Volks-Rock'n'Roller Andreas Gabalier
©IMAGO / Manfred SegererGedränge, Gejohle und viel Kohle: Andreas Gabalier begeistert mit Volks-Rock'n' Roll die Massen. Seit heuer ist er auch in Deutschland ein Star. Dort liegt das große Geld, das er mit zahlreichen Nebengeschäften noch vermehrt. Ein paar andere verdienen am Hype mit.
Ein Dirndl zu tragen und gleichzeitig eine Tätowierung zu haben, das wäre vor wenigen Jahren noch ein unmöglicher Kultur-Clash gewesen. Jetzt ist es hip. Scharen von jungen und nicht mehr ganz so jungen Mädchen verbinden bodenständiges Outfit mit Modernem -und sie strömen zu Konzerten von Andreas Gabalier, der derzeit heißesten Aktie am österreichischen Musikmarkt. Der 29-Jährige kombiniert Lederhose mit T-Shirts, auf seinem Wadl steht als Tattoo "Volks-Rock'n' Roller". Sein Mikrofonständer ist mit rot-weiß kariertem Schneuztuch und Geweih verziert.
In Österreich zieht der kernige Künstler schon länger, 2014 ist der Hype um den "Tracht-Kerl" auch auf Deutschland übergeschwappt. Seine Tournee im Nachbarland war ein voller Erfolg, in Berlin und München spielte er vor jeweils 20.000 Fans. Auf Facebook hat er (@AndreasGabalier) über 410.000 Follower, dreimal so viele wie noch vor einem Jahr. Nächster Schritt auf der Erfolgsleiter: eine eigene TV-Show im deutschen Fernsehen, die am 6. September ausgestrahlt wird.
Neue Schublade entdeckt
"Erfolge in Österreich sind schön, aber das ganz große Geld verdient man in Deutschland", weiß der Musikpromoter und Konzertveranstalter Herbert Fechter. Seine Erklärung für Gabaliers Erfolg: "Die Musikbranche ist wie ein Schubladenkasterl. Und Gabalier hat eine Lade entdeckt, in der bisher noch niemand saß: in Lederhose eine Art Rock'n' Roll zu singen."
Wertet man die österreichische Hitparade der vergangenen 40 Jahre aus, wird deutlich, wie stark die Nachfrage nach Musik von Andreas Gabalier ist. Sein "Herzwerk" war 74 Wochen in den Top Ten. Insgesamt hat er 1,6 Millionen Tonträger verkauft.
Seit Falco hat kein österreichischer Musiker in Deutschland so viel verdient wie Gabalier - und dabei geht es für den Steirer beim großen Nachbarn erst jetzt so richtig los. Doch zwischen Falco und ihm liegen nicht nur drei Jahrzehnte, sondern auch ein völlig verändertes Geschäftsmodell. Gingen die Falcos und Fendrichs vor allem deshalb auf Tournee, um ihre Schallplatten oder CDs zu promoten, rollt in Zeiten der Eventkultur das große Geld bei Konzerten.
Spielen Gabalier und seine Band in ausverkauften Hallen, bleiben den Musikern nach Abzug aller Kosten an die 100.000 Euro übrig, das meiste davon für den Chef. Bei 14 großen Konzerten im vergangenen Jahr bedeutet das für den steirischen Massenmagneten rund 900.000 Euro an Einnahmen.
Auch Privatkonzerte gibt er, im Herbst ist er einige Male für Betriebsfeiern gebucht. Unter 70.000 Euro pro Abend geht da nichts mehr, sagen Insider.
In Krisenzeiten zieht Schlager
Zwar ist fließend, wo Schlager und Volksmusik enden und der Pop beginnt, aber eindeutig ist, dass das Genre boomt. 55 Prozent der Deutschen geben mittlerweile zu, an dieser Art von Musik Gefallen zu finden, 350.000 Menschen kamen in Hamburg zum sogenannten "Schlagermove", der Loveparade für Schlagerfans. In den 80er-Jahren noch war Schlager in der breiten Masse eher verpönt. In Österreich lag der Schlageranteil in den Top-100-Charts im vergangenen Jahr bereits bei 31 Prozent, Tendenz steigend.
