Generationswechsel in den Führungsetagen: Die Baby Boomer haben zwar wertvolles Wissen, ihr way of management hat jedoch ausgedient.
©iStockphotoDer Generationswechsel erreicht die Führungsetagen der Unternehmen. Die Baby Boomer scheiden aus, die Generationen Y und Z übernehmen. Mit ihnen halten auch die Erwartungen der jüngeren Generationen nach einer neuen Arbeitskultur und Technologieoffenheit im Top-Management Einzug. Eine Bestandsaufnahme von Franz Heimel und Oyvind Bo.
Der europäische Arbeitsmarkt befindet sich in einem klaren Generationswandel: Während im Jahr 2020 die Generationen Y und Z zusammen knapp über 40% der Erwerbsbevölkerung ausmachten, wird ihr Anteil bis 2030 auf fast 70% anwachsen. Generation Y bleibt dabei die dominierende Gruppe, ihr Anteil steigt von rund 37% (2020) auf rund 43% im Jahr 2030. Gleichzeitig wird der Einfluss der älteren Generationen merklich abnehmen. Besonders die Baby Boomer verzeichnen einen starken Rückgang von 17% im Jahr 2020 auf nur noch etwa 5,5% im Jahr 2025, bis sie 2030 praktisch keine Rolle mehr spielen.
Diese Verschiebung unterstreicht die wachsende Bedeutung der jüngeren Generationen am Arbeitsmarkt und hebt den Wandel in der Zusammensetzung der Arbeitskräfte hervor. Die jüngeren Generationen – insbesondere Gen Y und Z – treten zunehmend in den Vordergrund, was nicht nur den Arbeitsmarkt verändert, sondern auch Auswirkungen auf die Arbeitskultur, die Technologieakzeptanz und die Erwartungen an Führungsstile hat. Der Rückgang der älteren Generationen, insbesondere der Baby Boomer, deutet auf einen fortschreitenden Übergang in den Ruhestand hin und wirft die Frage auf, wie Unternehmen den Verlust an Wissen und Erfahrung bewältigen werden.
Diese demografischen Veränderungen machen eines deutlich; Erfolgreiche Führungskräfte der Zukunft müssen sich nicht nur den Herausforderungen einer zunehmend digitalisierten und globalisierten Welt stellen, sondern auch die besonderen Bedürfnisse und Erwartungen der jüngeren Generationen verstehen.
Neue Führungsqualitäten sind gefragt
In diesem zunehmend komplexen, digitalen und globalen Umfeld, verändern sich die Anforderungen an effektive Führungskräfte grundlegend. Durch unsere umfangreiche Arbeit in internationalen Kontexten haben wir aus erster Hand die wachsende Bedeutung von Emotionaler Intelligenz (EI) und interkultureller Kompetenz erlebt – beides unverzichtbare Werkzeuge, um die Anforderungen der heutigen globalen Führung zu meistern. Diese Elemente sind nicht nur wünschenswerte Eigenschaften, sondern haben sich zu wesentlichen Fähigkeiten entwickelt, die Führungskräfte benötigen, um in diesem dynamischen Geschäftsumfeld erfolgreich zu sein.
Im Laufe der Jahre haben wir unseren Kunden unterstützt, das oft ungenutzte Potenzial multigenerationeller Teams freizusetzen und ihnen gezeigt, wie sie die Fallstricke der Altersdiskriminierung vermeiden können. Wir haben festgestellt, dass viele Unternehmen stark auf die Innovationskraft der Jugend setzen, während sie gleichzeitig den Reichtum an Erfahrung und Wissen, den ältere Generationen mitbringen, übersehen. Die Lehren aus diesen vielfältigen Arbeitskräften – wo Erfahrung auf frische Perspektiven trifft – stehen in engem Zusammenhang mit den Eigenschaften, die für die nächste Generation von Führungskräften erforderlich sind.
Erfolgreiche Führung in dieser Ära erfordert Anpassungsfähigkeit. Zukünftige Führungskräfte müssen nicht nur auf die Energie und Innovationskraft ihrer jüngeren Kollegen zurückgreifen, sondern auch auf die Widerstandsfähigkeit und die tiefgreifende Erfahrung, die ältere Fachkräfte mitbringen. Da die geschäftlichen Herausforderungen immer komplexer und vielfältiger werden, wird die Fähigkeit, diese Perspektiven zu integrieren, zu einem entscheidenden Unterscheidungsmerkmal.
