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Mobilitätswende: Die Kurve ist schwer zu kriegen

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Der Europäische Rechnungshof EURH sieht große Hürden am Weg zur klimaneutralen Mobilität.

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Rund ein Viertel aller CO2-Emissionen sind dem Verkehr zuzurechnen. E-Mobilität ist der Hoffnungsträger. Der Europäische Rechnungshof EURH sieht die im Green Deal vorgegebenen Ziele aber in weiter Ferne.

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Trotz aller Anstrengungen ist es in in der EU nicht gelungen, den die CO2-Emissionen aus dem Verkehr einzudämmen. Im Gegenteil. Der Verkehr ist der einzige Bereich, in dem die Treibhausgasemissionen in den letzten drei Jahrzehnten zugenommen haben. Zwischen 1990 und 2019 stiegen sie dem Bericht der Europäischen Umweltagentur EEA zufolge um 33,5 Prozent. Gemäß dem europäischen Fahrplan für den Grünen Deal müssen die verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen jedoch bis 2050 im Vergleich zu 1990 um 90 Prozent gesenkt werden.

EU-weit wurde daher ein de-facto-Verkaufsverbot von Neufahrzeugen mit Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2035 beschlossen. Schließlich zählt der Verkehrssektor auch zu den Hauptverursachern für Treibhausgasemissionen. Europaweit entfällt rund ein Viertel aller CO2-Emissionen auf den Verkehr, in Österreich sind es laut Umweltbundesamt etwa 23 % (Zahlen aus 2021). Der private Individualverkehr ist dabei der mit Abstand wichtigste Faktor (siehe Grafik).

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CO2-Emissionen im Verkehr nach Verursachern

 © EU-Umweltagentur

Der Europäische Rechnungshof EURH hat nun das Ziel der EU, den Autobestand emissionsfrei werden zu lassen, unter die Lupe genommen. Das Ziel an sich wird "lobenswert" genannt, die EU müsse aber sicherstellen, dass sie ihren Ehrgeiz beim Klimaschutz nicht mit einer Schwächung ihrer industriellen Souveränität bezahlt. Auch soll die Erreichung der Klimaziele die Bürger finanziell nicht überfordern.

Damit das in der europäischen Klimastrategie festgeschriebene Ziel, die Pkw-Emissionen vollständig zu beseitigen, erreicht werden kann gibt es laut EURH drei Hebel:

  • Den CO2-Ausstoß von Pkw mit Verbrennungsmotoren verringern

  • Optionen für alternative Kraftstoffe schaffen

  • Batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEV) müssen breit verfügbar sein

Bei allen drei Hebeln sieht der Rechnungshof Hindernisse. Das erste Ziel wurde bisher schlichtweg, das zweite scheint in großem Maßstab nicht tragfähig zu sein – wie das Beispiel der Biokraftstoffe zeigt –, und das dritte könnte sowohl für die Industrie als auch für die Konsumenten kostspielig werden.

"Der Grüne Deal kann nur erfolgreich sein, wenn die Pkw-Emissionen reduziert werden. Wir müssen jedoch mit Bedauern feststellen, dass die meisten herkömmlichen Autos trotz ehrgeiziger Ziele und strenger Anforderungen immer noch so viel CO2 ausstoßen wie vor 12 Jahren", erklärt Nikolaos Milionis, Mitglied des Europäischen Rechnungshofs.

SUV-Boom konterkariert Emissions-Reduktionen

Motoren-Entwickler haben zwar in den vergangenen Jahren ganze Arbeit geleistet und Verbrennungsmotoren verbrauchsoptimiert, der SUV-Boom und der anhaltende Trend zu immer größeren und leistungsstärkeren Modellen konterkarieren die Entwicklungen jedoch.

Der EURH merkt an, dass die tatsächlichen Emissionen herkömmlicher Verbrenner – die immer noch fast drei Viertel der Neuzulassungen ausmachen – trotz bereits in den 2010er-Jahren verschärfter Prüfmaßnahmen nicht wesentlich zurückgegangen sind.

