Am Markt für Oldtimer ist in den vergangenen Jahren ein wahrer Goldrausch ausgebrochen. Im Schnitt konnten Käufer bei Autos mit dem ´Kennzeichen "H" eine Wertsteigerung zwischen fünf und sechs Prozent pro Jahr erzielen. 2015 stieg der Oldtimer-Index des Verbands der Automobilindustrie (VDA) noch um 5,6 Prozent. Das entsprach exakt dem durchschnittlichen Plus seit Beginn der Erhebung 1999.
Markt kühlt ab
Doch seit Herbst bröckelt der Lack im Oldtimer-Business. Die Preise sinken. Seit Jahresanfang fiel der weltweite Index für historische Fahrzeuge, der Hagi Top, um 2,80 Prozent. Der Hagi P Index, ein eigener Index nur für Oldtimer der Marke Porsche, ging gar um mehr als fünf Prozent zurück. Frank Wilke, Geschäftsführer der deutschen Schätzstelle Classic Analytics, beobachtet ebenfalls seit gut vier Monaten eine Abkühlung des Marktes. Und auch Götz Gollan, Vorstand der Privatbank Berlin, die Pfandkredite auf Oldtimer vergibt, registriert eine nachlassende Dynamik.
Dafür nennt der renommierte oberösterreichische Oldtimer-Restaurator Helmut Schmid mehrere Gründe: "Die Chinesen, die seit dem Vorjahr Oldtimer kaufen dürfen, haben aufgrund ihrer sinkenden Kaufkraft, ausgelassen." Aber als noch wichtigeren Grund für den Preisrückgang nennt Schmid, das nahezug völlige Austrocknen des Marktes. "Gute Objekte wurden in den vergangenen Jahren aufgekauft und sind damit vom Markt fast verschwunden." Internationale Auktionshäuser würden immer wieder händeringend bei ihm nach interessanten Objekte anfragen.
Und die Kunden sehen beim Kauf nun offenbar genauer hin und sind nicht mehr bereit jeden Preis zu zahlen. "Die Preise für angeschmierten Müll brechen ein", konstatiert Schmid. Vor allem in den vergangenen Jahren, in denen am Oldtimer-Markt eine regelrechte Goldgräberstimmung ausgebrochen ist, haben nach Einschätzung des renommierten Oldtimer-Instandhalters, viele Geschäftsmacher auf den Plan gerufen. "Der Zustand vieler Autos hat deren Preise nicht gerechtfertigt." Betrug ist gerade bei beliebten Oldtimer-Geschäft häufig. Frank Reichert, Leiter der Abteilung Klassik beim ADAC: "Wo viel Geld unterwegs ist, ist Betrug nicht unüblich."
Preise für Fahrzeuge mittlerer Qualität geben nach
Generell wird für Oldtimer-Käufer die Qualität der Fahrzeuge, nach der langen Preisrallye, immer wichtiger. Weshalb nicht nur die Preise für behübschte Rostlauben einbrechen, sondern auch historische Fahrzeuge im mittleren Preissegment an Attraktivität verlieren. Oldtimer-Liebhaber würden, stärker denn je, nur noch die besten Modelle herauspicken.
Flügeltürer von Mercedes und VW-Busklassiker am teuersten
Erstklassig restaurierte Modelle, vor allem im High-End-Bereich, reißen Liebhaber des alten Blechs den Händlern deshalb nach wie vor aus der Hand. Die Preise dafür werden nach Einschätzung von Schmid auch weiterhin weiter steigen. Das teuerste Auto ist laut dem VDA-Oldtimer-Index derzeit der Mercedes 300 SL. Der Flügeltürer steht seit ganzen 16 Jahren an der Spitze des deutschen Oldtimer-Preisrankings. Die Nummer zwei am Markt ist derzeit der VW "Bully" (VW Bus Typ 2 T2), gefolgt von der "Ente", dem Citroën 2CV6. In Punkto Wertsteigerung ist, auf das vergangene Jahr gesehen, mit dem Toyota Celica Coupe aus den 1970er-Jahren erstmals eine japanische Marke auf Platz eins, gefolgt vom Pontiac Firebord und dem Porsche 356 aus den 1960er-Jahren. Für die Ermittlung des VDA-Index werden 88 Fahrzeuge ausgewählt, die aufgrund ihrer Spezifikationen, ihres Herstellerlandes sowie ihrer Häufigkeit den deutschen Oldtimermarkt repräsentativ abbilden. Wie der volkswirtschaftlich gewichtete Warenkorb ist auch dieser Index ein nach unterschiedlichen Fahrzeugklassen gewichteter Preisindex. Im Durchschnitt geben die Deutschen als auch die Österreicher für ein historisches Fahrzeug deutlich weniger als 20.000 Euro aus. Genau solche Fahrzeuge bilden den Kern des Deutschen Oldtimer Index - und der ist derzeit rückläufig.
Selten Schnäppchen am Markt
Der Markt für Oldtimer ist dank Online-Portalen und Schätzstellen transparenter geworden. Die Stuttgarter Oldtimer-Messe Retro Classics (17. bis 20. März), Europas größte Oldtimermesse, legt ihrem Messemagazin in diesem Jahr erstmals eine ausführliche Bewertungsliste bei. "Das ist keine Geheimwissenschaft mehr", erläutert Wilke von Classic Analytics, dessen Unternehmen darauf spezialisiert ist, die Preise von Oldtimer zu schätzen. Sein Urteil: "Schnäppchen sind seltener geworden."
Die wesentlichen Kriterien, um sowohl den Kaufpreis zu rechtfertigen und auch Wertsteigerungspotential hoffen lassen, sind, laut Restaurator Schmid
- eine einwandfreie Historie des Fahrzeugs
- ein erstklassiger Zustand des Autos.
Das Geschäft mit der Restaurierung von Oldtimer boomt dagegen, unabhängig von der Entwicklung der Preise. Schmid: "Ich bin auf Jahre hinaus fast ausgebucht."
7.000 Euro jährliche Reparaturkosten und mehr können es schon sein
Ob sich ein Kauf rentiert, hängt jedoch nicht nur von davon ab und der jährlichen Wertsteigerung, sondern auch von den jährlichen Kosten für die Reparatur. Diese können ganz ordentlich an der Rendite nagen. Laut Classic Analytics muss man etwa für einen gut erhaltenen Mittelklassewagen der 1960er bis 1980er-Jahre mit zwei Litern Hubraum im Schnitt zwischen 1.500 bis 2.000 Euro pro Jahr für die Instandhaltung einplanen. Bei einem Sportwagen könnten es schon 5.000 bis 7.000 Euro sein. Nach oben sind die Grenzen offen. Für einen Mercedes SL liegen die Kosten, laut dem deutschen Verkehrsclub ADAC, selbst für eine einfache Inspektion nicht selten im vier- bis fünfstelligen Bereich.
Vor Kauf Rat von Experten einholen
Wer dennoch mit dem Gedanken spielt, sein Geld in Oldtimer oder sogenannte Youngtimer - ältere Fahrzeuge, die aber noch keine Oldtimer sind - zu stecken, sollte sich das Kaufobjekt sehr genau anschauen und am besten auch den Rat eines Experten einholen. Marken- oder Typenclubs könnten Hilfestellung leisten.