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Bildungskarenz: Bezahlte Auszeit für Weiterbildung in Österreich

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Bildungskarenz: mit Weiterbildungsgeld vom AMS die eigene Qualifikation und damit auch das Einkommen verbessern.
Bildungskarenz: mit Weiterbildungsgeld vom AMS die eigene Qualifikation und damit auch das Einkommen verbessern.©Elke Mayr
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In Österreich gibt es das Instrument der Bildungskarenz mit vom Arbeitsmarktservice (AMS) bezahlten Weiterbildungsgeld zum Erwerb neuer beruflicher Qualifikationen. Auch eine Bildungsteilzeit mit Bildungsteilzeitgeld kann nach Vereinbarung mit dem Arbeitgeber beim AMS beantragt werden.

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In der Mitte des Lebens wird oft „Inventur“ gemacht. Gewohntes wird auf den Prüfstand gestellt, berufliche und persönliche Ziele werden neu definiert. Da ist Armin Wolf keine Ausnahme. Der ORF-Moderator gönnte sich von Oktober 2009 bis April 2010 eine Auszeit, um sich vom Bildschirm vorübergehend zu verabschieden und sein MBA-Studium an der Berlin School of Creative Leadership abzuschließen.

Wolf avancierte damit zu einem der prominentesten österreichischen Vertreter einer steigenden Zahl von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, die Zeit und Geld in ihre Weiterbildung investieren und dafür eine Zäsur in ihrer beruflichen Karriere setzen. „Ich habe damals nebenberuflich noch ein Post Graduate-Studium in Berlin absolviert und wollte mir für eine ordentliche Master-Arbeit ein paar Monate Zeit nehmen und mit Mitte 40 das erste Mal in meinem Leben ,nur Student‘ sein“, erzählt Armin Wolf, der seinen Wunsch dann letztlich nicht mit einer bezahlten Bildungskarenz, sondern großteils mit unbezahltem Urlaub verwirklichte.

Weiterbildung mit Bildungskarenz in Österreich

Eine unbezahlte Pause, wie sie der ZIB-Anchorman Armin Wolf eingelegt hat, ist aber unter den Menschen, die nach einer oft schon jahrzehntelangen Karriere beschließen, nochmals die Schulbank zu drücken, eher die Ausnahme.

Die öffentliche Hand fördert dafür seit gut 20 Jahren das Instrument der Bildungskarenz in Österreich. Wer sich dafür entschließt, der erhält für die Dauer der Bildungskarenz ein sogenanntes Weiterbildungsgeld. Ausgezahlt wird das Weiterbildungsgeld während der Bildungskarenz vom Arbeitsmarktservice Österreich (AMS). Die AMS Auszahlungen dafür summierten sich im Jahr 2021 auf 215 Millionen Euro. Zum Vergleich: 10 Jahre davor, im Jahr 2011, waren es mit 110,6 Millionen Euro nur rund halb so viel.

Das Angebot wird immer öfter in Anspruch genommen, wie die steigenden Zahlen an Beziehern und Bezieherinnen belegen: In den zehn Jahren von 2011 bis 2021 haben sie sich mehr als verdoppelt. Zudem ist die 2013 geschaffene Möglichkeit einer Bildungsteilzeit offenbar so attraktiv, dass sich die Anzahl der Bezieher in diesem Segment innerhalb von acht Jahren von 2013 bis 2021 vervierfacht hat. Überraschend: Verantwortlich für den Zuwachs sind überwiegend Frauen. „Der Einkommensverlust von rund 40 Prozent ist bei Frauen, die häufig weniger verdienen als Männer, in Familien leichter zu verschmerzen“, sagt Horst Friedrich, der zuständige Mitarbeiter des AMS.

Eine vom Forschungsinstitut Agenda Austria auf Basis der Daten von 2016 und 2016 durchgeführte Analyse zeigt zudem, dass Bildungskarenz zu einem guten Teil auch von Menschen mit bereits höherer Bildung in Anspruch genommen wird (siehe Grafik).

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Bildungskarenz wird zu einem guten Teil von Menschen mit einer bereits höheren Bildung in Anspruch genommen.

