Nicolas Mahler - Comiczeichner, Autor und künstlerischer Leiter der Schule für Dichtung in Wien (sfd).
©Manfred Werner_Tsui / wikimediaMit gleich zwei Kafka-Büchern und als neuer Leiter der Schule für Dichtung startet der gefeierte Comiczeichner höchst erfolgreich ins neue Jahr. Geld scheffeln kann man damit aber nicht, sagt Mahler.
Sie schaffen es, den Charakter ihrer Figuren mit wenigen Strichen auf den Punkt zu bringen. Haben Sie im Umgang mit Geld auch so eine gute Hand? Wissen Sie immer Ihren Kontostand und wohin das Geld am Monatsende gekommen ist?
Den Kontostand kenne ich, allein schon, um im Blick zu haben, ob schon überwiesen wurde. Wohin das Geld dann verschwindet, erahne ich nur.
Sind Sie ein harter Verhandler in eigener Sache?
Nein. Hoffentlich lesen hier keine Kunden mit.
Wie viel Humor haben Sie angesichts des aktuellen Wirtschaftssystems?
Keinen, weil ich die Pointen nie verstehe.
Was hat Sie familiär in Sachen Geld geprägt?
Es wurde kein Geld für Statussymbole ausgegeben. So etwas ist mir bis heute fremd.
Ihre Literatur-Comics von Bernhard bis Kafka haben längst Kultstatus und werden auch international gefeiert, jetzt sind Sie auch neuer Leiter der Schule für Dichtung. Es läuft. Was machen Sie mit Ihrem Geld? Ist finanzielle Vorsorge für einen experimentierfreudigen Geist überhaupt ein Thema?
Zu glauben, dass man mit Comics und Dichtung Geld scheffelt, kann nur einem Wirtschaftsmagazin einfallen. Vorsorge und Investment sind kein Thema. Ich bin Anhänger des Sparbuchs und entsetzt, dass einem Banken unseriöse Risikoinvestments andrehen wollen und kleine Sparer verspotten.
Was halten Sie für Ihren ganz persönlichen Reichtum? Also was macht ihr Leben besser?
Nicht über Risikoinvestments nachdenken zu müssen. Und keinen Chef zu haben.
Was investieren Sie in sich selbst? Wofür geben Sie leichten Herzens viel Geld aus? Kunst? Bücher? Gutes Essen?
Ich hasse Einkaufen, das spart schon einmal viel Geld. Überkandidelte Lokale sind mir auch ein Graus, das spart noch mehr Geld. Bücher mache ich selbst, muss sie also nicht kaufen.
Was war denn das Verrückteste, das Sie sich je geleistet haben?
Einen Gartenzwerg von 1,20 Meter Größe zu kaufen, nur um mit ihm ins Kino zu gehen. Der war nicht ganz billig, hat über 1.000 Schilling gekostet. Da war ich 17 Jahre alt und wollte wahrscheinlich "exaltierten Lebensstil" ausprobieren. Aber das ging vorüber. Der Film hieß übrigens "Mishima".
Was würden Sie auch für viel Geld nicht machen?
Ich warte immer noch auf ein Angebot, das ich entrüstet ablehnen kann.
Karte oder Bargeldzahler?
Eindeutig Bargeld. Karten wurden erfunden, um einem das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Großzügiger Typ oder Erbsenzähler?
Großzügig mit Witzen, sparsam mit Gedichten.
Kann man heute noch mit ehrlicher Arbeit reich werden?
Natürlich nicht. Reich wird man, wenn man erbt, Dreck am Stecken hat oder mit einem miesen Charakter gesegnet ist. Wenn alle drei zutreffen, kann man sogar steinreich werden.
Wissen Sie noch, wofür Sie Ihr erstes selbstverdientes Geld ausgegeben haben?
Es könnte der Gartenzwerg gewesen sein.
Was empfinden Sie als Luxus?
Taxifahren.
Wofür würden Sie Ihr letztes Geld ausgeben?
Nachdem das letzte Hemd keine Taschen hat, habe ich dann wahrscheinlich auch kein Bargeld einstecken.
Gute Vorsätze für 2024?
Keine Gartenzwerge mehr kaufen. Die Rückkehr des Sparbuchs. Grundeinkommen für alle.
Zur Person
NICOLAS MAHLER (* 30. November 1969 in Wien) lebt und arbeitet als Comiczeichner und Autor in Wien und ist seit Jahresbeginn neuer künstlerischer Leiter der Schule für Dichtung in Wien (sfd). Seine Cartoons erscheinen in Zeitungen und Magazinen wie "Zeit" oder "Titanic".
Seine Comics wurden als Trickfilme adaptiert, seine witzig pointierten wie unorthodoxen Literatur-Comic-Adaptionen von Bernhard bis Musil bereits mehrfach ausgezeichnet.
Zum Kafka-Jahr sind gerade zwei neue Bücher bei Suhrkamp erschienen: die Comic-Biografie "Komplett Kafka" und "Kafka für Boshafte", in der Mahler virtuos die komische Seite Kafkas würdigt.
Das Interview ist aus trend.PREMIUM vom 19. Jänner 2024.
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