Die Schlüsselqualitäten von Führungskräften der nächsten Generation
Die schnelle Veränderung von Technologie, Marktbedingungen und globalen Dynamiken hat einen dringenden Bedarf an Führungskräften geschaffen, die anpassungsfähig sind. Führungskräfte von heute müssen sich mit Unsicherheiten wohlfühlen, kontinuierlich lernen und ihre Strategien an, die sich ständig weiterentwickelnden Rahmenbedingungen anpassen. Gleichzeitig ist auch die Resilienz von entscheidender Bedeutung – Führungskräfte müssen in der Lage sein, sich schnell von Störungen und Misserfolgen zu erholen und ihre Teams trotz Widrigkeiten mit einer klaren Vision zu führen.
Diese Qualitäten werden natürlich noch verstärkt, wenn sie mit emotionaler Intelligenz kombiniert werden. Führungskräfte mit hoher emotionaler Intelligenz sind besser in der Lage, sowohl ihre eigenen Emotionen als auch die ihrer Teams zu verstehen und zu steuern. Diese emotionale Sensibilität ist entscheidend, um Zusammenarbeit zu fördern, Vertrauen aufzubauen und diverse Teams effektiv zu managen.
In einer Welt, in der globale Arbeitskräfte und Kundenstämme immer häufiger vorkommen, hat sich die interkulturelle Kompetenz zu einer unverzichtbaren Führungsfähigkeit entwickelt. Führungskräfte müssen nicht nur sensibel für unterschiedliche Perspektiven sein, sondern auch in der Lage sein, effektiv über kulturelle Grenzen hinweg zu kommunizieren. Führungskräfte von heute müssen ein tiefes Verständnis dafür haben, wie Technologie ihre Branche beeinflusst, da digitale Kompetenz zunehmend an Bedeutung gewinnt. Schließlich müssen Führungskräfte auch ein Engagement für Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung widerspiegeln, indem sie diese Prioritäten in ihre strategische Vision integrieren.
Emotionale Intelligenz, weit mehr als eine „Soft Skill“
In der Führung ist emotionale Intelligenz weit mehr als nur eine „Soft Skill“. Sie bildet die Grundlage für den Aufbau starker, kohäsiver Teams. Im Laufe der Zeit haben wir beobachtet, wie die Fähigkeit, Emotionen – sowohl die eigenen als auch die anderer – zu verstehen und zu steuern, die Dynamik eines Teams dramatisch verändern kann. Führungskräfte mit hoher emotionaler Intelligenz sind besonders gut darin, Zusammenarbeit zu fördern, insbesondere in den heutigen Remote- und Hybrid-Arbeitsumgebungen. Wer sich emotional mit seinen Teammitgliedern verbinden kann, baut ein stärkeres Vertrauensverhältnis auf, selbst über virtuelle Räume hinweg. Ganz gleich, ob es sich um wirtschaftliche Turbulenzen oder interne Konflikte handelt – emotional intelligente Führungskräfte bleiben ruhig, kommunizieren effektiv und bieten die Stabilität, die ihre Teams in unsicheren Zeiten benötigen. Darüber hinaus fördern sie das Engagement, indem sie Umgebungen schaffen, in denen sich die Mitarbeiter:innen wertgeschätzt, gehört und motiviert fühlen, ihr Bestes zu geben.
In einem globalen Umfeld wird emotionale Intelligenz noch entscheidender. Das Management kulturell diverser Teams erfordert ein Verständnis dafür, wie kulturelle Hintergründe Kommunikationsstile, Konfliktlösungen und Motivation beeinflussen. Führungskräfte mit hoher emotionaler Intelligenz können diese Unterschiede mit Empathie und Bewusstsein navigieren und sicherstellen, dass Teams trotz ihrer kulturellen Unterschiede kohärent zusammenarbeiten.
Mit der Globalisierung ist die Notwendigkeit entstanden, dass Führungskräfte Teams über Grenzen und Kulturen hinweg managen können. Aus meiner internationalen Arbeit habe ich gelernt, dass Führungsstrategien, die in einem kulturellen Kontext erfolgreich sind, in einem anderen oft scheitern. Ansätze, die in der einen skandinavischen Organisation gut ankommen, funktionieren beispielsweise nicht unbedingt in einer deutschen oder österreichischen Organisation. Effektive Führung in einem globalen Kontext erfordert mehr als nur das Wissen über Bräuche – sie erfordert eine tiefe interkulturelle Kompetenz.