 © Agenda Austria

Die gesetzliche Regelung der Bildungskarenz

Geregelt ist die Bildungskarenz im Arbeitslosenversicherungsgesetz und im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG). In letzterem wird bereits im ersten Absatz klargestellt, dass die Auszeit für Weiterbildung mit dem Dienstgeber vereinbart werden muss. Eine Bildungskarenz kann also nur in beiderseitigem Einvernehmen angetreten werden und kommt im Grunde einer Dienstfreistellung durch den Arbeitgeber gleich.

„Es gibt keinen gesetzlichen Anspruch“, betont Friedrich. Kommt es aber zu einer Einigung, ergibt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit für beide Seiten eine Win-Win-Situation: Arbeitnehmer können sich in der Gewissheit eines sicheren Einkommens, das sie sogar mit einer geringfügigen Beschäftigung aufbessern dürfen, einer sozialen Absicherung und einer Arbeitsplatzgarantie mit voller Kraft auf ihren besonderen Lebensabschnitt konzentrieren und gleichzeitig ihren Marktwert steigern.

Auf der anderen Seite profitieren Arbeitgeber von der zusätzlichen Qualifikation ihrer Beschäftigten, sie schaffen Motivation für Mitarbeiter und stärken deren Bindung an das Unternehmen. Das wiederum kann ein entscheidender Vorteil im Wettstreit um die besten Köpfe sein.

  • Die Mindestdauer der Bildungskarenz beträgt 2 Monate.

  • Maximal können 12 Monate innerhalb von 4 Jahren vom AMS gefördert werden.

Geld während der Bildungskarenz vom AMS

Die Höhe des Weiterbildungsgeldes entspricht der Höhe des Arbeitslosengeldes, auf das die jeweilige Person Anspruch hat. Der Mindestsatz dafür liegt bei 14,53 € pro Tag. Durch die Höchstbemessungsgrundlage ist das Arbeitslosengeld - und somit auch das Weiterbildungsgeld - derzeit mit 1.440,60 € monatlich gedeckelt. Die Auszahlung durch das AMS erfolgt wie beim Arbeitslosengeld monatlich.

Ein Zuverdienst ist möglich, und zwar auch bei dem Arbeitgeber, der die jeweilige Person karenziert hat. Die zusätzlichen Verdienste dürfen allerdings die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigen. Die Grenze für geringfügige Beschäftigungen beträgt monatlich 485,85 Euro (2022). Wenn man aufgrund einer Ausbildung Einkünfte erzielt, so dürfen diese das 1,5-fache der Geringfügigkeitsgrenze, also 728,77 € monatlich nicht übersteigen, um einen Anspruch auf Weiterbildungsgeld zu haben.

Der Antrag auf Weiterbildungsgeld muss beim Arbeitsmarktservice AMS gestellt werden.

Was gilt bei Bildungskarenz als „Weiterbildung“?

Die Gründe für eine Pause im Job können vielfältig sein. Entweder ist es das Schreiben der Masterthesis wie bei Armin Wolf, der lange aufgeschobene Abschluss oder Beginn eines Studiums oder das Erlernen einer neuen Sprache. Eine Bildungskarenz kann aber auch dazu genützt werden, um sich neue Inputs zu holen und dafür verschiedene Kurse zu belegen.

Aus welchem Anlass eine Bildungskarenz auch immer in Anspruch genommen werden möchte – wer über das AMS Weiterbildungsgeld für sein Vorhaben beziehen will, muss allerdings nachweisen, dass er sich in seinem Berufsfeld weiterentwickeln möchte sowie einen regelmäßigen Leistungsnachweis erbringen.

Die Auflagen für die Bildungsangebote, die während der Karenzzeit in Anspruch genommen werden müssen sind allerdings recht niedrig und auch relativ weit gefasst. Auf der Informations-Website der Arbeiterkammer Wien zum Thema Bildungskarenz heißt es etwa recht schwammig zur Frage, welche Aus- und Weiterbildungen man machen kann: "Grundsätzlich alles, was Sie beruflich weiterbringt."

So können etwa Schul- und Studienabschlüsse nachgeholt werden, Fremdsprachenschulungen absolviert werden oder andere weiterführende Qualifikationen gewonnen werden. Es spielt dabei auch keine Rolle, das Weiterbildungsangebot im In- oder Ausland genutzt wird. Es ist also auch möglich, Weiterbildungsgeld für ein Auslandssemester an einer internationalen Universität zu beziehen.

