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Gudrun Kampl: „Geld ist eine Energieform“

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Gudrun Kampl mit der Klebepistole im Anschlag (nach Maria Lassnig).

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Ihre signifikanten Arbeiten sind in vielen großen Sammlungen vertreten. Dennoch weiß die Künstlerin Gudrun Kampl auch um herausfordernde Einkommenssituationen Bescheid.

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In Ihren Arbeiten beschäftigen Sie sich mit der Haptik und der Vielzahl emotionaler Bedeutungen von unterschiedlichen Materialien. Was löst denn Geld in Ihnen aus?

Gudrun Kampl

Haptik und Material ist tatsächlich wichtig in meiner Kunst. Textile Materialien als Untergrund für meine Malerei waren schon in meiner Studienzeit bei Maria Lassnig ein großes Thema für mich. Momentan ist es die Materialität von Thermoplasten, die mich fasziniert. Geld ist für mich nichts, das ich wegen seiner Textur oder Farbigkeit schätze, sondern wegen seines Wertes. Geld ist eine Energieform. Die herausfordernde Einkommenssituation als Künstlerin hat mich von Beginn an auf geringe Fixkosten achten lassen, anders könnte ich nicht überleben.

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Was ärgert Sie denn am aktuellen Wirtschaftssystem?

Gudrun Kampl

Die Arbeit an Ausstellungen und künstlerischen Projekten auch in Museen ist eine unbezahlte Eigenleistung. Grundsätzlich wird in unserem System die Kunst gefördert, nicht die kunstschaffenden Personen. Die Armutsgefährdung von Künstler:innen ist in unserer Gesellschaft fünfmal höher im Vergleich zum Durchschnitt der erwerbstätigen Gesamtbevölkerung. Deswegen bin ich Anhängerin des bedingungslosen Grundeinkommens und finde die Arbeit der Initiative „pay the artist now!“ wichtig, die sich für faire Arbeitsbedingungen und angemessene Bezahlung künstlerischer Arbeit einsetzt.

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Was hat Sie familiär in Sachen Geld geprägt und was haben Sie Ihrer Tochter weitergegeben?

Gudrun Kampl

Das Aufwachsen in einem bäuerlichen Umfeld bis zum zehnten Lebensjahr hat mein Wissen für die Eigenverantwortung und die Selbstständigkeit geprägt. Meiner Tochter habe ich hoffentlich den Optimismus und Mut zur Selbstständigkeit, zusammen mit einer guten Ausbildung, weitergegeben.

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Was würden Sie als Künstlerin auch für viel Geld nicht machen?

Gudrun Kampl

Die Frage ist vielmehr, was täte ich für Geld? Wenn ich auf die letzten vierzig Jahre meines Künstlerinnenlebens zurückblicke, muss ich leider sagen, nicht sehr viel!

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Nach welcher Anlagestrategie haben Sie als freischaffende Künstlerin vorgesorgt?

Gudrun Kampl

Ich würde mich eher als Typ Risiko bezeichnen, das ist als freischaffende Künstlerin gar nicht anders möglich. Schon Maria Lassnig sagte zu ihren Student:innen: „Wenn es Ihnen ums Geld geht, sollten Sie Wirtschaft studieren.“ Für mich ist der Erwerb eines eigenen kleinen Bauernhofs, der in jahrelanger Arbeit restauriert wurde, die Möglichkeit zur grundlegenden Altersversorgung und ein gutes Investment.

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Was halten Sie von Kunst als Investment?

Gudrun Kampl

Gefällt meinen Sammler:innen ein Kunstwerk von mir und steigt dieses dann auch an Wert, so haben sie einen doppelten Gewinn.

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Alles ist teurer geworden. Wo sparen Sie derzeit?

Gudrun Kampl

In Zeiten wie diesen versuche ich, Müll einzusparen.

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Was halten Sie für Ihren ganz persönlichen Reichtum? Also was macht Ihr Leben besser?

Gudrun Kampl

Die Möglichkeit, mich aufs Land zurückziehen zu können.

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Was war das Verrückteste, das Sie sich je geleistet haben?

Gudrun Kampl

Ein Künstlerinnenleben ohne Sicherheiten, bei dem ich jeden Tag an dem arbeiten darf, was mir Freude bereitet.

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Der Gender-Pay-Gap ist immer noch Thema. Müssen Frauen auch in der Kunst härter ums Geld kämpfen?

Gudrun Kampl

„Sie müssen doppelt so viel arbeiten wie die Männer!“, sagte Maria Lassnig zu mir, nachdem sie mich als einzige Frau unter vier Männern des Jahrgangs in ihrer Meisterklasse an der Hochschule für Angewandte Kunst aufgenommen hatte. Daran hat sich meiner Meinung nach nicht viel geändert. Mir sind auch regelmäßig Vorurteile gegenüber Künstlerinnen mit Kindern begegnet. Auch der Unconscious Gender-Bias und seine Auswirkungen sind in der Kunstwelt tief verwurzelt.

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Was bedeutet Luxus für Sie?

Gudrun Kampl

Mir meine Arbeiten leisten zu können und das Risiko, damit nichts zu verdienen – oder viel zu gewinnen.

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Und wofür würden Sie Ihr letztes Geld ausgeben?

Gudrun Kampl

Ich würde damit meine sterblichen Überreste zu einem Diamanten pressen lassen, falls ich kein Ehrengrab am Zentralfriedhof bekomme.

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Steckbrief

Gudrun Kampl

Beschreibung

Gudrun Kampl [*1964 Klagenfurt] hat mit ihren textilen Skulpturen eine ganz eigene Handschrift entwickelt. In ihrem sinnlichen Œuvre aus Samt und Seide befasst sie sich mit Materialkonnotationen und arbeitet sich humorvoll an Mustern und Symbolen ab. Aktuell beschäftigt sich die Künstlerin mit Kunststoff.

Ab 21.4.2024 zeigt die Kärntner Galerie Judith Walker die Ausstellung „Paradise lost“ mit Naturdarstellungen und Blumenstillleben aus Thermoplast. gudrun-kampl.com

Das Interview ist aus trend.PREMIUM vom 8. März 2024.
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