Die Welt geht in Schwarz-Weiß zugrunde. Zumindest in den großformatigen Arbeiten von Robert Longo, die derzeit in der Albertina ein mosaikhaftes Porträt unserer Wirklichkeit im Vergrößerungsmodus entwerfen. Und das ist kein erbauliches. Atombombenpilze, treibende Flüchtlingsboote, kriegszerstörte Städte - Longo zeichnet ein hochästhetisches, jedoch keineswegs geschöntes Bild der Welt im scheinbaren Hyperrealismus.
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Ausgangspunkt für die Arbeiten des 1953 geborenen US-Amerikaners sind in der Regel Fotografien, die von Longo als Kohlezeichnungen ins Großformat übertragen, überhöht, zugespitzt werden. Es sind gewichtige Bilder, die ihrem Sujet durch ihre schiere Monumentalität Gewicht verleihen, gleichsam ein Kondensat der ursprünglich Bildbedeutung darstellen, nicht zuletzt dank des vermeintlich unzeitgemäßen Schwarz-Weiß.
Dabei ist "Robert Longo" mit ungeachtet der überschaubaren Anzahl von 48 Werken eine letztlich große Ausstellung geworden, die Bilder aus allen Schaffensperioden vereint, die allerdings thematisch gruppiert sind. Schusswaffen, deren Mündung gleich Kanonenrohre auf die Betrachtenden weisen, stehen neben Kriegssujets, während die Serie "Men in the Cities" aus der Reagan-Ära Menschen in grotesken Posen zeigt. Aber auch kunsthistorische Zitate finden sich im Œuvre des Künstlers, wenn Longo Pollock in seine Sprache überträgt oder Katsushika Hokusais Welle variiert.
Und nicht zuletzt ist auch in der aktuellen Schau wieder Longos legendäre Sigmund-Freud-Serie zu sehen, die Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder schon 2003 als Teil der Wiedereröffnung der Albertina zeigte. Longo überträgt dabei Aufnahmen aus der Freud-Praxis kurz vor der erzwungenen Emigration in seine Bildwelt. "Robert Longo ist eine Art Historienmaler", zollte Schröder dem Maler am Dienstag seinen Respekt. Seine Arbeiten würden für künftige Generationen als Wegmarken prägender Ereignisse eine Epoche illustrieren.
Der gebürtige New Yorker selbst sinnierte angesichts der Personale eher über den überzeitlichen Charakter seiner Werke. "Mein Bild aus dem libanesischen Bürgerkrieg etwa sieht aus wie Gaza 2024. Es ist sehr traurig, was aus unserer Welt geworden ist." Dazu gehören wohl auch aktuelle Ereignisse wie etwa der gescheiterte Attentatsversuch auf Donald Trump samt der dabei entstandenen Bildikonen. "Es gibt Bilder, denen ich mich nicht nähern kann", machte Longo bei der Präsentation in der Albertina deutlich.
(S E R V I C E - "Robert Longo" in der Albertina, Albertinaplatz 1, 1010 Wien von 4. September bis 26. Jänner 2025. www.albertina.at/ausstellungen/robert-longo)
WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA/Albertina/Robert Longo/Robert Longo Studio