Die WienIT Geschäftsführerinnen Daniela Lidl (links) und Eva Christina Schwarzl
©Elke MayrDaniela Lidl und Eva Christina Schwarzl, Chefinnen der zur Wiener Stadtwerke Gruppe gehörenden WienIT, rufen Frauen dazu auf, sich von IT und Technik nicht abschrecken zu lassen und Job-Chancen zu ergreifen.
Auf der WienIT Website wird das Unternehmen als der digitale Backbone der Wiener Stadtwerke-Gruppe bezeichnet. Das kann vieles bedeuten. Können Sie die Rolle des Unternehmens ein bisschen genauer erklären?
Wir sind der konzerninterne IT & Business Partner der Wiener Stadtwerke-Gruppe. Unsere Kunden sind die Konzernunternehmen wie Wien Energie, Wiener Netze, Wiener Linien, Wiener Lokalbahnen sowie Bestattung und Friedhöfe Wien. Wir sind die IT-Infrastruktur der Wiener Infrastruktur. Deshalb bezeichnen wir uns auch als der Backbone der Wiener Stadtwerke-Gruppe.
Welche Aufgaben erfüllen Sie dabei?
Wir stellen zentrale Services bereit. Darunter fallen u.a. die Entwicklung und Weiterentwicklung von IT-Leistungen wie z.B. Webportale, Smart Meter aber auch die Lizenzierung von Programmen. Zu unseren Aufgaben gehört auch die konzernweite Personalverrechnung der 27.000 Mitarbeiter*innen. Und wir haben auch einen Druckbereich, etwa für Schreiben und Rechnungen der Wien Energie.
Ein IT-Unternehmen mit zwei Damen an der Spitze – das ist außergewöhnlich. Besonders in Österreich. Sie sind damit schon in einer etwas exponierten Position. Wie fühlen Sie sich in dieser Rolle und wie fühlen Sie sich dabei, wenn Sie immer wieder darauf angesprochen werden?
Stolz. Vor allem, wenn man bedenkt, dass bei uns nicht nur die oberste Führungsriege weiblich ist. Wir haben auch in den weiteren Führungsebenen über 50 % Frauen und im gesamten Unternehmen rund ein Drittel Frauen. Was für ein IT-Unternehmen sicher außergewöhnlich ist. Wir sehen uns da schon als Vorreiter.
Ich habe Eva seit Oktober an meiner Seite. Davor war ich sieben Jahre alleine in der Geschäftsführung. Für mich war das Thema „Frau an der Spitze“ zwar nie ein Thema, denn klar: Frauen machen einen verdammt guten Job in der IT. Aber ich finde das total klasse, dass generell Diversität mehr in den Fokus rückt.
Laut Statistik Austria liegt der Frauenanteil bei den Studienabschlüssen über alle technischen Fachrichtungen hinweg bei 28,9 % liegt. Das ist weit unter dem Schnitt anderer Studienrichtungen. Was meinen Sie? Warum gelingt es nicht mehr, junge Frauen für technische Studiengänge und Ausbildungen zu begeistern?
Warum es nicht gelingt? Ich würde eher sagen: Warum gelingt es? Weil wir selbst Initiativen setzen. Und weil sich die Gesellschaft weiterentwickelt hat. Die Angst vor dem Technischen, das man etwas nicht kann, gibt es zwar noch. Aber man muss den Mädchen Mut zusprechen. Bei mir selbst - ich habe Elektronik studiert – war das ein großer Faktor. Wir stellen uns deshalb auch für Mentoring zur Verfügung. Ich selbst mache das extrem gerne.
Ich denke, es ist noch viel mehr Aufklärungsarbeit nötig. Wir gehen gern in den Dialog und Austausch: Schulen, Studierende oder Interessierte können sich bei uns anmelden und vorbeikommen, beim Töchtertag sind wir auch dabei. Es geht darum, sich als Unternehmen zu öffnen, das Interesse zu fördern. Die Corona-Pandemie hat aber auch viel bewirkt. In den Schulen werden Tablets und Computer seither selbstverständlicher genutzt. Kinder und Jugendliche arbeiten dort mit den Geräten, erledigen damit ihre Aufgaben, beschäftigen sich frühzeitig mit IT und lernen damit umzugehen. Auch mit KI, die immer wichtiger wird. Das öffnet neue Perspektiven.
