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Manager als Coach: Eigenständigkeit der Mitarbeiter erhöhen

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Der Manager, ein Coach der Mitarbeiter:innen
Der Manager, ein Coach der Mitarbeiter:innen©Getty Images/iStockphoto
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Unternehmen brauchen zunehmend Mitarbeiter:innen, die hochmotiviert und ohne Angst vor dem Scheitern neue, komplexe Aufgaben angehen. Und Führungskräfte, die wie Coaches die nötigen Kompetenzen ihrer Mitarbeiter:innen fördern. Wie, erklärt Führungskräfte- und Leadership Trainer Joachim Simon.

In der modernen, von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten Arbeitswelt stehen die Mitarbeiter:innen der Unternehmen häufig vor neuen Herausforderungen und Aufgaben – das haben gerade die zurückliegenden drei Jahre seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie eindrucksvoll gezeigt.

Also benötigen die Unternehmen zunehmend auch Mitarbeiter:innen, die eigeninitiativ neue Herausforderungen und Aufgaben beherzt angehen. Deshalb achten sie heute schon beim Einstellen von Mitarbeiter:innen verstärkt darauf, wie diese als Person ticken: Ergreifen sie zum Beispiel gerne selbst die Initiative oder arbeiten sie bevorzugt Aufgaben gemäß den Vorgaben systematisch ab? Ein Werturteil ist hiermit nicht verknüpft, denn letztlich benötigen (fast) alle Unternehmen beide Mitarbeiter:innentypen.

Wollen, können und dürfen

Doch sind die Mitarbeiter:innen mit dem gewünschten Persönlichkeitsprofil an Bord, ist es noch keineswegs garantiert, dass diese im Betriebsalltag tatsächlich das gewünschte Verhalten zeigen, denn neben dem „Wollen“ ist hierfür auch das „Können“ und „Dürfen“ wichtig.

Also müssen die Unternehmen die erforderlichen Rahmenbedingungen schaffen für ein eigenständiges und -verantwortliches Arbeiten – und zwar unabhängig davon, ob ihre Mitarbeiter:innen gerade im Betrieb oder Homeoffice arbeiten. Hierzu zählt es, den Mitarbeiter:innen die nötigen Entscheidungs- und Handlungsspielräume einzuräumen. Außerdem muss in der Organisation eine Fehlerkultur bestehen, in der das Machen von Fehlern erlaubt ist – zumindest solange man hieraus lernt. Denn angenommen Mitarbeiter:innen sammeln die Erfahrung, dass sie bei Fehlversuchen sofort am Pranger stehen. Dann versuchen sie die nächste schwierige Aufgabe erst gar nicht selbst zu lösen. Sie gehen vielmehr gleich zu ihrem Chef und fragen ihn: „Was soll ich tun?“ Das führt letztlich zu einer Mehrbelastung und oft Überlastung der Führungskräfte. Also liegt es in ihrem Eigeninteresse, in ihrem Bereich eine Kultur zu schaffen, die ihre Mitarbeiter:innen zu einem eigenständigen und eigenverantwortlichen Handeln motiviert.

Existiert diese, ist aber immer noch nicht garantiert, dass die Mitarbeiter:innen das gewünschte Verhalten zeigen, denn hierfür benötigen sie auch das erforderliche Können – also die Kompetenz, die Herausforderung beziehungsweise das Problem zunächst wahrzunehmen, dann zu analysieren und schließlich zu lösen.