Die Effizienzsteigerungen der Motoren wurden durch durchschnittlich (rund 10 %) schwerere Autos und (rund 25 %) leistungsstärkere Motoren zunichte gemacht, die erforderlich sind, um dieses Gewicht zu bewegen.

Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge – von denen einmal angenommen wurde, dass sie reine Verbrenner sanft ablösen könnten – und die nach wie vor als "emissionsarm" eingestuft werden, dürften zudem nicht das ihnen zugeschriebene Potenzial erfüllen. Ihre unter Labor-Bedingungen gemessenen Emissionen und die Emissionen auf der Straße lagen um durchschnittlich 250 % auseinander.

Alternative Kraftstoffe: ungewisse Zukunft

Alternative Kraftstoffe wie Biokraftstoffe, E-Fuels oder Wasserstoff werden oft als potenzielle Nachfolger von Benzin und Diesel genannt. In ihrem Bericht über Biokraftstoffe betonen die EU-Prüfer jedoch, dass ein klarer und stabiler Fahrplan zur Bewältigung der langfristigen Probleme der Branche – verfügbare Brennstoffmenge, Kosten und Umweltfreundlichkeit – fehlt. 

"Da sie nicht flächendeckend verfügbar sind, stellen Biokraftstoffe keine zuverlässige und glaubwürdige Alternative für Autos dar", erklärt Nikolaos Milionis, Mitglied des Europäischen Rechnungshofs.

Die in der EU erzeugte Biomasse reicht nicht aus, um eine ernsthafte Alternative zu herkömmlichen fossilen Brennstoffen sein zu können. Wird die Biomasse aber überwiegend aus Drittländern importiert, läuft dies dem Ziel der strategischen Autonomie im Energiebereich zuwider. Biokraftstoffe stehen außerdem auch mit anderen Industriezweigen (z. B. Lebensmittel, Arzneimittel und Kosmetika) im Wettbewerb um Rohstoffe

Zweitens kamen die EU-Prüfer aufgrund dieser Nachfrageprobleme zu dem Schluss, dass Biokraftstoffe noch nicht wettbewerbsfähig sind. Biokraftstoffe sind schlicht teurer als kohlenstoffbasierte Kraftstoffe, und derzeit ist es billiger, Emissionszertifikate zu erwerben, als die CO2-Emissionen mithilfe von Biokraftstoffen zu verringern, die durch die Besteuerungspolitik der EU-Länder nicht immer begünstigt werden.

Schließlich sehen die EURH-Prüfer die Umweltfreundlichkeit von Biokraftstoffen auch als überschätzt. Für Biokraftstoffe sind Rohstoffe erforderlich. Durch deren Erzeugung können Ökosysteme aus dem Gleichgewicht geraten, und die Produktion kann sich nachteilig auf die biologische Vielfalt, die Boden- und die Wasserqualität auswirken. Es stelle sich zudem die ethische Frage, ob die Erzeugung von Kraftstoffen Vorrang vor der Erzeugung von Lebensmitteln haben sollte. 

Da die CO2-Emissionen von Verbrennungsmotoren faktisch nicht verringert wurden bzw. dies nicht möglich ist, scheinen batteriebetriebene Elektrofahrzeuge die einzige praktikable Alternative zu sein. Die Prüfer sehen jedoch sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite Probleme.

Europäischer Rechnungshof

E-Mobilität: EU in der Zwickmühle

Gerade bei den als Hoffnungsträger ausgemachten batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen (BEVs) sieht er EU-Rechnungshof Europa allerdings in der Zwickmühle. Die europäische Batterieindustrie ist nämlich globalen Wettbewerb zurückgeblieben. Weniger als 10 % der weltweiten Batterieherstellung erfolgen in Europa, und zumeist handelt es sich bei den Herstellern um außereuropäische Unternehmen. Weltweit produziert China mit 76 % den Löwenanteil.

Annemie Turtelboom, Mitglied des Europäischen Rechnungshofs erklärt dazu: "Elektroautos können in der Tat zu einem doppelten Dilemma für die EU werden: zwischen ökologischen Prioritäten und Industriepolitik und zwischen Umweltzielen und den Kosten für die Verbraucher."

