
Über die wahren Kündigungsgründe wird selten offen gesprochen. Ein Forscherteam offenbart Vermeidungsstrategien beim Ausstieg und den häufigsten Kündigungsgrund.
Trennungen sind immer schwierig, die Gespräche dazu emotional und heikel. Wer seinen Job kündigt, legt nicht gern alle Karten auf den Tisch. Das hat ein Forscherteam rund um Arbeitspsychologin Sabine Hommelhoff von der Uni Erlangen-Nürnberg in einer Metaanalyse aus 78 internationalen Studien mit 800.000 Beschäftigen herausgearbeitet, - und das wichtigste Motiv herausgefunden:
Der häufigste Kündigungsgrund ist Stress und Überlastung. Am zweiten Platz landeten fehlende Entwicklungs- und Karriereperspektiven, auf Platz drei schlechtes Führungsverhalten.
In einer weiteren Runde wurden 200 Personen anonym zu ihren Kündigungsmotiven befragt. Auch hier offenbarten sich dieselben Beweggründe, aber eben auch, dass diese bei Exit-Gesprächen nicht sämtlich genannt werden. „Die Beschäftigten gaben zu, dem ehemaligen Arbeitgeber gegenüber nicht alle Gründe offenbart zu haben“, sagt die Wissenschaftlerin.
Abschließend wurden die Erkenntnisse noch mit anonymisierten Abschlussgesprächen von HR-Abteilungen verglichen, die ebenfalls zeigten, dass sich Ausscheidende kaum oder nie über Vorgesetzte beschwerten, sondern eher die Vorzüge des neuen Arbeitgebers oder wie sie sich das dort vorstellen, in den Mittelpunkt stellten. Psychologin Hommelhoff versucht dieses Verhalten zu erklären: „Ein Grund ist sicher, dass Menschen nicht gern negatives Feedback geben“, sagt sie, „vor allem nicht in einem letzten Gespräch“.
Dazu komme, dass ein Angebot von Ausstiegsgesprächen nicht in allen Unternehmen angeboten wird, und selbst wenn, nicht von allen Aussteigenden angenommen wird. „Über den Chef oder die Chefin hergezogen wird meist wirklich nur in anonymen Arbeitgeberbewertungen“, sagt Hommelhoff. „Da wird oft richtig Dampf abgelassen.“
Viele Mitarbeitende, die kündigen, nehmen die Möglichkeit zu einer Stellungnahme und einem Austausch nicht wahr. Umso wichtiger so scheint es für Arbeitgeber, ein Bewusstsein dafür zu bekommen, warum die Leute tatsächlich gehen.
Stressalarm am Arbeitplatz
Wie relevant das Thema Stress am Arbeitsplatz mittlerweile ist, offenbart auch der jüngste Arbeitsmarktreport von kununu, für den Marketagent 3.119 Beschäftigte in Österreich befragt hat: 41,5 Prozent sind gestresst in der Arbeit.
Mit flexiblen Arbeitszeiten, Homeoffice und ergonomischer Ausrüstung fühlen sich zwar fast ebenso viele unterstützt, auf betriebliche Gesundheitsprogramme konnte aber nur weniger als Drittel zugreifen. Psychologische Hilfe bekommen 20 Prozent, und nur 14 Prozent können bei Bedarf Kurse für Stressbewältigung nutzen.
Je älter die Arbeitnehmenden sind, umso weniger wird von den Unternehmen auf einschlägige Unterstützung für das Wohlbefinden am Arbeitsplatz geachtet. kununu-CEO Nina Zimmermann: „Gerade Menschen, die im Job psychisch oder körperlich unter Druck stehen und dabei übersehen werden, können leicht aus dem Unternehmen aussteigen. Offene Stellen nachzubesetzen, kann für Betriebe aber um ein Vielfaches teurer werden, als auf das Wohlbefinden der Beschäftigten zu achten."