Der Ausbau der Eisenbahnstrecken soll in den nächsten Jahren massiv forciert werden. 26 Milliarden sollen dafür investiert werden
©ÖBB/Philipp HorakMinisterin Leonore Gewessler und ÖBB-Chef Matthä haben die Pläne für den Ausbau der Eisenbahnstrecken in Österreich bis 2040 vorgestellt. 26 Milliarden Euro sollen in 67 Projekte fließen. Unter anderem soll die Fahrzeit von Wien nach München auf 2,5 Stunden sinken.
Ministerin Leonore Gewessler und ÖBB-Chef Andreas Matthä haben den Entwurf für das "Bahn-Zielnetz 2040" vorgestellt. Es handelt sich dabei um die grundsätzliche Strategie für den Ausbau des Schienennetzes für die kommenden 15 Jahre. Darin enthalten ist etwa die Erweiterung der Innkreisbahn. Die Kosten für die 67 geplanten Projekte veranschlagte Matthä mit rund 26 Mrd. Euro bis 2040.
Zur besseren Anbindung an das europäische Zugnetz beitragen soll etwa die Vervollständigung der Brennerachse, die dann die Fahrtzeit von Innsbruck nach München auf 65 Minuten verringern soll. Auch der Flughafen Wien soll besser eingebunden werden, von Wien nach Budapest über den Flughafen will man dann nur noch 2 Stunden brauchen.
Die Verbindung Richtung Slowenien und Kroatien soll ebenfalls aufgewertet werden, die Fahrt von Graz nach Maribor soll dann nur mehr 45 Minuten dauern. "Ein wirklicher Knaller ist Wien-München in 2,5 Stunden und Linz-München in 1 Stunde und 20 Minuten", sagte ÖBB-Chef Matthä. Auch die Fahrtzeiten auf den Verbindungen Wien-Salzburg und Wien-Innsbruck sollen damit kürzer werden.
Der Güterverkehr soll wettbewerbsfähiger werden und das Schienennetz soll für längere und schwerere Züge fit gemacht werden. Zu den geplanten Projekten zählt etwa die Errichtung eines neuen Bosrucktunnels auf der Pyhrrnbahn, wo durch eine Abflachung der Strecke dann Züge mit 1.600 Tonnen verkehren sollen. Um den sogenannten Mischverkehr zwischen Fern-, Nah- und Güterzügen besser unter einen Hut zu bringen, ist auch der Ausbau der Überholgleise geplant.
Im öffentlichen Nahverkehr sollen vor allem die Takte dichter werden. In Wien soll die Infrastruktur etwa zwischen Simmering und Süßenbrunn ausgebaut werden und auch die Donauuferbahn zwischen Heiligenstadt und dem Praterkai wird erweitert. Auch der ländliche Raum soll vom Ausbau profitieren, Matthä nannte hier etwa das Gasteinertal und die Ost-Rampe der Arlbergbahn. Insgesamt sind 67 Projekte gebündelt in 25 Modulen vorgesehen.
Die Zielnetz 2040 Großprojekte
Neue Innkreisbahn (NIB)
Eine zweigleisige Neubaustrecke in Oberösterreich und Bayern soll die Fahrzeit zwischen Wien und München von heute vier auf dann zweieinhalb Stunden verkürzen. Das Projekt wird aktuell auch in Deutschland geprüft.
Mit dem zusätzlichen Ausbau der bestehenden Innkreisbahn wird auch der Regionalverkehr in der Region gestärkt und die Anbindung an den Zentralraum Linz verbessert.
Durch diese angestrebte, kürzere Fahrzeit werden auch weiter entfernte internationale Ziele wie etwa Paris profitieren.
Pyhrnbahn (PYB)
Durch die Errichtung eines neuen Bosrucktunnels wird diese Stecke nicht nur für den Personenverkehr, sondern vor allem auch für den Gütertransport ertüchtigt.
Durch die Abflachung sollen künftig längere und schwerere Güterzüge verkehren können.