Die Mitarbeiter:innen befähigen und ermächtigen

Diese Kompetenz fehlt ihnen bei neuen, komplexen Aufgaben oft noch teilweise. Also benötigen sie Unterstützung. Diese setzt ebenfalls eine Kultur des Vertrauens und der wechselseitigen Wertschätzung voraus, denn nur dann trauen sich die Mitarbeiter:innen zu ihren Vorgesetzten zu sagen „Chef, ich stoße an meine Grenzen. Ich brauche Unterstützung.“

Ziel der Unterstützung durch die Führungskraft sollte es sein, dass bei dem Mitarbeiter:innen zunehmend die Kompetenz entsteht, eigenverantwortlich stets komplexere Aufgaben zu lösen – und zwar aufgrund der gesammelten Erfahrung: „Ich kann solche Aufgaben und Probleme lösen, wenn....“. Das setzt ein bestimmtes Handeln und Selbstverständnis der Führungskraft voraus. Sie muss sich als Befähiger und Ermächtiger beziehungsweise Coach ihrer Mitarbeiter:innen verstehen – und zwar unabhängig davon, wo diese arbeiten.

Doch wie kann eine Führungskraft im Arbeitsalltag den Mut, die Motivation und die Kompetenz ihrer Mitarbeiter:innen fördern, sie aktuell noch stark fordernde Aufgaben anzugehen, um daraus zu lernen? Hier helfen die Untersuchungen des 2021 leider verstorbenen kanadischen Psychologen und Lerntheoretikers Albert Bandura weiter. Ihm zufolge speist sich die Selbstwirksamkeit einer Person vor allem aus folgenden vier Quellen:

  1. Eigene Erfahrungen im Meistern schwieriger Situationen: Sie sind für den Ausbau der Selbstwirksamkeit sehr wichtig. Denn wer schon wiederholt die Erfahrung gesammelt hat „Ich kann schwierige Aufgaben lösen“, traut sich dies auch künftig zu. Von besonderer Bedeutung sind dabei sogenannte „mastery experiences“. Sie entstehen, wenn eine Person eine Aufgabe meistert, von der sie zunächst nicht wusste: Wie löse ich sie?
  2. Lernen an Modellen und von Vorbildern: Beobachtet eine Person eine andere beim Lösen einer schwierigen Aufgabe, dann kann dies ebenfalls ihr Selbstvertrauen stärken – getreu der Maxime: „Wenn der oder die das kann, dann kann ich das auch!“ Eine Voraussetzung hierfür ist: Zwischen den beiden Personen muss eine gewisse Ähnlichkeit bestehen. Sie müssen zum Beispiel eine ähnliche Biografie oder Persönlichkeitsstruktur haben.
  3. Soziale und emotionale Unterstützung: Auch durch ermutigenden Zuspruch gewinnen Menschen Vertrauen in ihre Fähigkeiten – jedoch nur, wenn sie der Person, die sie anspornt, die Kompetenz zum Beurteilen ihres Könnens zuschreiben. Ebenfalls positiv auf die Selbstwirksamkeit wirkt sich das Wissen aus: „Wenn es eng wird, habe ich Unterstützer“ – fachliche und emotionale.
  4. Emotionale Zustände und Reaktionen: Menschen schließen von ihren Emotionen und körperlichen Reaktionen auf ihre Fähigkeiten. Verspüren sie zum Beispiel Herzrasen, wenn sie vor einer Aufgabe stehen, dann denken sie meist unmittelbar „Ich kann das nicht“ – oft noch bevor sie die Machbarkeit geprüft haben. Deshalb ist es wichtig, die Ursachen der eigenen Emotionen und physiologischen Reaktionen analysieren zu können. Ist die Reaktion der Aufgabe angemessen oder handelt es sich um eine erste Schreckreaktion?

Die Mitarbeiter:innen im Arbeitsalltag coachen

Die Kenntnis dieser Quellen ermöglicht es Führungskräften, im Arbeitsalltag Lernumgebungen für ihre Mitarbeiter:innen zu kreieren, die deren Selbstwirksamkeit fördern. Unabdingbar hierfür ist es, sich regelmäßig Herausforderungen zu stellen, bei denen man zunächst vermutet: „Diese Aufgabe könnte mich überfordern“. Denn an solchen Aufgaben wachsen wir.

