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„Den Wandel organisieren“

In Kooperation mit Deloitte
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Aktualisiert
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9 min

Hansjörg Mayr (links) ist Vorstandsmitglied der Denzel-Gruppe und unter anderem für Business Development und Digitalisierung verantwortlich. Zudem ist er als Geschäftsführer für die neue chinesische E-Automarke BYD verantwortlich.

Gottfried Spitzer ist Partner bei Deloitte und als COO/CFO Mitglied des Management Boards. Er ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer und verantwortet den Bereich Private bei Deloitte. Seine Schwerpunkte liegen unter anderem in der Beratung und Prüfung von Mittelstandsunternehmen und Stiftungen.

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Strom statt Diesel, Mieten statt Kaufen: Die Autobranche steckt mitten im Umbruch. Denzel-Vorstand Hansjörg Mayr und Deloitte-Experte Gottfried Spitzer über erfolgreiches Management in Zeiten der Transformation – und über schwebende Mobilitätshüllen.

TREND: Neun von zehn Unternehmen in Österreich sind mittelständisch. Ist das ein Vorteil, weil die Volkswirtschaft auf vielen Beinen steht, oder ein Nachteil, weil Kleine verletzlicher sind als Große?

Gottfried Spitzer: Diese Unternehmen sind das Rückgrat unserer Wirtschaft. Sie sind vor allem durch ihre Leistungsbereitschaft und Innovationsfähigkeit, ihre Flexibilität, auf geänderte Rahmenbedingungen zu reagieren, sowie gut ausgebildete und loyale Fachkräfte ein Garant für den Erfolg der österreichischen Volkswirtschaft und hier nicht wegzudenken. Aber sie haben oft ein weniger stabil gebautes finanzielles Gerüst und sind daher angesichts der multiplen aktuellen Krisen tendenziell früher bedroht, aus dem Markt zu gehen.

E-Mobilität, Sharingmodelle, immer stärkerer Druck der Hersteller: Kaum eine Branche steht vor einem größeren Umbruch als die Autobranche. Wie kann man damit als Unternehmen umgehen?

Hansjörg Mayr: Die Transfor­mation der Mobilität ist eine riesige Herausforderung, keine Frage. Die Kundenbedürfnisse ändern sich, es steigt der Bedarf nach Kurz- und Langzeitmiete, es gibt unterschiedliche Nutzungsbedürfnisse in der Stadt und am Land, da müssen wir uns anpassen. Zudem gibt es mittlerweile eine enorme technologische Vielfalt, wir haben Fahrzeuge mit sieben verschiedenen Antriebsformen im Angebot, vom Diesel über Hybridmodelle bis zum Gas. Unser Anspruch ist es, jedem Kunden und jeder Kundin die für ihn oder sie individuell passende Mobilitätsform anzubieten.

Wie lässt sich eine solche Situation, in der sich die Parameter ständig verändern, managen?

Mayr: Es braucht innovative Ansätze und ein agiles Management. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Organisation sind die Schlüsselbegriffe. Wir denken schon seit vielen Jahren in Szenarien und in Zeitschritten und entwickeln daraus eine Strategie, die wir allerdings laufend überprüfen. Im Kern geht es darum, als Unternehmen den Wandel zu organisieren.

Abgesehen von sich verändernden Märkten: Vor welchen Herausforderungen steht die Wirtschaft aktuell?

Spitzer: Die hohen Kosten aufgrund der Teuerungen auf allen Ebenen, die so nicht an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben werden können, machen Unternehmen derzeit das Leben schwer. So stellen die KV-­bedingten Lohnerhöhungen, die kräftig gestiegenen Preise von Energie, vor ­allem Gas, und Rohstoffen sowie Vorleistungen derzeit rund sechs von zehn Unternehmen vor Hürden. Hinzu kommen der anhaltende Fachkräftemangel, die fortschreitende Digitalisierung, administrativer Aufwand rund um den Themenkomplex Nachhaltigkeit. Sich all diesen Herausforderungen zu stellen und die richtigen Antworten darauf zu finden, wird für die Zukunft erfolgsentscheidend werden.

Welche Gegenstrategien gibt es? Was macht Unternehmen resilient?

Spitzer: Die Covid-19-Pandemie hat bereits deutlich gemacht, dass die Krisenbetroffenheit der österreichischen Unternehmen unterschiedlich stark ausfällt. Resiliente Unternehmen brauchen primär ein tragfähiges Geschäftsmodell, eine ganz besondere Kernkompetenz. Dies ist das tragende Fundament. Dann stimmt die betriebswirtschaftliche Performance, stimmt die EBIT-Marge, stimmt der Cashflow. Wenn sich diese Kernkompetenz mit einem Stamm an motivierten Mitarbeitenden und einer gesicherten Liquidität trifft, dann kann eigentlich nicht mehr viel schiefgehen.