Die Jobchancen in der IT sind auch vergleichsweise gut. In dem Sektor herrscht seit einer Ewigkeit Personalnot, IT ist gefragt und die Gehälter sind überdurchschnittlich gut.
Sollte man bei den jungen Damen nicht noch besser kommunizieren, dass es in der IT bessere Jobaussichten gibt als etwa als Veterinärmedizinerin?
Wir sind darin sehr aktiv. Wir holen bewusst auch Frauen vor den Vorhang und machen sie sichtbar. Wir gehen aktiv auf Frauen zu, um zu motivieren und zu zeigen, dass Angst unnötig ist. Unsere Ansage ist: „Probiert es einfach. Ihr könnt das auch.“ Und klar, wir machen das auf digitalen Kanälen wie Social Media.
Wir stellen auch bei jeder Gelegenheit in den Vordergrund, dass uns der Frauenanteil sehr wichtig ist. Oberste Maxime ist aber natürlich trotzdem die Qualität der Leistung. Wir sind schließlich der Backbone der Wiener Stadtwerke-Gruppe. Das muss funktionieren. Dafür ist es egal, ob die Arbeit ein Mann oder eine Frau macht. Aber wenn unter den Bewerber*innen Frauen sind, unterstützen wir sie auch mit internen Ausbildungsmöglichkeiten oder unseren Mentoring-Programmen. Wir sagen sehr bewusst: kommt zu uns, wir bilden euch aus.
Die Situation am Arbeitsmarkt ist dennoch sehr angespannt. Im Grunde klagen alle Unternehmen über Personal- und Facharbeiter*innen-Mangel. Wie ist das bei Ihnen?
Wir sind froh, dass es uns in diesem Punkt sehr gut geht. Wir haben eine sehr niedrige Fluktuationsrate von nur rund 7 Prozent. Wir stellen pro Jahr über 100 Leute ein und finden auch genug am Markt. Es gibt nur einige Spezialbereiche, in denen es schwierig ist, Fachkräfte zu finden. SAP-Entwickler*innen zum Beispiel. Aber da gehen wir jetzt eben den Weg, dass wir, auch in Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen aus dem Konzern, selbst Mitarbeiter*innen ausbilden. Wir haben auch IT-Lehrlinge, bilden ganz junge Menschen selbst zu Expert*innen aus, die man am Markt nur schwer findet und die dann unendlich teuer sind. Also den Facharbeiter*innen-Mangel gibt es natürlich, ich erkenne ihn aber hauptsächlich in Spezialgebieten.
IT gewinnt in der Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Zukunftsorientierung – die dafür benötigten Lösungen wären ohne IT gar nicht möglich. Sollte man das nicht mehr betonen, um junge Menschen für einen Job in dem Feld zu begeistern?
Wir sind ein Klimaschutzkonzern. Und wir haben festgestellt, dass das ein guter Aspekt ist. Wir kommunizieren unsere Green-IT-Projekte daher auch aktiv. Ich denke aber, dass es grundsätzlich ansprechendend ist, bei uns etwas Sinnvolles machen zu können. Wir machen ja nicht irgendetwas, sondern alles, was wir tun, ist für die Bürger und Bürgerinnen dieser Stadt.
Es gibt bei uns auch sehr viele neue Themen. Das Unternehmen entwickelt sich permanent weiter, ist extrem flexibel. Veränderung ist Teil des Lebens, erst recht in der IT. Wir sind Teil des Klimakonzerns Wiener Stadtwerke, sind somit auch Teil der Klimawende und der Mobilitätswende. An der Entwicklung der Stadt mitzuarbeiten ist schon etwas Tolles.
Wir bieten aber auch Quereinsteiger*innen die Möglichkeit, zu uns zu kommen. Wir haben einige bei uns im Unternehmen.
Ihre Partnerin in der Geschäftsführung zum Beispiel.