Dazu kommen noch die Tantiemen für 1,6 Millionen verkaufte Tonträger, die Gabalier auch eine gute Million Euro gebracht haben. Die Marken "Gabalier" und "Volks-Rock'n'Roller" wurden in sämtlichen Kombinationen und auch Farben weltweit geschützt. Und nachdem die Fans fast alle zumindest ein rot-weiß kariertes Schneuztuch um sechs Euro kaufen, bleibt noch einmal ein hoher sechsstelliger Betrag an Merchandising-Einnahmen für den Sänger.
Es gibt eine eigene Gabalier-Trachtenkollektion, die vom bayrischen Bergschuh-und Trachtenhersteller Meindl erzeugt wird. Diese Form der Verwertung ist allerdings nicht ganz neu: Vor 20 Jahren gab es bei Meindl bereits Lederhosen Marke "Hubert von Goisern". Neu ist, dass sie massenhaft nachgefragt werden: Der Verkauf laufe sensationell, sagt Gabalier im Interview. "Wir kommen mit dem Produzieren nicht nach."
In sechs Jahren vom Nobody zum Multimillionär
Alles in allem wird der Verdienst Gabaliers seit Karrierestart am 18. Juli 2008 um 15.45 Uhr -da wurde auf Radio Steiermark zum ersten Mal ein Lied von ihm gespielt - auf fünf bis sieben Millionen Euro geschätzt. Damit ist er zwar noch weit von Langzeitsänger Udo Jürgens entfernt, dem ein Vermögen von 100 Millionen Euro nachgesagt wird, aber bereits in der Nähe der derzeitigen deutschen Schlager-Queen Helene Fischer, die auf zehn Millionen Euro geschätzt wird.
Die 30-Jährige kann nicht nur singen, sie ist auch noch blond und attraktiv - aktuell gibt es eine Anfrage des "Playboy" -Magazins bezüglich Nacktfotos. Der 80-jährige Jürgens ist bereits seit Jahrzehnten im Geschäft. Doch es kann gut sein, dass Gabalier zumindest Fischer bald einholt. Denn ein Ende des Booms ist nicht in Sicht.
"Der Erfolg Gabaliers ist unglaublich. Er und sein Team machen im Moment alles richtig", sagt der Musikmanager Bernd Rengelshausen. "Gabalier hat das Potenzial, lange im Geschäft zu bleiben", ist auch der Musikverleger Walter Gröbchen überzeugt. "Seine Fans sind zwar jung, aber wertkonservativ. Die bleiben treu, wenn sie sich mal auf einen Künstler festgelegt haben." Beispiel DJ Ötzi: Der hat zwar schon lange keinen großen Hit mehr gelandet, bekommt aber immer noch 25.000 Euro pro Auftritt. Das ist zwar nur mehr die Hälfte der Gage zu Glanzzeiten, aber immer noch eine, von der man mehr als gut leben kann.
Gabalier selber denkt auch in die Zukunft und hat bereits eine "Volks-Rock'n' Roll GmbH" gegründet, allerdings wurde im Firmenbuch noch keine Bilanz hinterlegt. Geht es ums Business, zitiert der Musiker gerne seinen HAK-Marketingprofessor Erwin Klement, der gesagt hat: "Es ist immer besser, etwas als Erster anzugehen, als etwas nachzumachen." Das hat sich Gabalier zu Herzen genommen und neben seinem Jus-Studium den Volks-Rock-'n'-Roll erfunden - mit dem er den Nerv vieler traf: Er bedient die Lust aufs Land, die Sehnsucht nach Bergen und echten Gefühlen, die Wiederentdeckung von Tradition, die dazu geführt hat, dass man selbst in Wien nicht mehr komisch angeschaut wird, wenn man Lederhosen trägt. "Die Leute, die im Job unter Druck sind, suchen einen Ausgleich", erklärt Konzertveranstalter Walter Egle den Schlagerboom.
