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Leyya auf neuem Album "Half Asleep" und doch hellwach

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Aktualisiert
Lesezeit
7 min
Marco Kleebauer und Sophie Lindinger haben den Druck rausgenommen
©APA/APA/Ink Music/MK
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Ein paar Grillen zirpen, die Stadt rauscht leise, und darüber liegt ein beinahe unscheinbares rhythmisches Knacksen: So beginnt das höchst erfolgreiche Popduo Leyya sein neues Album "Half Asleep". Diese Art des Understatements passt gut zu Sophie Lindinger und Marco Kleebauer, die in den vergangenen zehn Jahren zu zentralen Proponenten der heimischen Musikszene wurden. Dass die neuen Songs ein Glücksfall sind, hat dabei gleich mehrere Gründe.

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Denn wirklich mit neuem Material gerechnet haben wohl die wenigsten Fans. "Für uns war es wichtig, den Druck rauszuhalten", erinnerte sich Lindinger im APA-Gespräch an die Entscheidung vor drei Jahren, am Livesektor vorerst zu pausieren. Auf der Vorgänger-EP "Longest Day of My Life" hat die Sängerin, Musikerin und Produzentin ihre Depressionen verhandelt, danach standen für beide zunächst andere Projekte wie My Ugly Clementine oder Sharktank im Vordergrund. Musik gemacht habe man trotzdem gemeinsam, "es war aber nie geplant, dass ein Album rauskommt. Es ist eher zufällig entstanden, weil es einfach eine gute Zeit war."

Nun mag von den Rahmenbedingungen manches neu sein im Leyya-Universum, in Sachen Kreativität und Experimentierfreude hat das Duo aber keine Abstriche gemacht. Schon der Titeltrack wartet mit einem verspielten, an Trip-Hop gemahnenden Beat auf, zu dem flächige Synthiesounds für die passende Stimmung sorgen, während Lindinger mit ihrem zarten Gesang viel Intimität erzeugt. Nicht nur hier gehen handgemachte Klänge und Verfremdungen Hand in Hand, wie auch das zurückgenommene "Ease My Mind" beweist. Der Track "Pumped Up High" kreuzt wiederum Indie-Gestus mit poppiger Eingängigkeit. Bemerkenswert ist ohnedies, wie es Leyya schafft, eine herbstliche Melancholie mit sommerlichem Optimismus zu kreuzen. Das Leben ist eben nicht nur schwarz oder weiß.

Die Arbeitsweise habe sich über die Jahre kaum verändert. "Wir setzen uns immer noch hin und basteln Baustein für Baustein den ganzen Song zusammen", so Lindinger. "Da wir uns schon so lange kennen, können wir auch unausgesprochen kommunizieren. Wir müssen nie diskutieren oder Kompromisse eingehen, sondern können uns so aufeinander einlassen und uns vertrauen, dass die andere Person einfach ein gutes Gespür hat." Neu sei höchstens das angeworbene Wissen und Können, haben doch beide in letzter Zeit viele andere Acts produziert. "Dadurch gehen manche Dinge einfach schneller und man verliert nicht den Faden dabei. Drehst du eine halbe Stunde an einem Sound herum, verschwindet womöglich die Kreativität für den restlichen Song."

Textlich arbeitet sich Lindinger weiter an Selbstreflexion ab, setzt das aber auch vielfach in Beziehung zur Welt, die sie umgibt. "Es geht darum, diese Wahrnehmung zu schaffen, was meine reine Existenz an allem, was mit mir zu tun hat, ändert. Es geht darum, ein Gefühl dafür zu kriegen und auch mehr Kontrolle zu übernehmen für Dinge, die oft unkontrollierbar wirken." Zu sehr wolle sie ihre Zeilen aber gar nicht erklären. "Ich gebe meine Texte gerne her und die Leute nehmen sich raus, was sie hören wollen. Das Schöne ist, wenn man sich wiederfindet. Ob die Person, die etwas geschrieben hat, eigentlich etwas anderes erzählt, ist dabei egal. So können sich die Leute auch mit den Texten identifizieren."

Durchaus herausfordernd findet es die Musikerin, den Kopf in unserer schnelllebigen Zeit freizubekommen. "Man wird sich nie komplett im Kopf freimachen können, wenn man an etwas arbeitet, das einem extrem am Herzen liegt und wenn ganze viele Dinge von externen Faktoren abhängen." Beide hätten aber mittlerweile gelernt, wie wichtig Pausen sind. "Das ist das 1-mal-1, um den Kopf frei zu kriegen", schmunzelte sie. "Gefühlt waren wir ja immer 24/7 im Studio oder auf Tour. Es war nie ein Moment da, um einfach zu reflektieren oder kurz Abstand zu bekommen." Jetzt gebe es aber freie Wochenenden und gehe man um 17.00 Uhr aus dem Studio, um Feierabend zu machen. Auch Freunde, die selbst nicht im Musikbusiness sind, würden helfen. "Und für mich ist auch Therapie extrem wichtig, mich also um meine mentale Gesundheit zu kümmern - um wortwörtlich den Kopf frei zu kriegen von diesen ganzen Dingen."

Im September stehen Leyya für sieben ausgewählte Shows wieder auf der Bühne, etwa beim Hamburger Reeperbahnfestival, aber auch im Wiener WUK oder dem Posthof in Linz. "Wir wollten nicht wieder in ein Radl wie früher reinfallen. Also haben wir geschaut, dass die Konzerte auch so umgesetzt werden können, wie wir wollen. Unsere Musik muss einfach in einem bestimmten Kontext passieren", betonte Lindinger. Atmosphäre, Licht, Intimität, aber vor allem Ruhe spiele eine Rolle. "Menschen, die wirklich aufmerksam zuhören, das braucht unsere Musik einfach. So fühlt es sich auch richtig an, live zu spielen."

Richtig fühle sich in jedem Fall die Zusammenarbeit mit Kleebauer an. "Leyya war das erste Projekt, mit dem wir angefangen haben, Musik zu machen und zu veröffentlichen. Es war unser Einstieg ins Musikbusiness und in das Leben des Musikerinnen-Seins. Wir haben uns über Jahre ganz viel aufgebaut, sehr hart an Dingen gearbeitet, und dieses Projekt hat einfach Türen geöffnet", so Lindinger. Das "Herz" sei insofern immer bei Leyya. "Es gibt auch eine Kompromisslosigkeit, mit der wir arbeiten können. Immerhin machen wir das, seit wir elf oder zwölf Jahre alt waren. Wir kennen uns in- und auswendig, es gibt keine Diskussionen, kein Ego, kein Nachgeben. Wir sind einfach auf einer Wellenlänge." Daher sei Leyya "einfach ein Daheimsein".

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

(S E R V I C E - Leyya live in Österreich: 21. September WUK Wien, 25. September Posthof Linz, 26. September PPC Graz, 27. September Treibhaus Innsbruck; www.leyya-music.com)

WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA/Ink Music/MK

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