In Bewerbungsgesprächen gibt es verschiedene Tabuthemen, über die man keine Auskunft geben muss.
©iStockphotoDürfen Arbeitgeber beim Bewerbungsgespräch eigentlich nach allem fragen? Auch was die Gesundheit oder religiöse Einstellung betrifft? Manche Fragen sind durchaus legitim, bei anderen muss der Bewerber nicht - oder nicht wahrheitsgemäß - antworten.
Das Bewerbungsgespräch läuft super, man glaubt den Job schon in der Tasche zu haben. Doch dann überrascht der Vorgesetzte mit der Frage: "Sind Sie Raucher?" Muss man als Bewerber darauf antworten? "Nein", sagt Martin Risak, Arbeits- und Sozialrechtler von der Universität Wien, "denn sie greift in die Privatsphäre ein."
Wird man danach gefragt, kann man sich etwa auf Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention berufen: Darin ist das Recht auf Privatsphäre festgeschrieben. Dennoch dürfe der Arbeitgeber etwa sehr wohl ein Rauchverbot in den Büroräumen aussprechen.
Fragen zur Gesundheit haben im Bewerbungsgespräch grundsätzlich nichts verloren, der Arbeitgeber darf den Bewerber nicht nach seinem Gesundheitszustand fragen.
"Fragen dieser Art sind generell nur zulässig, wenn es die Tätigkeit erfordert", so Risak. Bei gewissen Jobs - wie etwa bei dem eines Piloten - hat der Arbeitgeber ein Recht auf Auskunft. Denn Piloten dürfen nicht unter Krankheiten wie Epilepsie, Herz-Rhythmus-Störungen oder Bluthochdruck leiden. Sie könnten, wie auch bei anderen Tätigkeiten, bei denen Maschinen bedient werden, die Verkehrstüchtigkeit beeinflussen.
Bei einer Bürotätigkeit sei die Gesundheit hingegen nicht relevant, weil ein Bewerber wie jeder andere Mitarbeiter auch krank werden könne und durch die Sozialversicherung auch entsprechend abgesichert ist.
Auskunft über Krankheiten nur in Ausnahmefällen zulässig
Für manche Tätigkeiten, insbesondere bei der Arbeit mit gefährlichen und radioaktiven Stoffen, ist eine Einstellungsuntersuchung vorgeschrieben. Diese "Eignungsuntersuchung" und Folgeuntersuchungen sind in §49 des Arbeitnehmerinnenschutzgesetzes (ASchG) verankert. Verlangt der Arbeitgeber ein ärztliches Attest, darf darin nur stehen, ob der Bewerber für die Tätigkeit geeignet ist oder nicht (§52 ASchG).
"Der Arzt darf aber den Arbeitgeber nicht darüber informieren, an welchen Krankheiten der Arbeitnehmer leidet", so Risak. Dies sei nur möglich, wenn der Arbeitnehmer den Arzt von der Verschwiegenheitspflicht entbinde. Ebenso ist es dem Arbeitgeber verboten, Genanalysen oder Blut- oder Urinproben vom Arbeitnehmer zu verlangen (§ 67 Gentechnikgesetz).
Nach bestimmten Krankheiten darf nicht gefragt werden: "Grundsätzlich ist es nicht erlaubt, danach auszuwählen, ob jemand höhere Krankenstandzeiten hat. Das Risiko liegt beim Arbeitgeber", sagt Risak. "Fragen nach Krankheiten sind nur zulässig, wenn diese eine Gefahr für die Gesundheit von Kollegen oder Kunden sein könnten, zum Beispiel Tuberkulose", heißt es bei der Arbeiterkammer. Bei der heiklen Frage, ob jemand das HI-Virus hat, kommt es darauf an, ob man mit Blut arbeitet. "Bei einem Kellner ist es völlig irrelevant, bei einem Unfallchirurgen besteht hingegen sehr wohl ein Risiko", so Risak.
Tabuthema Familienplanung
Ein weiteres Tabu liegt auf Angaben über die Familienplanung: So dürfen Frauen in einem Bewerbungsgespräch nicht nach einer Schwangerschaft gefragt werden und müssen demnach auch nicht darauf antworten. Es gibt in Österreich dazu eine Rechtsprechung, nach der eine Bewerberin ihre Schwangerschaft verschweigen darf.