Ein besonderes Hindernis für die Batterieindustrie der EU ist die starke Abhängigkeit von Rohstoffeinfuhren aus Drittländern, mit es keine geeigneten Handelsabkommen gibt: 87 % der Rohlithium-Importe in die EU stammen aus Australien, 80 % der Mangan-Importe aus Südafrika und Gabun, 68 % des Rohkobalts aus der Demokratischen Republik Kongo und 40 % des Graphits aus China.

Kosten und andere Risiken

Die Abhängigkeit von Rohstoff-Einfuhren führt nicht nur zu Kostenzwängen. Viele Ursprungsländer sind innenpolitisch instabil, was Risiken für die strategische Autonomie Europas darstellt. Ganz zu schweigen von den sozialen und ökologischen Bedingungen, unter denen diese Rohstoffe abgebaut werden. Diese sind schwer oder nicht vereinbar mit den Bestimmungen des Europäischen Lieferkettengesetzes.

Trotz umfangreicher öffentlicher Unterstützung sind die Kosten für in der EU produzierte Batterien außerdem nach wie vor viel höher als geplant. Draus folgt ein Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen globalen Herstellern. Europäische Elektrofahrzeuge könnten in der Folge auch für den Großteil der Bevölkerung unerschwinglich sein.

Der Verkauf neuer Elektroautos hat zwar in Europa bereits ein schönes Niveau erreicht (1,5 Millionen Zulassungen im vergangenen Jahr bzw. ein Siebtel aller Neuzulassungen). Allerdings wurden diese Verkäufe öffentlich subventioniert und lagen größtenteils in der Preisklasse jenseits der 30.000 Euro. Ein erheblicher Teil dieser Kosten entfällt auf die Batterien, in Europa durchschnittlich bis zu 15 000 Euro.

"Wenn bei den Kapazitäten und der Wettbewerbsfähigkeit der EU keine klare Verbesserung erzielt wird, besteht die Gefahr, dass die "Elektroauto-Revolution" in Europa auf Importe angewiesen ist", warnt der EURH. Das werde sich letztlich nachteilig auf die europäische Automobilindustrie mit ihren mehr als 3 Millionen Arbeitsplätzen im verarbeitenden Gewerbe auswirken.

Knackpunkt Ladeinfrastruktur

Eine Grundvoraussetzung für den Erfolg der Elektromobilität ist die ausreichende Ladeinfrastruktur. Deren Ausbau schreitet zwar voran, der EURH sieht jedoch in der Praxis immer noch eine Hürde zum der Zugang zur Elektromobilität. Auch für Personen, die möglicherweise mit Elektroautos liebäugeln.

Trotz Erfolgen wie der Förderung eines EU-Standardsteckers für das Aufladen von Elektroautos ist es nach wie vor schwierig, die EU mit Elektroautos zu durchqueren. In der gesamten EU fehlen Ladepunkte. Vom Zielwert von einer Million Einheiten bis 2025 ist man in der EU noch weit entfernt.

Die Verfügbarkeit öffentlicher Ladestationen ist dabei von Land zu Land sehr unterschiedlich. Im Osten Europas sind sie besonders selten. Im Jahr 2021 befanden sich 70 % der Ladepunkte befinden sich in Frankreich, Deutschland und den Niederlanden. Schließlich betonten die Prüfer, dass Reisen mit Elektroautos durch Europa noch lange nicht einfach sind, da Echtzeit-Informationen und ein harmonisiertes Zahlungssystem fehlen.

EURH-Mitglied Turtelboom sieht darin ein weiteres Risiko, das die Bemühungen der EU scheitern lassen könnte: "Die EU hat nicht viele Trümpfe auf der Hand, wenn es um die Elektrifizierung ihrer Fahrzeugflotte geht: Der Zugang zu Rohstoffen, die von der Industrie und den Bürgern zu tragenden Kosten sowie fehlende Infrastruktur könnten dazu führen, dass sie ihren Einsatz verspielt."

NachhaltigkeitElektromobilität

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