Marie-Valerie Brunner - erste Frau im Vorstand von Raiffeisen Bank International (RBI).
©trend / Wolfgang WolakVALERIE BRUNNER, die erste Frau im Vorstand der RAIFFEISEN BANK INTERNATIONAL, hat viele Gesichter: selbstbewusst und durchsetzungsstark, aber auch einfühlsam und integrativ. Die Bankerin mit adeligen Wurzeln liebt Eishockey und hat jüngst ein Psychotherapie-Studium absolviert.
Valerie Brunner macht aus ihrer großen Leidenschaft kein Hehl: Über ihrem Schreibtisch im neunten Stock der Raiffeisen-Zentrale am Wiener Stadtpark hängen zwei riesige Gemälde von Pferden. Ihren Pferden. Die im letzten November in den Vorstand der Raiffeisen Bank International (RBI) berufene Brunner ist nämlich stolze Pferdebesitzerin und reitet für ihr Leben gerne. Das hat sie mit ihrem Chef Johann Strobl, einem bekennenden Pferdenarren, gemeinsam. War es früher in der Chefetage von Raiffeisen üblich, dass man gemeinsam jagen ging, so ist nun offenbar das Reiten angesagt. "Ich bin eher von der Tierfreunde-Fraktion", lehnt Brunner die Jagd ab.
Geschadet hat ihr das auf ihrem Karriereweg aber nicht, immerhin ist sie die erste Frau, die es in der fast 100-jährigen Geschichte des Raiffeisen-Spitzeninstituts in den Vorstand geschafft hat. Sie verantwortet dort den neu geschaffenen Bereich Kundenbeziehungen im Corporate und Investmentbanking. Ihr Vorstandskollege Łukasz Januszewski ist für das Produktgeschäft im Corporate und Investmentbanking zuständig.
Brunner teilt sich also die Agenden des kürzlich ausgeschiedenen Vorstands Peter Lennkh mit Januszewski. "Aus Kundensicht sind wir mit dieser Konstellation einfacher und verständlicher", glaubt die 56-Jährige, die maßgeblich an diesem neuen Organigramm der RBI mitgebastelt haben soll. "Das ist jetzt die optimale Konstellation, diese Position ist mir auf den Leib geschneidert", ist Brunner zufrieden.
Giebelkreuzerin durch und durch
Frühere Vorgesetzte von Brunner wie Porr-Chef Karl-Heinz Strauss finden, sie sei die logische Besetzung, hätte sich für die Vorstandsposition geradezu "aufgedrängt", denn: "Sie kennt Raiffeisen in- und auswendig und sie ist eine profunde Kennerin der Materie. Aber vor allem hat sie das Banking allumfassend gelernt."
Tatsächlich hat die Wienerin in ihrer mehr als 30-jährigen Karriere bei Raiffeisen etliche Stationen durchlaufen: Abteilungsleiterin Austrian Corporate Customers, Abteilungsleiterin Global Corporate Customers, Vorstand der Raiffeisen Centrobank und die letzten vier Jahre war sie für institutionelle Kunden der Bank zuständig. Strauss hat gemeinsam mit Brunner in der damaligen RZB einst die Maculan-Pleite abgewickelt und er weiß: "Wenn sie etwas will, dann lässt sie nicht locker."
Dass ihr Weg sie einmal bis in die Chefetage der Bank führen würde, das hatte die selbstbewusste Betriebswirtin immer auf der Rechnung: "Ich hatte immer Freude daran, mehr Verantwortung und mehr Aufgaben zu übernehmen, auch weil ich gesehen habe, dass es mir gut gelingt. Die Vorstellung, einmal in den Vorstand der Bank zu kommen, hat mich also nie abgeschreckt."
Family first
Dass es dennoch so lange gedauert hat, führt Brunner darauf zurück, dass bei Raiffeisen keine "Hire-and-Fire-Kultur" herrscht und deshalb auch nur wenige Führungspositionen verfügbar waren. "Außerdem waren meine 33 Jahre in der Bank durch acht Jahre unterbrochen, in denen ich meine drei Kinder aufgezogen habe." In diesen acht Jahren war die Bankerin in Karenz und in Teilzeit.
Ob ihr das auf ihrem Karriereweg geschadet hat? "Nein, das war zwar eine kurze Entschleunigungszeit, dadurch wurde ich aber auch zu einer kompletteren Persönlichkeit, weil die Familie ein tolles Fundament bietet", ist Brunner überzeugt.
Überhaupt spielt die Familie im Leben der Managerin eine große Rolle: "Ich bin ein ausgeprägter Familienmensch. Der Familiensinn wurde mir geradezu in die Wiege gelegt." Denn Brunner wuchs als eines von fünf Kindern eines Papierindustriellen aus dem Adelsgeschlecht Neumann-Spallart auf. Ihre blaublütige Herkunft merkt man ihr aber höchstens an ihrem etwas getragenen Schönbrunner Deutsch an. Ansonsten beschreiben sie Weggefährten als "unkompliziert und unprätentiös".
Brunners Schwester, eine Ärztin, ist mit dem früheren SPÖ-Minister Rudolf Scholten verheiratet. "Sie ist also auch sehr gut vernetzt", weiß ihr ehemaliger Chef Karl Sevelda, der von Brunner einen Push im Kundengeschäft für die RBI erwartet. "Sie hat ausgesprochene Stärken im Kundenkontakt und tut der Atmosphäre im Vorstand sicher gut", glaubt Sevelda, der Brunner als "ehrgeizig und sehr integrativ" beschreibt.
Vielfältige Interessen
Was der Spitzenmanagerin bei ihrer neuen Funktion zugutekommen könnte, ist ihr Faible für Psychologie. So hat sie erst letztes Jahr neben ihrem Job als Bankerin den Bachelor in Psychotherapie absolviert. "Das hat mir eine breite Horizonterweiterung gebracht", findet sie. Und: "Es hilft mir sehr im Umgang mit Mitarbeitern und auch Kunden und dabei, Sachliches besser von Emotionalem zu unterscheiden."
Auch einen Wechsel von der Bank in die Psychotherapie schließt Brunner nicht gänzlich aus: "Das wird sicher irgendwann ein Thema werden, weil es ein Beruf ist, den man bis ins hohe Alter ausüben kann."
Vorerst will sie sich aber voll und ganz ihrem neuen Job widmen, die Psychotherapie pausiert so lange. Was aber nicht pausiert, sind Brunners sportliche Interessen: neben Reiten, Skifahren, Radfahren und Laufen, das die 56-Jährige regelmäßig aktiv ausübt, ist sie auch leidenschaftlicher Fan von Eishockeyspielen, worauf sie ihre Söhne gebracht haben. Brunner liebt es eben hart, aber herzlich.
Zur Person
Marie-Valerie Brunner, 56, ist seit November im Vorstand der Raiffeisen Bank International für die Kundenbeziehungen im Corporate und Investmentbanking zuständig. Brunner ist seit mehr als 30 Jahren bei Raiffeisen in diversen Funktionen tätig, zuletzt als Bereichsleiterin für institutionelle Kunden. Sie sitzt auch im Aufsichtsrat der Uniqa.
Der Artikel ist aus trend.PREMIUM vom 19. Jänner 2024.
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