Wien Donauuferbahn (WDB)
Mit dem Ausbau der Strecke zwischen Wien Heiligenstadt und Wien Praterkai wird das Angebot im Nahverkehr in Wien umfassend ausgeweitet. Damit wird das Konzept eines mehrteiligen S-Bahnrings in Wien Realität.
Für den Güterverkehr wird mehr Kapazität ermöglicht.
Rheintal (RHT)
Mit dem Ausbau der Bahnstrecken im Raum Bregenz wird der Nahverkehr im gesamten Rheintal massiv verbessert.
Zudem bietet sich die Möglichkeit einer Optimierung des Fernverkehrs nach Innsbruck und von München über Bregenz nach Zürich.
Von der Vision zum Ziel fehlen Beschlüsse
Die 26 Mrd. Euro Gesamtkosten bezeichnet der ÖBB-Chef als "stolzer Betrag, aber gut investiertes Geld". Das bestätigte auch der Ökonom und Vorstand des Economica Instituts, Christian Helmenstein: Er rechnet dem Projekt in den 2030er-Jahren eine jährliche Bruttowertschöpfung von bis zu 1,85 Mrd. Euro zu, bis zu 21.000 Arbeitsplätze sollen dadurch geschaffen und gesichert und bis zu 900 Mio. Euro an Löhnen und Gehältern jährlich ausbezahlt werden.
Das Zielnetz 2040 ist dabei allerdings noch kein fixer Plan, auch die Finanzierung der Projekte ist noch nicht in trockenen Tüchern. Es handle sich um eine strategische Leitlinie, konkreter werde es erst in den Rahmenplänen, die alle 6 Jahre veröffentlicht werden. "Das Zielnetz 2040 ist unsere Vision wie in diesem Land in 20 Jahren Bahn gefahren wird", erklärte Gewessler. Österreich will etwa bis 2040 klimaneutral sein, dazu soll auch der Verkehr seinen Beitrag leisten. Der Entwurf sieht deshalb vor, dass der Anteil des öffentlichen Verkehrs (Bahn und Bus) im Personenverkehr von heute 25 auf dann 40 Prozent steigt. Auch im Güterverkehr soll der Schiene-Anteil bis 2040 von 31 auf 40 Prozent steigen.
Der Prozess zum Zielnetz sei damit noch nicht abgeschlossen, "das Projekt braucht natürlich eine ausführliche Debatte", sagte die Ministerin. Der Plan werde in den nächsten Tagen mit den Bundesländern abgestimmt, in weiterer Folge soll das Zielnetz auch öffentlich konsultiert werden. Im Laufe des Jahres soll dann ein finales Ergebnis stehen, das noch 2024 beschlossen werden soll.
Rasche Umsetzung gefordert
Dem Entwurf zugrunde liegen umfassenden Analysen von Verkehrsströmen im Personen- und Güterverkehr. Daraus ergeben sich Prognosen, die dann Engpässe im Netz aufzeigen. Das Ziel sei "nicht flächenartig überall irgendwas bauen, sondern dort wo es entsprechend notwendig ist", sagte Matthä.
Positive Reaktionen kamen erwartungsgemäß aus den eigenen Reihen der Ministerin. Die Wiener Grünen sehen im Zielnetz "neue Maßstäbe für den Bahnverkehr" gesetzt. Auch die schwarz-grüne Vorarlberger Landesregierung zeigte sich zufrieden mit den Ausbauplänen forderte aber eine Beschleunigung der Arlbergbahnstrecke und will sich daher für den Bau eines Arlberg-Basistunnels bis 2050 einsetzen.
Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) forderte eine rasche Umsetzung des Plans in konkrete Maßnahmen. Vor allem die Verbesserungen im Regionalverkehr seien "unverzichtbar", damit auch die Bevölkerung in den Ballungsräumen mehr Freiheit in der Verkehrsmittelwahl bekommt, so der Verein in einer Aussendung.
Über die Autoren
Peter Sempelmann
Peter Sempelmann, geb. 1968, arbeitet seit 1997 als Journalist mit Fokus auf Wirtschaft und Technologie und leitet seit 2013 die trend. Online-Redaktion. Stationen in der journalistischen Karriere: trend, FORMAT, profil, WirtschaftsBlatt, Report Verlag.
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