Wird hingegen lediglich ein Hobby- oder Freizeitkurs besucht, der nicht in direktem Zusammenhang mit der beruflichen Weiterbildung steht, wird man Probleme haben, ein solches Ansinnen auch dem Arbeitgeber und dem AMS als Weiterbildung „verkaufen“ zu können. Es allerdings hängt immer vom Einzelfall ab, ob ein solches Ausbildungsangebot als "beruflich relevant" eingestuft wird.

Wer hat Anspruch auf Bildungskarenz?

  • Unmittelbar vor Beginn der Bildungskarenz muss über mindestens 6 Monate ununterbrochen eine arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung beim jeweiligen Arbeitgeber bestehen.

  • Viele Unternehmen bewilligen allerdings eine Bildungskarenz erst nach einem Dienstverhältnis von mindestens drei Jahren.

  • Neben diversen inhaltlichen Vorgaben müssen bei bezahlter Bildungskarenz Prüfungen abgelegt und gesetzlich definierte zeitliche Rahmenbedingungen eingehalten werden.

Nachweise der Weiterbildung in der Bildungskarenz

Die folgenden Nachweise müssen laut Informationsseite des AMS im Rahmen einer Bildungskarenz erbracht werden. Achtung: Fehlende Nachweise werden mit Einstellung oder Rückforderung des Weiterbildungsgeldes sanktioniert.

  • Die Weiterbildung muss inklusive Lernzeiten mindestens 20 Stunden pro Woche in Anspruch nehmen.

  • Bei Betreuungspflichten für ein Kind unter sieben Jahren genügen 16 Wochenstunden, wenn keine andere Kinderbetreuungsmöglichkeit besteht.

  • Es muss ein Nachweis über erbrachte Leistungen erbracht werden. Bei einem Studium sind nach jeweils 6 Monaten Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern im Ausmaß von 4 Semester-Wochenstunden oder 8 ECTS-Punkten nachzuweisen.

  • Alternativ zählt auch ein anderer Erfolgsnachweis, etwa der Studien-Abschluss, die Diplomprüfung oder die Bestätigung, dass eine Abschlussarbeit demnächst positiv bewertet wird.

Motive für eine Bildungskarenz

Die Motive, warum Menschen eine Bildungskarenz anstreben sind recht unterschiedlich. Eine vom AMS im Jahr 2009 durchgeführte Erhebung, bei der Mehrfachnennungen möglich waren, zeigte, dass die Mehrheit – 61,6 % der Personen, die eine Bildungskarenz angetreten haben – ihre berufliche Position verbessern wollten. Bei 54,4 % stand die Sicherung ihrer Beschäftigung durch Höherqualifizierung im Vordergrund stand. Weitere Motive waren der Wechsel von Beruf oder Arbeitgeber (35,9 %). 14 % gaben private Motive wie eine Auszeit zu nehmen oder die Karenzzeit nach der Geburt der Kinder zu verlängern als Motiv an.

Auch während ihrer Bildungskarenz hielten viele Kontakt zu ihrem/ihrer Arbeitgeber: 38 % der Bezieher von Weiterbildungsgeld gingen einer geringfügigen Beschäftigung nach, davon mehr als die Hälfte bei ihrem/ihrer Arbeitgeber. 45 % aller Personen (52 % der Männer und 40 % der Frauen) waren nach Beendigung der Bildungskarenz wieder bei dem selben Dienstgeber wie vor Antritt der Bildungskarenz beschäftigt. Rund 46 % der Frauen und Männer in Beschäftigung hatten nach Beendigung der Bildungskarenz Einkommenszuwächse von 10% und mehr (50 % der Männer und 42 % der Frauen).

AMS-Vorstand Johannes Kopf zieht daraus den Schuss, dass das Instrument der Bildungskarenz auch zur Flexibilisierung am Arbeitsmarkt beigetragen hat:

„Die Tatsache, dass nicht einmal die Hälfte der teilnehmenden Personen nach der Bildungskarenz zum gleichen Arbeitgeber zurückkehrt (oder zurückkehren kann), zeigt, dass die Bildungskarenz sich mittlerweile auch zu einem Instrument der Förderung der Flexibilität am Arbeitsmarkt entwickelt hat. Aufgrund einer hohen TeilnehmerInnenzufriedenheit, einer verbesserten Qualifikation, aber auch nennenswerter Einkommenssteigerungen kann man dieses Instrument durchaus als erfolgreich bezeichnen. Schwierig zu erreichen, aber sehr sinnvoll wäre eine stärkere Inanspruchnahme durch niedrigqualifizierte und ältere Personen.“

Welches Alter ist für die Bildungskarenz ideal?