Gut geplant - auch die Expansion
Nicht nur auf der Bühne, auch beim Geschäft mag es der Musiker heimatverbunden: Der Steirer setzt auf Steirer. Sein Manager ist Klaus Bartelmuss, ein Unternehmer mit großem Faible für Musik. Sein Geld verdiente der 54-Jährige zuerst als Eigentümer des Maschinenherstellers IBS Paper Performance Group in Teufenbach im Murtal, nun wirft dank Gabalier auch sein Musiklabel Stall Records immer mehr ab. 2012 wurde knapp eine Million Euro Bilanzgewinn erzielt.
Promotor von Gabalier ist der Steirer Sepp Adlmann. Beide begleiten ihn, ergänzen bei Interviews seine Antworten und wirken wie ein sehr eingespieltes Team. Und bei allen dreien hat man den Eindruck, sie wissen genau, was sie tun. Die weggelassenen "Töchter" beim Singen der Bundeshymne beim Grand Prix in Spielberg waren daher auch kaum ein Zufall.
Expansion des Unternehmens Gabalier ist weiterhin ein Ziel, nur in noch größeren Dimensionen. In Singapur und in New York will der Steirer Konzerte geben. Damit es weniger Verständigungsschwierigkeiten gibt, existieren bereits einige seiner Songs auf Englisch. Verbreitet werden soll die Marke mittelfristig auch im Bereich Gastronomie. Wenn das Konzept aufgeht, dann kann man ziemlich sicher sein, dass die Kellnerinnen Dirndln und die Kellner Lederhosen tragen - und die meisten auch Tatoos haben.
Gabaliers Geschäftszweige
Neben den Konzerten und Plattenverkäufen hat Andreas Gabalier zahlreiche andere Einnahmequellen erschlossen. Der Musiker verdient mit Musik, mit Schneuztüchern, einer Trachtenkollektion und Werbung. Derzeit wird er auf bis zu sieben Millionen Euro geschätzt.
Merchandising
Auf mehrere Hunderttausend Euro sollen sich die Einnahmen aus dem Verkauf von Gabalier-Produkten belaufen. Der Renner ist ein kleines Tuch - "mein Opa verwendete so eines zum Messerputzen, zum Apfelpolieren und als Schneuztuch für uns Kinder". Verkaufspreis: sechs Euro.
Für Fans gibt es auch noch Stoff-Rehlein um zwölf Euro, die Sonnenbrille für 19 Euro oder etwa eine Jacques-Lemans-Uhr um 110 Euro. Heuer im Mai veranstaltete ACR Reisen eine viertägige Mittelmeerschifffahrt mit Gabalier (Kosten ab 299 Euro). 2015 wird "Gabalier auf See" wiederholt, Platz am Schiff ist für 2.550 Passagiere.Trachtenkollektion
Seit heuer wird eine Gabalier-Trachtenkollektion verkauft, die das deutsche Unternehmen Meindl Tracht gemeinsam mit dem Steirer entworfen hat. Zu finden sind nicht nur die Lederhose (595 Euro), sondern auch Hemden oder etwa eine Lederjacke um 1.380 Euro.Fernsehshows und Schauspiel
Gabalier ist nicht nur als Sänger im Fernsehen. Am 6. September ist er Gastgeber einer Samstagabendshow (ARD, ORF, SRF), als Schauspieler war er bei der 300. Folge der "Rosenheim-Cops" zu sehen.Werbung
Bis heuer im Juli war Gabalier das Werbegesicht des steirischen Fleisch- und Wurstherstellers Schirnhofer - diese Kooperation wurde aber nun beendet.
Offenbar sind einige andere größere Deals gerade in den Endverhandlungen. Gabalier ist auch "Steiermark-Genuss-Apfel-Botschafter", gemeinsam mit der steirischen Firma Frutura.Tantiemen
Da Gabalier seine Lieder nicht nur interpretiert, sondern selbst komponiert, erhält er hohe Vergütungen von Rechteverwertungsgesellschaften.