Michael Köhlmeier
©Lust auf's Leben/Wolfgang WolakDer Vorarlberger Michael Köhlmeier zählt zu den erfolgreichsten und produktivsten Autoren des Landes. In der trend-Serie "Sprechen Sie Wirtschaft?" sagt Köhlmeier klar, was er vom aktuellen Wirtschaftssystem hält.
Im Theater im Park bitten Sie zur Gesprächsreihe "Philosophie unter Platanen". Was ist Geld aus philosophischer Sicht?
Philosophisch? Marx würde sagen: Geld ist geronnene Arbeit. Die Metamorphose der Arbeit.
Und warum heißt es hierzulande immer noch: Über Geld spricht man nicht?
In Vorarlberg heißt es das nicht. Wir reden über Geld und werden nicht rot dabei. Wir sind calvinistische Katholiken, eine Unmöglichkeit eigentlich. Ich rede gern über Geld, vor allem, wenn ich welches habe.
Haben Sie eine gute Hand fürs Geld? Wissen Sie am Monatsende wohin Ihr Geld geflossen ist?
Als wir wenig Geld hatten, hatte ich eine gute Hand dafür. Ich hatte immer Rot und Schwarz im Kopf. Habe mir vorgenommen, keine Schulden zu machen. Bei wem auch? Hätte uns eh niemand etwas geliehen. Freunde hatten selbst keines, und eine Bank Künstler? Heute weiß ich zu keiner Zeit, wohin das Geld fließt. Aber wir haben keine großartigen Ausgaben.
Sind Sie ein harter Verhandler?
Das bin ich, ja. Besonders, wenn ich für meine Frau Monika Helfer verhandle. Aber auch wenn ich für mich verhandle. Ich kann meinem Gegenüber meistens länger in die Augen schauen als er mir.
Was ärgert Sie am aktuellen Wirtschaftssystem?
Die schamlose Umverteilung von unten nach oben. Das ist Klassenkampf, aber diesmal ein umgekehrter. Wenn sich eine Partei benimmt wie die Hure der Reichen, zugleich aber so tut, als wäre sie die Hüterin des christlichen Wortes, dass eher ein Kamel durch ein Nadelöhr geht als ein Reicher ins Himmelreich -ach, da weiß ich gar nicht, wohin ich soll mit all der Verachtung, die ich empfinde das aber ist unser aktuelles Wirtschaftssystem und unser moralisches System. Pfui Teufel!
Was hat Sie familiär in Sachen Geld geprägt?
Meine Mutter. Sie hat den Haushalt im Gleichgewicht gehalten. Sie war großzügig und zugleich realistisch sparsam, sie hat sich immer etwas Gutes gegönnt, aber nie zu viel davon. Beim Essen hat sie auf das Beste geachtet. Da hätte es niemals ein zweitklassiges Öl gegeben.
Wissen Sie noch, wofür Sie Ihr erstes selbstverdientes Geld ausgegeben haben?
Für Zigaretten.
Was bedeutet Wohlstand für Sie?
Wenn ich im Restaurant nicht zuerst auf die rechte Seite der Speisekarte schauen muss.
Als erfolgreicher Schriftsteller brauchen Sie wohl keine Angst mehr vor Altersarmut haben. Ist finanzielle Absicherung dennoch Thema in Ihrem Leben? Und: Was war Ihre bisherige Anlagestrategie?
Ich wache nachts manchmal auf und habe Panik vor dem Armsein. Das ist die Folge, wenn man so viele Jahre nichts gehabt hat. Anlagestrategie? Ja. Wir gehen zu unserer Bank, dort sprechen wir mit unserem Freund, der ist dort der Chef, der sagt uns, was am besten ist, und wir nicken und verstehen fast nichts.
Alles ist teurer geworden. Wo sparen Sie derzeit?
Ich weiß nicht recht ich glaube, ich spare nicht Aber wie gesagt, wir haben keine großen Ansprüche. Wir haben seit 35 Jahren kein Auto. Gilt das als Sparen?
Was halten Sie denn für Ihren ganz persönlichen kleinen Reichtum?
Warum klein? Ich kaufe mir jedes Buch, das mich interessiert, und jede CD. Ich bin reich an Büchern und Musik. Und reich an Gitarren. Ich spiele gern darauf und schau sie mir gern an.
Sie gelten auch als leidenschaftlicher Koch. Wie viel darf gutes Essen kosten?
Wenn ich nicht geneppt werde, darf es alles kosten. Ich stecke das ja in meinen Körper hinein. Es ist so ein Glück, gemeinsam zu essen! Und wenn ich hinterher gelobt werde, dass es gut geschmeckt hat - was sind dann ein paar Euro mehr oder weniger!
Wofür geben Sie sonst leichten Herzens viel Geld aus? Ihre Gitarrensammlung?
Bei den Gitarren habe ich manchmal ein schlechtes Gewissen. Dann kommt Monika und sagt: Es ist wieder einmal Zeit, dass du dir eine kaufst. Und ich sage: Nein, ich habe doch schon 36. Und irgendwann kaufe ich mir die 37.
Was würden Sie auch für viel Geld nicht machen?
Mich nicht an Kants kategorischen Imperativ halten.
Was war das Verrückteste, das Sie sich je geleistet haben?
Ich glaube, ich habe mir nichts Verrücktes geleistet. Das ist etwas für Spießer.
Was bedeutet Luxus für Sie?
Nicht ans Geld denken zu müssen.
Und wofür würden Sie Ihr letztes Geld ausgeben?
Damit Monika und ich nicht frieren.
Zur Person
Michael Köhlmeier
Neben seinen Romanen - zuletzt erschien die rasante Road Novel "Frankie" (Hanser) über einen 14-Jährigen und seinen Großvater, der ihm ungeahnte Sphären des Bösen eröffnet - hat sich der Vorarlberger Autor auch mit seiner freien Nacherzählung der Sagen des Altertums und Märchen einen Namen gemacht.
Köhlmeier ist seit 1981 mit der Schriftstellerin Monika Helfer verheiratet. Im Theater im Park bittet er den Sommer über wieder zur Gesprächsreihe "Philosophie unter Platanen - Kein Stein auf dem anderen", u. a. mit Nobelpreisträger Anton Zeilinger.
Das Interview ist der trend. edition+ Ausgabe Juni 2023 entnommen.