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Assange verließ nach Einigung mit US-Justiz Großbritannien

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Assage verließ London in einem Flugzeug
©APA/APA/AFP/WikiLeaks/-
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WikiLeaks-Gründer Julian Assange ist nach jahrelanger Haft und internationalem diplomatischen Tauziehen auf dem Weg in die Freiheit. Der 52-Jährige hat nach Angaben seiner Frau Stella das Londoner Hochsicherheits-Gefängnis Belmarsh verlassen und war am Dienstag auf dem Weg zu der Pazifikinsel Saipan im US-Außengebiet Nördliche Marianen. Dort soll er sich Justizunterlagen zufolge vor einem US-Gericht schuldig bekennen, gegen ein US-Spionagegesetz verstoßen zu haben.

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Ins Gefängnis muss Assange demnach aber nicht mehr. Stattdessen soll er in seine Heimat Australien zurückkehren. "Julian ist frei", schrieb Stella Assange auf X.

Die Entwicklung markiert das Ende einer Odyssee, in deren Verlauf Assange mehr als fünf Jahre in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis und sieben Jahre in der Botschaft Ecuadors in London verbracht hat. Er wehrte sich gegen Anschuldigungen wegen Sexualverbrechen in Schweden und gegen seine Auslieferung in die USA, wo er nach Angaben seiner Anwälte mit bis zu 175 Jahren Haft rechnen musste. Auch das Risiko, dass sich Assange bei einer Auslieferung das Leben nehmen könnte, hat in dem jahrelangen Rechtsstreit eine Rolle gespielt.

Assange hatte im Jahr 2010 über seine damals populäre Enthüllungsplattform WikiLeaks ihm zugespielte Informationen über das Vorgehen der US-Streitkräfte im Irak und in Afghanistan veröffentlicht. Dabei ging es um rund 700.000 geheime US-Militärdokumente sowie eine Reihe von diplomatischen Depeschen. Veröffentlicht wurde auch ein Video, das zeigt, wie aus einem US-Militärhubschrauber auf mutmaßliche Aufständische im Irak geschossen wird. Bei dem Angriff waren Dutzende Menschen getötet worden, darunter zwei Reuters-Mitarbeiter.

Assange hatte damals erklärt, die Papiere zeigten, wie die Regierung von Präsident George W. Bush nach den Anschlägen vom 11. September 2001 systematisch Menschenrechte verletzt habe. Die USA warfen ihm seitdem vor, durch einen beispiellosen Geheimnisverrat das Leben von US-Agenten gefährdet zu haben.

Assanges Unterstützer sahen in ihm dagegen einen Journalisten, der mutmaßliche Kriegsverbrechen aufdeckte. Die Regierung des früheren US-Präsidenten Barack Obama hatte sich noch gegen ein Auslieferungsgesuch entschieden. Sein Nachfolger Donald Trump weitete die Anklage dann aber aus und forderte eine Überstellung. Auch Trumps Nachfolger Joe Biden hielt daran fest.

Assanges juristische Odyssee begann im Jahr 2010, als er in Großbritannien aufgrund eines schwedischen Haftbefehls wegen des Vorwurfs eines Sexualverbrechens festgenommen wurde. Der Haftbefehl wurde später fallengelassen. Seither stand Assange zeitweise unter Hausarrest, verschanzte sich sieben Jahre lang in der Botschaft Ecuadors in London und saß seit 2019 im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh.

Assanges Frau sagte am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters, ihr Mann befinde sich derzeit auf einem Zwischenstopp in der thailändischen Hauptstadt Bangkok. "Ich bin überglücklich", betonte Stella Assange, die am Sonntag mit den beiden Kindern des Paares von London nach Australien geflogen war. Sie mache sich zwar noch Sorgen. "Aber es sieht so aus, als hätten wir es geschafft." Wirklich glauben werde sie das aber erst, "wenn ich ihn vor mir habe und ich ihn umarmen kann".

Ein von WikiLeaks auf X veröffentlichtes Video zeigt Julian Assange in blauem Hemd und Jeans, wie er ein Papier unterschreibt, bevor er ein Privatflugzeug besteigt. Nach der Anhörung auf Saipan sollte er laut seiner Frau ins australische Canberra fliegen, wo er am Mittwoch eintreffen wird.

Gerichtsdokumenten zufolge hat Julian Assange zugestimmt, sich in einem einzigen Anklagepunkt der Verschwörung zur Beschaffung und Weitergabe von als geheim eingestuften US-Dokumenten schuldig zu bekennen. Dies geht aus Unterlagen des US-Bezirksgerichts für das US-Außengebiet Nördliche Marianen hervor. Assange soll dort nach einer Anhörung auf der Insel Saipan am Mittwoch um 9.00 Uhr Ortszeit (01.00 Uhr MESZ) zu 62 Monaten Haft verurteilt werden, die er aber durch seine vergangenen Gefängnisaufenthalte bereits abgesessen habe. Das US-Territorium im Pazifik wurde den Angaben zufolge ausgewählt, weil Assange nicht auf das Festland der USA reisen wollte und weil es in der Nähe von Australien liegt. Der Anwalt von Assange hat sich bisher noch nicht zu einer Anfrage dazu geäußert.

WikiLeaks begrüßte die Entwicklung. "Dies ist das Ergebnis einer weltweiten Kampagne, die von Basisorganisationen, Aktivisten für die Pressefreiheit und führenden Persönlichkeiten aus dem gesamten politischen Spektrum bis hin zu den Vereinten Nationen reichte", heißt es in der Erklärung. Stella Assange schrieb auf X: "Worte können unsere immense Dankbarkeit gegenüber Euch - ja Euch - nicht ausdrücken, die alle jahrelang mobilisiert haben, um dies wahr werden zu lassen."

Offen ist, wie die Zukunft von Assange in Australien aussehen könnte. Weder sein Anwalt noch die australische Regierung haben sich bisher dazu geäußert. Ministerpräsident Anthony Albanese hatte sich in der Vergangenheit mehrfach für eine Freilassung eingesetzt. Er wollte jedoch nichts zu einem laufenden Verfahren sagen. "Premierminister Albanese hat sich klar geäußert", sagte ein Sprecher. "Der Fall von Herrn Assange hat sich zu lange hingezogen, und es gibt nichts, was durch seine fortgesetzte Inhaftierung gewonnen werden könnte."

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock zeigte sich über die Freilassung des WikiLeaks-Gründers erleichtert. "Ich kann nur sagen, dass ich sehr froh bin, dass dieser Fall, der überall auf der Welt sehr emotional diskutiert wurde und viele Menschen bewegt hat, dass er nun endlich eine Lösung gefunden hat", sagte Baerbock am Rande eines Besuchs in Jerusalem.

In Österreich begrüßte die SPÖ-Sprecherin für Außenpolitik, Petra Bayr, die Nachricht von der Freilassung Assanges. "Hier wurde ein Aufdecker von Menschenrechtsverletzungen weit schwerer verfolgt, als das oft bei denen geschieht, die tatsächlich Menschenrechte brechen", unterstrich sie in einer Aussendung. Sie erwarte sich nun auch "die Einhaltung aller Zusagen seitens der US-Behörden und ein faires Verfahren".

Die Grünen sprachen von einem "guten Tag für die Menschenrechte": "Der Aufdecker von Kriegsverbrechen hätte schon längst in Freiheit sein sollen. Es war höchste Zeit, dass nun endlich eine Einigung gelungen ist", erklärte Mediensprecherin Eva Blimlinger laut einer Pressemitteilung.

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