Heinrich Steinfest
©APA / Eva ManhartMit sprachspielerischen Formulierungen und Blick für absurde Details gilt Heinrich Steinfest als einer der originellsten Erzähler seiner Generation. Was dem Autor zum Thema Geld durch den Kopf geht.
Welche Bilder löst denn das Thema Geld bei Ihnen aus? Haben Sie selbst eine gute Hand fürs Geld?
Beim Wort Geld muss ich augenblicklich an dieses Foto denken, das einen Bewohner der Yap-Inseln im Pazifik mit einer gewaltigen, tonnenschweren Münze aus Stein zeigt: unbewegliches Geld. Wäre das nicht eine Lösung? Ich glaub, ich gehe da so einen Mittelweg, was das Geld betrifft, hab also eine mittelgute Hand. Werd nicht arm und werd nicht reich und schau zu, nicht in Schrecken zu erstarren angesichts des drohenden Monatsendes.
Was ärgert Sie am aktuellen Wirtschaftssystem?
Was mich schon immer geärgert hat: Ungleichheit, die wiederum zu Unfrieden führt. Seitdem wir Sprache und Technik entwickelt haben, entscheidet die Wirtschaft über Glück oder Unglück der Menschen. Jeder Konflikt resultiert genau betrachtet aus einem unvernünftigen Wirtschaften – siehe den Kampf um die Wasserstelle, als wäre nicht genug Wasser für alle da, wenn man’s nur vernünftig verteilt.
Was machen Sie mit Ihrem Geld? Beschäftigen Sie sich auch mit der Börse oder Bitcoins?
Keine Aktien, keine Bitcoins, ich bin ein Mann von gestern, der noch mit dem Sparefroh aufgewachsen ist. Also spare ich, so gut’s geht.
Was halten Sie für ein sinnvolles Investment?
Kinder. Wenn man nämlich gesellschaftlich denkt. Na ja, und Whisky finde ich auch ganz gut.
Warum heißt es hierzulande immer noch: Über Geld spricht man nicht?
Heißt es das? Ich hab ganz im Gegenteil das Gefühl, dass ständig übers Geld gesprochen wird, über das, das man hat, und noch mehr über das, das man nicht hat. Das ist mitunter echt eine Plage, diese Fokussierung aufs liebe Geld.
Wissen Sie noch, was Sie mit Ihrem ersten selbst verdienten Geld gemacht haben?
Da war ich dreizehn und habe es gemäß meiner Dreizehnjährigkeit in diverse Süßigkeiten umgewandelt. Denn das ist ja der Sinn von Geld, die Verwandlung.
In Ihrem neuen Roman „Sprung ins Leere“ geht es um eine abenteuerliche familiäre Spurensuche rund um eine künstlerische Hinterlassenschaft. Was wollen Sie abseits Ihrer Bücher einmal hinterlassen?
Ordnung. Das ist wirklich so ein Ziel von mir, eine Ordnung zu hinterlassen. Da gibt es eine Äußerung aus einem frühen Roman von mir, wo der Erzähler rät: „Räume deine Küche auf, bevor es zu spät ist.“ Ich hoffe, Sie verstehen, was ich meine.
Was halten Sie denn für Ihren ganz persönlichen Reichtum?
Na ja, trotz aller Mühe und Plage und Ungewissheit am und im Leben gewesen zu sein. Das Leben selbst – die Dinge erfahren zu haben, geatmet und gedacht zu haben, bei Bewusstsein gewesen zu sein – stellt den Reichtum dar.
Wofür geben Sie gerne Geld aus? Und wofür sind Sie sich zu „neidig?
Essen gehen mit der Familie, und zwar gut essen gehen. Zu neidig wiederum bin ich für „sehr gut essen gehen“, weil ich gewisse Skrupel gegenüber Lokalen habe, in denen die Vorspeise mehr kostet als ein gebundenes Buch.
Was würden Sie auch für viel Geld nicht machen?
Meine eigene Biografie verfassen. So was wie „Mein Weg“ oder „Ich, Heinrich“ und so weiter.
Was war das Verrückteste, das Sie sich je geleistet haben?
Da muss ich jetzt wirklich lange nachdenken, weil ich wohl all meine Verrücktheiten und Maßlosigkeiten in meine Literatur gefügt habe … aber um nun doch zu antworten: aus purer Lust daran, sich wie in einem Spielfilm zu fühlen, in ein Taxi gestiegen zu sein, einen größeren Geldschein nach vorn gereicht und den Fahrer angewiesen zu haben: „Fahren Sie mich einfach in der Gegend herum!“
Haben Frauen ein anderes Verhältnis zu Geld als Männer?
Vielleicht etwas zärtlicher? Und da meine ich jetzt die Männer. In dem Sinne zärtlicher, wie man zärtlich über eine Motorhaube streicht.
Was bedeutet Luxus für Sie?
Vom Schreiben leben können.
Und wofür würden Sie Ihren letzten Cent ausgeben?
Ich weiß, das ist symbolisch gemeint. Aber mich plagt die Gegenfrage, was man denn heutzutage für einen Cent überhaupt bekommt. Ich glaube, ich würde den Groschen einfach behalten, um mich daran zu erinnern, wie das ganze Unglück begann. Das nennt man dann, glaube ich, Katharsis.
Das Interview ist der trend. EDITION vom März 2024 entnommen.
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