Arbeit sich auch beruflich später auszahlen könnten. Aber mit vielen meiner Mandanten finde ich einen Anknüpfungspunkt über diese meine Vergangenheit, die meisten können mich dann auch besser einschätzen und beurteilen, ob die Skills, die mit diesen Fähigkeiten verbunden werden können, auch solche sind, die sie bei mir als Wirtschaftsanwalt suchen. Vermutlich kann man hier interpretieren, dass ich ein harter, disziplinierter Arbeiter bin, dass ich nicht so schnell aufgebe und es gewohnt bin, auch in schwierigen Zeiten eine Lösung zu finden so auch der Leitspruch des Jagdkommandos: "Numquam retro" oder " Niemals zurück".
Ich habe auch nie eine solch "seltsame " Episode erlebt wie eben bekannt geworden: Ein Unteroffizier wurde verurteilt, weil er sich im Internet mehrfach in SS-Uniform samt Hakenkreuzfahnen und "passendem" Hitlergruß präsentiert hatte. Dass er trotz Verurteilung weiter im Heer verbleiben konnte, wurde von den höchsten Heeresinstanzen zuletzt heftig kritisiert - sowohl von Ministerin Klaudia Tanner als auch vom Oberbefehlshaber Alexander Van der Bellen. Mit einem bekannten Zitat unseres Bundespräsidenten möchte ich als Offizier betonen: "So sind wir nicht!"
Das österreichische Bundesheer hat keinen Zweifel über seine Entschlossenheit aufkommen lassen, jeglichen antidemokratischen Ungeist zu bekämpfen. Ein selbstverständlicher Teil jener Neubestimmung, welche es nun auch mit modernen Methoden der Inszenierung zu vermitteln sucht. Die erfolgte geistige wie die nun beschlossene finanzielle Unterstützung zeigen die Richtung auf: Bis 2027 wird das Budget schrittweise auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angehoben.
Kein Geringerer als Oscar-Preisträger und Regisseur Stefan Ruzowitzky wurde engagiert, um in Vorbereitung auf den Nationalfeiertag drei Protagonisten sowohl während deren beruflicher Tätigkeit als auch in ihrer milizionär-militärischen "Umgebung" zu filmen und zu interviewen. Für mich war es extrem spannend, während der Dreharbeiten am Set bei diesem Profi diese Kombination aus Präzision und Planung einerseits und den enormen Spielraum für Kreativität und Improvisation andererseits zu erleben. Kein gänzlich neues Gefühl: Meine Anwaltstätigkeit ist, ähnlich wie meine Tätigkeit beim Jagdkommando, ebenso von vorbereitender Planung und einem notwendigen Spielraum für Spontanität und Flexibilität geprägt. Auch ein locker wirkender Umgangston sollte da wie dort nie von der stets nötigen Professionalität und Präzision ablenken.
Filmexperte Ruzowitzky konnte auch erleben, wie realistisch meine Kameraden (Profis) unsere Aufgaben unter den stark veränderten "Geschäftsgrundlagen" eines "echten" Kriegs in Europa einschätzten. Motto: geerdeter Patriotismus im europäischen Kontext. Allseitige Erkenntnis nach den Dreharbeiten: Die Bereitschaft, seinem Vaterland etwas mehr zu geben als "nur" den Grundwehrdienst oder der Gesellschaft etwas mehr als "nur" den Zivildienst, sind wichtige Grundpfeiler einer Gemeinschaft. Dieses "Etwas-mehr-Tun",(mein Vater Lance Lumsden hat mich gelehrt:"You gotta give if you wanna get") kann auf viele Arten umgesetzt werden, bei vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten - mein Weg führte mich zunächst einmal auch zum Militär.
Was hat das alles nun mit der Kunst, einen "Deal" zu finalisieren (so der allgemeine Titel meiner Kolumne), zu tun? Das Wort "Deal" ist im germanischen Sprachraum interessanterweise eher negativ behaftet, im wirklichen positiven Sinn bedeutet es das Ziel, einen cleveren Kompromiss für alle beteiligten Verhandler zu finden. Dieser Begriff könnte am besten auch mit der Fähigkeit, "Lösungen zu finden", übersetzt werden. Gute Anführer können Chancen und Risiken, aber auch Vor-und Nachteile für alle Beteiligten gut und rasch abwägen - entschlossenes Leadership und erfolgreiches Dealmaking gehören zusammen.
Der Artikel ist der trend. PREMIUM Ausgabe vom 28.10.2022 entnommen.