Was das Alter betrifft, ist der Bildungskarenz keine Grenze gesetzt. So lange man erwerbstätig ist, kann man die Leistung in Anspruch nehmen.

Aus der Statistik des AMS ist allerdings herauszulesen, dass die Gruppe der jüngeren Altersgruppe der 25- bis 44-Jährigen dabei Spitzenreiter ist. Bei den Mittvierzigern ist die Zahl bereits deutlich geringer. Armin Wolf gehörte also in diesem Kontext bereits zu den „älteren“ Semestern, als er vor rund zwölf Jahren seinen Bildungsurlaub nahm.

Unabhängig vom Zeitpunkt zeigt aber sein Beispiel, wie bereichernd und wertvoll eine Auszeit sowohl beruflich als auch persönlich sein kann: „Nach 25 Jahren tagesaktuellem Journalismus, der ja durchaus stressig sein kann, ein Dreivierteljahr, in dem ich mich sehr entspannt nur mit dem Abschluss des Studiums und sehr tiefgehend mit nur einem Thema beschäftigt habe. Und viele freie Abende mit Familie und Freunden. Das hat mir sehr gut getan.“

Bildungsteilzeit mit Bildungsteilzeitgeld

Im Rahmen einer Bildungskarenz muss die gesamte Ausbildung muss innerhalb von 4 Jahren absolviert werden. Eine Alternative dazu ist die Bildungsteilzeit, die auch mit einer Bildungskarenz kombiniert werden kann. Es ist auch ein einmaliger Wechsel von Bildungskarenz zu Bildungsteilzeit oder umgekehrt zulässig.

Immerhin rund ein Viertel der Österreicher und Österreicherinnen, die im Vorjahr Weiterbildungsgeld vom AMS erhielten, haben sich für eine Teilzeitlösung entschieden, die seit 2013 gewährt wird und für die dieselben inhaltlichen Vorgaben wie für die Bildungskarenz gelten. Wie der Terminus „Bildungsteilzeit“ aber nahelegt, liegt der wesentliche Unterschied darin, dass man dabei die Arbeitszeit nur teilweise reduziert, um die gewonnene dienstfreie Zeit für die Fortbildung zu nützen.

  • Die wöchentliche Normalarbeitszeit verringert sich um 25 bis 50 Prozent.

  • Die Arbeitszeit beträgt mindestens 10 Stunden pro Woche, mindestens 10 Stunden pro Woche sind für die Aus- oder Weiterbildung reserviert.

  • Bildungskarenz und Bildungsteilzeitgeld können in einem Zeitraum von 4 Jahren kombiniert werden. Werden beide Leistungen kombiniert, werden sie aufeinander angerechnet: Dabei entspricht 1 Tag Weiterbildungsgeld 2 Tagen Bildungsteilzeitgeld.

  • Die Bildungsteilzeit muss innerhalb von 4 Jahren „konsumiert“ werden, was auch in Teilen möglich ist.

Variante: Freistellung gegen Entfall der Bezüge

Die „Freistellung gegen Entfall der Bezüge“ für die Dauer von mindestens 6 Monaten ermöglicht eine völlig freie Gestaltung der Auszeit unter Inanspruchnahme des Weiterbildungsgeldes. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall eine vom AMS vermittelte Ersatzarbeitskraft einstellen – eine Möglichkeit, die laut AMS-Zahlen lediglich von weniger als einem Prozent der Unternehmen genützt wird.

Fallbeispiel Armin Wolf in Bildungskarenz zum MBA: "Gehalt vom Sparbuch"

2009/2010 nahm sich ZIB2-Moderator Armin Wolf ein Dreivierteljahr Auszeit vom Job. Im Interview mit Michael Schmid zog er für das Magazin FORMAT ein Resümee.