Genau, ich bin die absolute Quereinsteigerin.
Wir haben tatsächlich Quereinsteigerinnen, die vorhin ganz andere Jobs gemacht haben. Von der Bäckerin und Konditormeisterin bis hin zur Hotelfachfrau.
Für uns sind diese Quereinsteiger*innen sogar sehr wichtig. Sie gehen mit anderen Gedanken und Lösungswegen an Herausforderungen heran. Diese Diversität ist eine absolute Bereicherung, auch für die Entwicklung und belebt unsere Unternehmenskultur. Dazu gehört auch, dass wir verschiedenste Nationalitäten im Haus haben.
Es gibt bei uns auch sehr vielfältige Jobs. Das Unternehmen heißt zwar WienIT, aber es gibt auch einen Einkauf und sehr administrative Bereiche. Auch für mich als Führungskraft war es immer das Wichtigste, Spaß an der Arbeit zu haben. Ich bin hier so viele Stunden und da möchte ich einfach „Fun“ haben. Es soll so sein wie zu Hause, nur dass die Kolleg*innen auch da sind.
Mit der anstehenden Pensionswelle unter den Babyboomern haben Sie nicht zu kämpfen?
Nein, das betrifft uns weniger. Das Durchschnittsalter unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen liegt bei 41 Jahren. Es gibt klarerweise jedes Jahr einige Abgänge, aber eben auch viele Neuzugänge.
Diversität, auch hinsichtlich des Alters, ist Teil unserer strategischen Personalplanung. Ich habe immer großen Wert auf eine bunte Mischung gelegt, weil alle voneinander profitieren können.
Das überrascht ein wenig. Warum glauben Sie, funktionieren die Personalplanung und das Recruiting bei Ihnen besser als in anderen Unternehmen?
Es liegt sicher auch an der Grundoffenheit in unserer Unternehmenskultur. Mitarbeiter*innen sind willkommen. Wir haben ein lebendiges Open Office und fördern die Kommunikation. Der Arbeitsplatz ist mehr als nur ein Platz, an dem man arbeitet. Wir bieten viel und gute Jobs.
Es gibt natürlich auch eine Konzernstrategie, aber für mich war die Offenheit immer wichtig. Es war mir immer egal, wie jemand aussieht oder woher jemand kommt. Am Ende des Tages zählen die Leistung und der Mensch selbst. Es muss alles zusammenpassen. Die fachliche Qualifikation und das Menschlich-Persönliche. Ich habe mich immer bemüht, das ins Unternehmen zu tragen. Und wenn eine Kultur gut funktioniert, dann wird darüber auch gesprochen. Das ist eigentlich der wesentliche Hebel. Man kann eine Unternehmenskultur hinschreiben – das wird nichts bringen, wenn die Leute sie nicht fühlen und spüren. Die Kultur kann nur durch Personen, die im Unternehmen sind, hinausgetragen werden, indem sie selbst davon erzählen. Und nicht, weil ich es sage. Am Ende ist aber die Hauptsache, das Ergebnis stimmt.
Zur Person
Steckbrief
Daniela Lidl
Daniela Lidl ist seit 2017 Geschäftsführerin der zur Wiener Stadtwerke-Gruppe gehörenden WienIT. Davor war sie Softwareentwicklerin, Projektmanagerin und Business Analystin bei Magenta, ehe sie 2013 als IT-Demand Managerin und in der Folge als IT-Leiterin der Wien Energie zu den Wiener Stadtwerken kam.
Steckbrief
Eva Christina Schwarzl
Eva Christina Schwarzl ist seit Oktober 2023 zweite Geschäftsführerin der WienIT GmbH. Schwarzl startete ihre Karriere bei der Volksbank Wien. Nach zwei Jahren als Unternehmensberaterin kam sie zu den Wiener Stadtwerken, wo sie in verschiedenen Funktionen bei den Wiener Netzen, zuletzt als Bereichsleiterin Netzplanung, IKT und Kundenservice arbeitete. Die gebürtige Steirerin studierte in Graz und Frankreich Betriebswirtschaftslehre.