Führungskräfte mit interkultureller Kompetenz sind in der Lage, ihren Führungsstil an die kulturellen Erwartungen ihres Teams anzupassen. Sie wissen, wann sie direkt sein müssen und wann ein nuancierter Ansatz erforderlich ist. Außerdem beherrschen sie die Überwindung von Kommunikationsbarrieren, die durch Sprachunterschiede oder kulturelle Normen verursacht werden. Diese Führungskräfte schaffen inklusive Umgebungen, in denen jedes Teammitglied, unabhängig von seinem Hintergrund, sich wertgeschätzt und befähigt fühlt, einen Beitrag zu leisten. Diese Führungskräfte nutzen die Vielfalt der Gedanken und Erfahrungen, die globale Teams mitbringen, und verwandeln kulturelle Sensibilität in einen Geschäftsvorteil.
Resilienz, Agilität und Anpassungsfähigkeit als Grundvoraussetzung
Da Unternehmen zunehmend auf globalen Märkten agieren, müssen Personalabteilungen ihre Strategien zur Führungskräfteentwicklung überdenken. Traditionelle Managementtrainings sind mittlerweile unzureichend. Die Führungskräfte von morgen müssen mit Resilienz, Anpassungsfähigkeit, emotionaler Intelligenz und interkultureller Kompetenz ausgestattet sein. Diese sind die Grundpfeiler, auf denen die nächste Generation von Führungskräften aufbauen wird. In meiner eigenen beruflichen Laufbahn waren die Möglichkeiten, in verschiedenen kulturellen Umgebungen zu arbeiten, von unschätzbarem Wert, um meinen Führungsansatz zu prägen. Diese Art von Exposition, sei es durch internationale Rotation oder diverse Projektteams, ist entscheidend für die Entwicklung global kompetenter Führungskräfte. Personalabteilungen sollten die Schaffung solcher Gelegenheiten für aufstrebende Führungskräfte priorisieren.
Ebenso wichtig ist die Notwendigkeit von Resilienz- und Agilitätstrainings. Die Führungskräfteentwicklung muss Krisenmanagement und Entscheidungsfindung unter Druck beinhalten und Führungskräfte darauf vorbereiten, unvorhergesehene Herausforderungen mit Vertrauen und Agilität zu bewältigen.
Schließlich sollte die Entwicklung von Soft Skills – insbesondere emotionaler Intelligenz und interkultureller Kompetenz – in jede Phase des Führungskräftetrainings integriert werden. Workshops, Mentoring-Programme und 360-Grad-Feedback können dazu beitragen, diese wesentlichen Fähigkeiten zu fördern, sodass Führungskräfte in einem globalisierten Geschäftsumfeld erfolgreich sind.
Ein neues Führungsmodell für das globale Zeitalter
Die Zukunft der Führung liegt in der Anpassungsfähigkeit, emotionaler Intelligenz und interkultureller Kompetenz. Führungskräfte, die mühelos zwischen Kulturen navigieren, Empathie und Resilienz zeigen und den Wert unterschiedlicher Perspektiven zu schätzen wissen, werden in den kommenden Jahren nicht nur rascher weiterkommen, sondern sich auch letztendlich erfolgreicher positionieren können. Die Lehren, die wir aus multigenerationellen Teams ziehen können – wo Erfahrung auf Innovation trifft – sollten als Grundlage für die Entwicklung der Führungskräfte von morgen dienen. Diese Qualitäten sind nicht nur für das Management der Gegenwart von Bedeutung, sondern bereiten uns auf die komplexe, herausfordernde Zukunft der globalen Geschäftswelt vor.
Über die Autoren
Franz Heimel
Franz Heimel ist langjähriger, international tätiger Berater für Unternehmen aller Größen und Branchen sowie Coach für strategische und komplexe Führungsentscheidungen. Er ist Advisory Partner für Unternehmensentwicklung beim Executive Search Spezialisten Ward Howell. Sein Beratungsschwerpunkt liegt auf Führungsdiagnostik und Unternehmensentwicklung. Heimel ist Lektor am Department für Management an der WU Wien und Co-Autor des Buchs "Typologie des Managers" (Ueberreuter Wirtschaftsverlag).
Oyvind Bo
Oyvind Bo ist Partner und Mitglied des Managementteams von Ward Howell International. Mit einer Offiziersausbildung bei der Königlichen Norwegischen Marine, einem Master in Business Administration sowie einem CEMS Master in International Management verfügt er über umfassende Erfahrung in renommierten Executive-Search-Unternehmen sowie führenden börsennotierten Unternehmen und Familienbetrieben in Europa. Sein Fokus liegt auf der Unterstützung organisatorischer Transformationen und der Bereitstellung state-of-the-art Executive-Search- und Managementberatungsdienste.