FORMAT: Herr Wolf, Sie haben sich erfüllt, wovon viele Arbeitnehmer träumen, nämlich ein Dreivierteljahr Auszeit vom Job zu nehmen. Welche Bilanz ziehen Sie?
Armin Wolf: Es war großartig. Ich habe wirklich meine Batterien aufgeladen. Ich hätte das nicht nach fünf Jahren im Beruf machen wollen, aber jetzt, mit 43, so zur Halbzeit des Berufslebens, war das der optimale Zeitpunkt. Ich kann das nur empfehlen. Nach 25 Jahren beim ORF und 15 Jahren Nachtarbeit war es ein guter Moment für eine Pause. Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass neun Monate derart schnell vergehen können. Ich hätte es auch noch etwas länger ausgehalten.

Viele machen sich vor einem solchen Schritt Sorgen um die Ersetzbarkeit, den Anschluss im Beruf, den Kontakt zu den Kollegen. Wie war das bei Ihnen?
Der Zentralfriedhof ist ja bekanntlich voller Unersetzlicher. Jeder ist für ein paar Monate ersetzbar. Ich war in meiner Auszeit zwar nicht in der Redaktion, hatte aber natürlich Kontakt zu Kollegen, mit denen ich befreundet bin. Und so sehr ich die Sendung liebe: Ich habe nicht jeden Abend ZiB 2 geschaut.

Sie haben in Ihrem Sabbatical ein MBA-Programm abgeschlossen. Wie kam das?
Ich las in der Zeit von einer MBA-Ausbildung an der Berlin School of Creative Leadership. Knapp 50.000 Euro Studiengebühr schien mir etwas teuer, aber da stand auch, dass ein Stipendium vergeben wird. Also habe ich mich zwei Stunden hingesetzt und mich beworben, mehr aus Jux und Tollerei, ohne mir ernsthaft eine Chance auszurechnen. Zwei Monate später, ich hatte das Ganze schon fast vergessen, kam der Anruf: Sie bekommen das Stipendium.

Wie lief dieses MBA-Programm dann ab?
Das war ein Executive-MBA-Programm mit sechs zweiwöchigen Modulen über eineinhalb Jahre verteilt in Berlin, London, Tokio, New York und Los Angeles. Ich habe das ein Jahr lang berufsbegleitend gemacht. Es war aber anstrengender als gedacht. Die Module waren eine Art akademisches Bootcamp: Uni von 9 bis 13 Uhr, dann ein Lunch Speaker, wieder Uni bis 17 oder 18 Uhr, abends beim Essen oft noch ein Speaker und dann im Hotel die sehr detaillierten Case Studies für den nächsten Tag lesen. Das war schon heftig. Zwischen den Modulen hatten wir dann Assignments und Gruppenarbeiten. Das kann bei Teilnehmern aus 14 Ländern und lauter verschiedenen Zeitzonen auch recht aufwendig werden.

Daher dann die Auszeit?
Ich habe auch schon mein erstes Studium neben dem Job gemacht, aber damals hatte ich noch keine Familie. Um die Module einzuarbeiten, habe ich jeweils vorher und nachher zwei Wochen durchmoderiert. Als dann die Master Thesis anstand, hatte ich Angst, dass ich meine Familie, vor allem die Kinder, gar nicht mehr sehen würde. Die Idee mit der Bildungskarenz hat mir dann immer besser gefallen, und vergangenen Sommer habe ich meinen Vorgesetzten diesen Vorschlag gemacht.

Wie war die Reaktion?
Nicht gerade begeistert, aber letztlich verständnisvoll. Im ORF war noch nie ein Moderator auf Bildungskarenz. Eigentlich wollte ich ein Jahr gehen, noch über den Sommer, wir haben uns dann auf neun Monate geeinigt.

Wie ist sich das finanziell ausgegangen?
Vom ORF aus war ich im unbezahlten Karenzurlaub, die ersten drei Monate auch formal in Bildungskarenz. Dann habe ich durch einige Vorträge die Zuverdienstgrenze dafür überschritten, die ja mit 350 Euro ziemlich eng ist. Da habe ich die Bildungskarenz abgemeldet und mich selbst versichert. Das Stipendium hat meine Studiengebühren abgedeckt, dazu kamen aber noch die Reisekosten. Mein ORF-Gehalt habe ich mir vom Sparbuch selbst weiterbezahlt. Um das Geld hätte ich auch ein Auto kaufen können, aber das war mir das Sabbatical wert.

