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Bilanzschönung bei Voest-Tochter im Fokus der Aktionäre

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Es handle sich um einen Einzelfall
©APA/APA/THEMENBILD/BARBARA GINDL
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Bei einer deutschen Tochter der voestalpine sind ab 2012/13 Bilanzen geschönt worden. In Summe geht es um 100 Mio. Euro. Kritik hagelt es für die mangelhafte Kommunikation des Vorfalls nach außen. "Dass man im Nachhinein bekanntlich immer klüger ist, gilt auch hier: Könnten wir die Zeit um vier Wochen zurückdrehen, hätten wir sicher im Rahmen der Bilanzpressekonferenz aktiver über die Fehlbuchungen informiert", sagte CEO Herbert Eibensteiner in der Hauptversammlung.

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Ein konkreter finanzieller Schaden, der sich aus heutiger Sicht vor allem aus "zu viel bezahlten Steuern" ableite, sei aktuell noch Gegenstand der laufenden Untersuchungen, berichtete der Vorstandsvorsitzende heute, Mittwoch, beim Aktionärstreffen im Linzer Design Center. In Bezug auf Steuern sei aktuell davon auszugehen, dass "ein mittlerer einstelliger Millionenbetrag zu viel bezahlt wurde", dessen Rückforderung von den Finanzbehörden "nicht mehr möglich" sei. Dazu kämen noch die Kosten für die Aufarbeitung des Falls.

Die umfassende Untersuchung des "sehr komplexen Sachverhalts" wird den Angaben zufolge noch mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Dabei dürften Rechtskosten im Ausmaß von 1,5 Mio. Euro auflaufen. "Jetzt stehen wir bei 800.000", sagte Konzernsprecher Peter Felsbach zur APA.

"Die gesamten Fehlbuchungen wurden mit Ende des Geschäftsjahres 2023/24 richtiggestellt und es handelt sich um einen Einzelfall", betonte Eibensteiner. "Und diesen haben wir selbst identifiziert und umgehend mit der Aufarbeitung gestartet."

"Bei Schummelei mit Bilanzen ist Transparenz und Ethik erforderlich", hielt der unabhängige Stimmrechtsvertreter Florian Beckermann vom Interessenverband für Anleger (IVA) gegenüber der APA fest. Herbert Eibensteiner gehe in die Transparenz-Offensive und ringe um Kontrolle, Aufsichtsratschef Wolfgang Eder suche zu kalmieren. Der Wirtschaftsprüfer Deloitte rechtfertige sich bei "fraudulentem" Verhalten kaum Handhabe zu haben.

"Das Thema ist noch nicht geklärt, um eindeutige Aussagen treffen zu können", sagte Beckermann weiters. Ansonsten sei heute auch Kritik an hohen Nebenkosten - "Antrittsgelder in Millionenhöhe, Reisekosten des Aufsichtsrats" - geübt worden. Weiters habe es Diskussionen über Klimafragen, aber keine Aktivisten gegeben.

Die Dividende sei nicht verdient, der Gewinn je Aktie sei gesunken, so Beckermann. Die Hauptversammlung nahm den Dividendenvorschlag von 70 Cent je Aktie für das Geschäftsjahr 2023/24 allerdings an, wie die voest am Mittwochabend in einer Aussendung mitteilte. Außerdem wurde Wolfgang Eder in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender bestätigt. Er steht dem Kontrollgremium damit bis 2027 zur Verfügung. Neu in den Aufsichtsrat eingezogen ist der Präsident des Institute of Science and Technology Austria (ISTA), Martin Hetzer. Die Entlastung wurde sowohl dem Vorstand als auch dem Aufsichtsrat erteilt.

Zurück zum Bilanzskandal: "Die Kommunikation mit der Öffentlichkeit hinterfragen wir im Nachhinein selbstkritisch", räumte Eibensteiner mit Blick auf die Malversationen bei einer deutschen Gesellschaft der Metal Forming Division ein. Rechtlich habe sich der Konzern aber "100 Prozent korrekt" verhalten, erklärte der Konzernchef gleichzeitig.

"Ja, die Kommunikation hätte besser laufen können - der Vorstand wird daraus seine Lehre ziehen", räumte auch Eder ein - und versuchte den Umfang des Vorfalls zu relativieren. "Wir reden über einen Zeitraum von zwölf Jahren und ein Ausmaß von etwa 100 Mio. Euro, das sind im Schnitt 8,3 Mio. Euro pro Jahr." Das Eigenkapital per Ende März 2024 betrage nun 7,5 Mrd. statt 7,6 Mrd. Euro - "ein Minus von 1,3 Prozent", wie er hinzufügte.

"Diese Dimension steht aus meiner Sicht in keiner Relation zu der in den letzten Wochen verbreiteten Stimmung", meinte Eder. Die ergebnisverbessernden Fehlbuchungen seien in einer einzelnen Gesellschaft vorgenommen worden. Die übrigen anderen 300 Unternehmen der voestalpine kämen ihren Verpflichtungen "nach all unseren Erkenntnissen" ordnungsgemäß nach. "Soweit zur sogenannten aktuellen Causa Prima."

Der Vorfall habe in den vergangenen Wochen für viel Aufmerksamkeit gesorgt und die voestalpine seines Erachtens "in der Öffentlichkeit in ein falsches Licht gerückt", sagte Eibensteiner vor der versammelten Aktionärsschaft. "Oder um es mit den Worten unseres Bundespräsidenten zu sagen: So sind wir nicht", hielt der voestalpine-Chef fest.

"Wir haben laufend unsere Ad-hoc-Pflicht überprüft. Wir wollten mit der Information erst in eine breite Öffentlichkeit gehen, wenn die Aufarbeitung des Falles abgeschlossen ist und wir umfassend informieren können, um öffentlichen Spekulationen über Schuld und Verantwortung keinen Raum zu geben", erklärte Eibensteiner das Vorgehen aus Sicht des Managements.

Der bisher bekannte Schaden im Detail: Die Bilanzmanipulation führten letztlich zu einem Wertberichtigungserfordernis im Ausmaß von insgesamt 100 Mio. Euro. Das Eigenkapital zum 1. April 2022 wurde laut Eibensteiner rückwirkend um 81,6 Mio. Euro reduziert. "Das ist die Zeit auch zurück bis 2012/13", erklärte der CEO. Im Geschäftsjahr 2022/23 hätten die Auswirkungen in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung (GuV) 1,4 Mio. Euro betragen und die Ergebnisse der ersten drei Quartale des vergangenen Geschäftsjahres 2023/24 seien um rund 17 Mio. Euro korrigiert worden.

"Daraus ergibt sich das bereits erwähnte Wertberichtigungserfordernis von 100 Mio. Euro, wodurch sich das Eigenkapital der voestalpine AG zum 31. März 2024 von 7,6 Mrd. Euro auf 7,5 Mrd. Euro reduziert hat."

Und Eibensteiner weiter: "Es kam zu keinem, ich betone es noch einmal, zu keinem direkten Mittelabfluss und der Betrag von 100 Mio. Euro ist auch nicht als finanzieller Schaden zu sehen." Die bilanziellen Folgen seien mittlerweile rückwirkend korrigiert und vollständig im Jahresabschluss 2023/24 berücksichtigt.

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