Beim Versuch, solche Aufgaben zu lösen, ist es sinnvoll, diese als Projekt zu sehen. Die Führungskräfte sollten mit ihren Mitarbeiter:innen, wenn diese vor einer komplexen Aufgabe stehen, also zunächst zum Beispiel analysieren: Welche Teilaufgaben sind damit verbunden? Danach sollten sie ermitteln, ob den Mitarbeiter:innen die Gesamtaufgabe oder nur Teilaufgaben vor ihr erschauern lässt. Ist dies klar, kann analysiert werden, warum der Mitarbeiter:innen zurückschreckt. Zum Beispiel, weil ihm Ressourcen und Kenntnisse fehlen? Oder weil er hiermit noch keine Erfahrung hat? Oder weil beim Lösen der Aufgabe Konflikte mit anderen Personen entstehen können?

Ist dies ermittelt, können im Dialog mit dem Mitarbeiter:innen ein vorläufiger Aktionsplan erstellt und aus den Teilaufgaben Teilziele ableitet werden, die es auf dem Weg zum großen Ziel zu erreichen gilt. Zudem kann die nötige Unterstützung organisiert werden. Wichtig ist dabei ein Punkt, den Führungskräfte beim Anleiten und Coachen ihrer Mitarbeiter:innen oft vergessen: Da das Bewältigen der Herausforderung auch dem Steigern der Eigenständigkeit und -verantwortung dient, sollte die Führungskraft mit ihrem Mitarbeiter:innen auch Lernfelder definieren, in denen dieser seine Kompetenz erhöhen möchte. Außerdem sollte sie mit ihm Kriterien vereinbaren, woran das Erreichen der Lernziele gemessen wird.

Sich in eine Lernspirale begeben

Die für das Bewältigen der neuen, komplexen Aufgabe definierten Teil- und Lernziele haben unterschiedliche Funktionen. Das Definieren von Teilaufgaben und -zielen soll dem Mitarbeiter:innen helfen, einen realistischen Aktionsplan zu erstellen, so dass er nach dem Projekt mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen kann: „Das war zwar schwierig, doch ich habe es geschafft.“ Und wenn er das Projektziel nicht oder nur teilweise erreichte? Dann ermöglichen ihm die definierten Teilziele im Rückblick – alleine oder mit seiner Führungskraft – zu analysieren: Welche Teilaufgaben löste ich mit Bravour und wo traten Schwierigkeiten auf? Das heißt, er kann sein „Scheitern“ relativieren. Das ist wichtig für sein Selbstvertrauen. Außerdem kann er dann neue Lernfelder und -ziele für sich definieren.

Das Definieren von Lernzielen hat die Funktion, dass der Mitarbeiter:innen, wenn die komplexe Aufgabe gelöst ist – alleine oder mit seiner Führungskraft – ermitteln kann, welche neuen Kompetenzen er erworben hat und welche vergleichbaren Aufgaben er deshalb künftig meistern kann. Außerdem kann er seinen noch bestehenden Entwicklungsbedarf ermitteln.

Unterstützen Führungskräfte ihre Mitarbeiter:innen so beim Bewältigen herausfordernder Aufgaben, begeben diese sich in eine Lernspirale. Das führt zu einem systematischen Ausbau ihrer Kompetenz. Also steigen auch ihre Fähigkeit und ihr Selbstvertrauen, neue Herausforderungen beherzt anzugehen und zu meistern. Das führt mittelfristig auch zu einer Entlastung der Führungskräfte.

ZUM AUTOR

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Joachim Simon © beigestellt

Joachim Simon ist Führungskräftetrainer und Vortragsredner und auf das Thema (Self-)Leadership spezialisiert (www.joachimsimon.info). Er ist Autor des Buchs „Selbstverantwortung im Unternehmen“ und Co-Founder der (Self-)Leadership-Coaching-App Mindshine (www.mindshine.app).

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