Mayr: Ein Lösungsansatz für uns ist die Diversifizierung des Geschäftsmodelles. Dies bedeutet, neben dem traditionellen Fahrzeugverkauf auch Dienstleistungen wie Mietmodelle anzubieten und in Elektromobilität und Ladeinfrastruktur zu investieren. Unsere strombox.at, in der wir Infrastruktur für Kunden von Elektroautos anbieten, die Saubermacher Battery Services, wo es um Kreislaufwirtschaft geht, und ­reinigungsroboter.at sind solche neuen Geschäftsbereiche.

Was sind die kritischen Erfolgsfaktoren, um den „Wandel zu organisieren“, wie Sie gesagt haben?

Mayr: Zu einem erheblichen Teil die beitenden. Denn sie sind das Gesicht zum Kunden, sie müssen die Flexibilität ja täglich denken und leben. Um sie zu unterstützen, bieten wir den Führungskräften Shared Services, zum Beispiel Personalentwicklung, IT, Finanzen und Digitalisierung. Dabei geht es auch darum, Expertise innerhalb der Denzel-Gruppe aufzubauen, Kernkompetenzen im Hause zu behalten und nicht abhängig zu werden in Bereichen, die künftig Kernkompetenzen sein werden.

Spitzer: Ich kann das nur unterstreichen: Eine motivierte Mannschaft ist ein ganz entscheidender Erfolgsfaktor. Wenn das Team motiviert ist, wenn die Stimmung gut, ist jeder bereit, die „Extrameile“ zu gehen. Und dann kann eine Aufwärtsspirale in Gang kommen.

Mayr: Den Kunden bestmöglich zu verstehen, ist entscheidend dafür, noch bessere Kundenerfahrungen zu ermöglichen. Dazu gehört auch, zu verstehen, warum ein Kunde nicht bei uns gekauft hat. Ein weiterer entscheidender Erfolgsfaktor ist Offenheit gegenüber neuen Möglichkeiten. Wir sind als ­Unternehmen schon 2006 nach China gegangen, um dort den Markt zu ­beobachten – da haben andere noch über chinesische Autos gelacht. Mittlerweile gibt es dort 157 Hersteller von Elektroautos.

Es gibt düstere Szenarien, dass Europas Wirtschaft den Wettbewerb mit China und den USA verliert. Berechtigte Sorgen?

Die EU hat im Vergleich zu den USA und China wirtschaftlich deutlich an Dynamik verloren. Einer der Gründe dafür ist, dass die EU ihre Bestimmung viel zu sehr in Regularien aller Art sucht und dadurch den wirtschaftlichen Spielraum der Unternehmer über Gebühr einschränkt. Damit regiert die Angst, Fehler zu machen, und nicht die Freude am unternehmerischen Wagnis, welches sich rechnet. Wir müssen einen höheren Anteil der europäischen Forschungsmittel in schnell wachsende Hochtechnologie-Bereiche investieren, zum Beispiel ­Batterien für die Elektromobilität, um hier nicht den Anschluss gegenüber den USA und China zu verlieren.

Mayr: Ja, das kann ich absolut be­stätigen: Das Übermaß an Bürokratie lähmt. Dass Produkte in anderen Regionen der Welt günstiger produziert werden, hat es immer gegeben und wird es immer geben. Damit kann die Wirtschaft umgehen. Allerdings braucht es dafür Planungssicherheit.

Was wäre notwendig, um Europa wieder wettbewerbsfähiger zu machen?

Spitzer: Auf Österreich bezogen eine deutliche Reform des Arbeitslosengelds. Die Motivation, wieder einen Job anzunehmen, muss spürbar erhöht werden. Wir brauchen diese Menschen. Dazu gehört auch, die Steuern auf Arbeitseinkommen – insbesondere Vollzeit – sowie die Lohnnebenkosten für Unternehmen drastisch zu senken. Gleichzeitig sind aber auch die Unternehmen an der Reihe, jetzt die Themen Digitalisierung und Innovation mit Nachdruck anzugehen. In einer schnell wandelnden Zeit reicht es nicht aus, sich auf den Errungenschaften der Vergangenheit auszuruhen, viel mehr braucht es Innovationsgeist und Offenheit für Neues. Ansonsten wird erfolgreiches Wirtschaften auf lange Sicht schwierig. Die Geschwindigkeit der nötigen Veränderungen wird eher ­zu- als abnehmen. Darauf müssen sich die Unternehmer einstellen.

Mayr: Klare Rahmenbedingungen sind unabdingbar. Mit Schwarz-weiß-Denken, wie wir es aktuell erleben, werden wir die Klimaziele nicht erreichen. Als Unternehmen plädieren wir seit Jahren für Technologieoffenheit. Denn letztlich darf die Politik den Unternehmen nicht vorschreiben, was gekauft werden muss. Der Kunde entscheidet – und wenn es Sinn macht, dann verkaufen wir gerne auch schwebende oder fliegende Mobilitätshüllen.

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