Eine Schwangerschaft während der Bewerbung ist auch nach Beginn des Arbeitsverhältnisses kein Kündigungsgrund. Es existiert ein "Recht auf Lüge": "Juristisch gesprochen gibt es das Recht auf situationsadäquate Falschbeantwortung", betont Arbeitsrechtler Risak. "Ebenso wäre die Frage unzulässig, ob sie den Präsenzdienst abgeleistet haben. Bei beiden Fragen handelt es sich um diskriminierende Fragen."
Etwas komplexer verhält es sich bei der Frage nach einer Behinderung. Grundsätzlich darf der Arbeitgeber nicht nach einer Behinderung fragen. "Es gibt jedoch ein rechtlich geschütztes Interesse, wenn der Arbeitgeber zur Erfüllung der Beschäftigtenquote Behinderte bewusst aufnehmen will. Oder wenn konkrete Behinderungen als solche bestimmten Beschäftigungen entgegenstehen", sagt Risak. Es gibt Förderungen für behindertengerechte Arbeitsplätze wie etwa für eine Rollstuhlrampe. Das heißt, ein Arbeitgeber darf einen Bewerber mit Behinderung nicht aufgrund seiner Behinderung ablehnen. "Es ist zumutbar für den Arbeitgeber, den Arbeitsplatz behindertengerecht anzupassen", unterstreicht Risak.
Generell sollte beachtet werden, dass es immer auf den konkreten Einzelfall ankommt und dort zwischen Privatsphäre des Arbeitnehmers bzw. des Bewerbers und dem Auskunftsrecht des Arbeitgebers abgewogen werden muss. Wird man bei der Bewerbung gefragt: „Haben sie öfters Krankheiten, bei denen sie ausfallen?“, so soll man einfach mit "Nein" antworten, empfiehlt Risak.
Weitere Tabuthemen im Bewerbungsgespräch
Es gibt noch eine Reihe weiterer Punkte, die in einem Bewerbungsgespräch nichts verloren haben. Falls ein Recruiter einen der folgenden Punkte ansprechen sollte, kann man getrost darauf hinweisen, dass man diese Frage nicht beantworten möchte oder sie für unangebracht hält.
Persönliche Probleme:
Vermeiden Sie es, persönliche Probleme oder Schwierigkeiten zu diskutieren. Das Bewerbungsgespräch ist nicht der richtige Ort, um private Angelegenheiten zu besprechen.
Religiöse oder politische Überzeugungen:
Vermeiden Sie es, religiöse oder politische Überzeugungen zu diskutieren, es sei denn, sie sind direkt relevant für die Position.
Gehalt in der ersten Runde:
Es ist oft nicht angebracht, in den frühen Phasen des Bewerbungsprozesses nach Gehalt zu fragen. Lassen Sie diesen Punkt für spätere Verhandlungen.
Negative Erfahrungen mit früheren Arbeitgebern:
Kritisieren Sie nicht Ihre aktuellen oder früheren Arbeitgeber, Kollegen oder Vorgesetzten. Das könnte als mangelnde Professionalität interpretiert werden.
Diskriminierung:
Vermeiden Sie jegliche Äußerung in Bezug auf Geschlecht, Rasse, Religion, Alter oder sexuelle Orientierung.
Unvorbereitet sein:
Zeigen Sie, dass Sie sich auf das Gespräch vorbereitet haben. Signalisieren Sie, dass Sie sich mit dem Unternehmen und der vakanten Position auseinandergesetzt haben und Sie die Stelle auch anstreben und annehmen möchten.
Über die Autoren
Peter Sempelmann
Peter Sempelmann, geb. 1968, arbeitet seit 1997 als Journalist mit Fokus auf Wirtschaft und Technologie und leitet seit 2013 die trend. Online-Redaktion. Stationen in der journalistischen Karriere: trend, FORMAT, profil, WirtschaftsBlatt, Report Verlag.
Michael Ortner
Stammt aus Passau, studierte in Wien Politikwissenschaft, Publizistik und Journalismus. Arbeitete für Wirtschaftsblatt, Format, trend, wurde 2016 mit dem LGT-Medienpreis ausgezeichnet und ist nun Redakteur bei der Wiener Zeitung.