Wie sah so ein Tag im Leben des Studenten Armin Wolf aus?
Ich habe tatsächlich zum ersten Mal in meinem Leben nur studiert. Mit Anfang 40 ein Studentenleben zu führen ist herrlich. Von neun Uhr früh bis zum Nachmittag habe ich an meiner Thesis gearbeitet und dabei bemerkt: Auch ein Nine-to-five-Job kann Vorteile haben.

Weil die Work-Life-Balance passt?
Bei einem Job, in dem man 15-mal im Monat erst gegen Mitternacht nachhause kommt, ist das Hauptproblem die Zeit für die Familie und für ein Sozialleben. Meinen neunjährigen Stiefsohn, der um halb acht in die Schule geht und schläft, wenn ich heimkomme, sehe ich an solchen Tagen gar nicht. Plötzlich hatte ich jeden Abend Zeit. Ich hatte eigentlich vor, endlich wieder viel ins Theater, in die Oper oder zu Vorträgen zu gehen, aber letztlich waren wir fast jeden Abend mit den Kindern daheim, und das war wunderbar.

Aber wer einen MBA macht, hat meist Karrieresprünge und damit noch mehr Arbeit im Sinn.
Das war bei mir nicht der Grund. Ich lerne einfach gerne. Ich habe ja auch erst mit 33 Jahren den Magister gemacht und mit 39 promoviert. Wirtschaft hat mich immer interessiert. Und die Kombination von Kreativen und Wirtschaft, wie sie Michael Conrad, der Gründer der Berlin School, konzipiert hat, ist einfach spannend. Conrad war lange Chef der Werbeagentur Leo Burnett in Chicago und hat gesehen, dass Werbeagenturen zunehmend von Controllern und Buchhaltern geführt werden. In einem Kreativbetrieb sollten aber Kreative die Chefs sein. Doch die machen normalerweise keinen MBA. Also hat Conrad ein Programm speziell für kreative Berufe entwickelt.

Mit diesem MBA wären auch Sie geradezu prädestiniert dafür, ein Unternehmen zu führen. Wie wäre es mit dem ORF?
Lustig, jeder fragt mich zurzeit, ob ich ORF-Chef werden will. Nein, will ich nicht.

Warum eigentlich?
Das ORF-Programm besteht ganz wesentlich auch aus Unterhaltung. Und dafür habe ich weder Talent noch Interesse, auch privat nicht. Ich bin Journalist, mich interessiert die Information.

Bringt der MBA auch dafür etwas, oder sind Sie damit jetzt klassisch überqualifiziert?
Man braucht als Journalist keinen MBA. Man braucht auch kein Doktorat in Politikwissenschaft, um die ZiB 2 zu moderieren. Aber als Moderator der ZiB 2, die täglich über Innen- und Außenpolitik, Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur oder Sport berichtet, kann man gar nicht überqualifiziert sein. Dafür kann man nie zu viel wissen. Da ist man eigentlich immer unterqualifiziert. Aber die Grundflexibilität und Auffassungsgabe, die man für die ZiB 2 braucht, haben mir auch im Studium geholfen.

Die ZiB 2 ist Ihr Traumjob?
Die ZiB 2-Moderation ist der beste Job, den ein Journalist im ORF haben kann. Mein absoluter Traumjob wäre allerdings die ZiB 2 um 18 Uhr. Meine Arbeitszeit an sich ist nicht so das Problem, die hat ja auch jeder Kellner. Aber in der ZiB 2 ist von 22 bis 22.30 Uhr der Höhepunkt des Arbeitstages. Da muss ich am wachsten und konzentriertesten sein. Da bin ich aber schon neun Stunden im Büro und bleib noch bis kurz vor Mitternacht. Am Ende der Woche ist man da schon ernsthaft müde.

Hätten Sie eigentlich ohne MBA die Auszeit genommen?
Ein Sabbatical ganz ohne Projekt könnte ich mir nicht vorstellen. Nur zuhause rumhängen und fernsehen wäre nichts für mich. Ich hatte jetzt acht Wochen echte Ferien, weil mein Studium Ende April zu Ende war. So lange hatte ich nicht mehr frei, seit ich 15 war, weil ich an der Handelsakademie in Innsbruck in den Schulferien immer gearbeitet habe. Eigentlich wollte ich jeden Tag ins Schwimmbad. Leider war das Wetter dagegen. So habe ich eben viel gelesen. War für zwei Monate auch sehr schön.

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